Prisma

Neurologie

Vielseitige Schmerzrezeptoren

Zecken sind zähe Tierchen. Wie ein amerikanischer Forscher festgestellt hat, überleben sie problemlos einen Gang in der Waschmaschine. Erst der Wäschetrockner macht den Spinnentieren den Garaus.

Wer vor Zeckenbissen sicher sein will, sollte nach einem Waldspaziergang entweder Haut und Kleidung sorgfältig absuchen oder die Kleidung waschen und für mindestens eine Stunde in den Trockner geben. Das ist das Ergebnis einer von John Carroll durchgeführten Untersuchung. Anlass dafür war eine lebende Zecke, die Carroll in der eigenen Waschmaschine entdeckt hatte. Um zu prüfen, ob das Tier vor oder nach dem Waschen in die Maschine gelangt sein konnte, setzte der Entomologe Jungstadien und ausgewachsene Exemplare zweier Zeckenarten in Beutel aus feinem Netzstoff und wusch diese anschließend in der Maschine bei verschiedenen Temperaturen sowie mit und ohne Waschmittel. Die meisten Zecken überlebten die Prozedur. Nur die Kombination aus hoher Temperatur plus Waschmittel reduzierte ihre Überlebenszahl auf 25 Prozent. Wirklich tödlich erwies sich der Trockner, allerdings auch nur, wenn das Gebläse auf Höchsttemperatur eingestellt war. <ral

Quelle: www.ars.usda.gov, Meldung vom 5.10.2007

Knochengewebe kommuniziert mit anderen Organen. Es empfängt nicht nur Hormonsignale, sondern setzt selbst eine Substanz mit Hormonwirkung frei, die steuernd in den Energiestoffwechsel eingreift.

Nach neuen Erkenntnissen senden die knochenaufbauenden Osteoblasten Osteocalcin aus, ein Polypeptid mit Hormonwirkung, und nehmen so Einfluss auf den Energiestoffwechsel. Mausmutanten, die kein Osteocalcin bilden können, leiden unter Fettsucht und verringerter Glucosetoleranz. Umgekehrt ist bei Mäusen mit künstlich gesteigerter Osteocalcin-Aktivität die Glucosetoleranz erhöht, denn Osteocalcin stimuliert die Proliferation der Betazellen und die Insulinproduktion. Außerdem regt es Fettzellen zu verstärkter Ausschüttung von Adiponectin an, wodurch sich die Insulinsensitivität verbessert. Demnach greift Osteocalcin steuernd in den Energiestoffwechsel ein. Die Erkenntnisse weisen dem Bewegungsapparat einen völlig neuen Stellenwert zu. Sofern sie auf den Menschen übertragbar sind, eröffnen sich neue Perspektiven für das Verständnis von Zivilisationskrankheiten wie Diabetes und Adipositas. ahr

Quelle: Lee, N. K. et al.: Cell 130, 456 (2007).

Bestimmte Zellen der Augennetzhaut nehmen Sehreize nicht nur auf, sondern verarbeiten sie auch teilweise. In Millisekunden verbinden sie Informationen über Halbbilder für die beiden Gehirnhälften miteinander.

Beim Sehvorgang nimmt die Netzhaut einfallende Lichtreize auf und leitet die Erregungen über den Sehnerv zum Gehirn. Seit längerem ist bekannt, dass jede Seite des Gehirns nur einen Teil des von den Augen aufgenommenen Bildes übermittelt bekommt und die Einzelfragmente später zu einem Ganzen zusammenfügt. Erste Verknüpfungen der Signale erfolgen offenbar schon in der Netzhaut, wie Wissenschaftler der Universität von Kalifornien nun herausfanden. In ihren Tests zeigten sie Probanden mit einer Hochgeschwindigkeits-LED-Anzeige Punktepaare, die zusammengesetzt eine einfache Form ergaben. Dabei wurden die beiden Punkte so platziert, dass sie sich einzeln oder gemeinsam in einem der beiden Halbbilder befanden. Im Ergebnis war für das Erkennen der Formen die Lage der Punktepaare unrelevant. Daher vermuten die Forscher, dass die in der Retina enthaltenen polyaxonalen Amakrinzellen eingehende Signale koordinieren und Teile der Bilder vormontieren. war

Quelle: Greene, E. et al.: PLoS ONE 9, e871 (2007).

