AOK-Verträge: Viel Arbeit für Anwälte

BERLIN (ks). Das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe muss sich nicht länger mit den AOK-Rabattverträgen befassen. Der Hersteller, der bei der Vergabekammer Baden-Württemberg mit einem Nachprüfungsantrag scheiterte und deshalb Beschwerde beim OLG eingelegt hatte, hat diese nach Auskunft des Gerichts zurückgezogen.

Sozialgericht Stuttgart am Zug

Bereits am 19. November hatten die Oberlandesrichter zur Freude der AOK in einem Hinweisbeschluss ihre Rechtsauffassung erkennen lassen, dass sie im Fall der Rabattverträge dazu tendieren, die Zuständigkeit der Sozialgerichte zu bejahen (siehe AZ