Ob der Blick heterosexueller Menschen bevorzugt zu gut aussehenden Exemplaren des anderen Geschlechts schweift, hängt vorrangig von ihrem aktuellen Beziehungsstand ab. Singles interessieren sich in erster Linie für das attraktive andere Geschlecht, während fest liierte Partner häufiger die eigene Konkurrenz im Auge behalten.

Schöne Menschen werden in der Regel von beiderlei Geschlecht als gut aussehend wahrgenommen und entsprechend länger betrachtet als durchschnittlich aussehende Leute. Amerikanische Psychologen haben jedoch herausgefunden, dass die Aufmerksamkeit gegenüber den Attraktiven stets davon abhängt, in welcher partnerschaftlichen Beziehung sich der Betrachter gerade befindet. Rund 440 heterosexuelle Männer und Frauen füllten dazu im Verlauf einer Studie Fragebögen zu ihrer aktuellen Partnersituation aus und sahen sich anschließend Fotos mehr oder weniger schöner Menschen an. Die Wissenschaftler stoppten den Zeitraum, bis das Interesse der Probanden an den vorgestellten Gesichtern wieder abnahm.

Im Ergebnis wurde auffällig, dass jene Teilnehmer, die gerade auf der Suche nach einem Partner waren, ihre Aufmerksamkeit gezielt dem gut aussehenden anderen Geschlecht widmeten. Lebten die Probanden hingegen in einer festen Partnerschaft, richtete sich der Blick vorrangig auf ihre attraktiven Geschlechtsgenossen, da aus dieser Richtung verstärkt Konkurrenz befürchtet wurde. Verstärkt wird dieser Effekt, wenn die Treue des Partners in Frage gestellt ist und sich das Gefühl der Eifersucht einschleicht, so die Psychologen. war

Quelle: Maner, J. et al.: J.Personal. Social Psychol.93 (3), 389 (2007).

Die Nozizeptoren von Schmerzsinneszellen sind ligandengesteuerte Ionenkanäle, die auf ein breites Spektrum schädlicher Umweltreize ansprechen. Jetzt wurde ein endogener Ligand identifiziert, der bei Verletzungen oder oxidativem Stress Nozizeptoren aktivieren und sich am Entzündungsprozess beteiligen kann.

Der Schmerzrezeptor TRPA1 registriert so unterschiedliche Substanzen wie Senföl, Aldehyde aus Gewürzen oder Acrolein im Zigarettenrauch. Seine Aktivierung löst die Freisetzung von Neuropeptiden wie Substanz P aus und fördert lokale Entzündungen. Eine Gemeinsamkeit aller Liganden von TRPA1 sind reaktive elektrophile Gruppen, die sich an Cystein- oder Lysinreste des Rezeptors anlagern, um diesen zu aktivieren.

Ähnlich reaktive elektrophile Substanzen entstehen auch endogen im Organismus: bei Verletzungen, Entzündungen oder oxidativem Stress. So kann ein Produkt der Lipidperoxidation, 4-Hydroxynonenal, nach neuen Erkenntnissen TRPA1 aktivieren und vergleichbare Signalketten steuern wie die exogenen Liganden. In die Pfoten von Mäusen injiziert, löst 4-Hydroxynonenal motorische Reflexreaktionen aus, die denen bei schmerzhaften Berührungen entsprechen. Dieses Verhalten erfordert einen funktionellen Schmerzrezeptor und lässt sich durch TRPA1-Antagonisten hemmen. Demnach sind die 4-Hydroxynonenal-Bildung und die TRPA1-Aktivierung potenzielle Angriffspunkte bei der Entwicklung von Analgetika bzw. entzündungshemmenden Medikamenten. ahr

Quelle: Trevisani, M. et al.: Proc. Natl. Acad. Sci. 104, 13519 (2007).

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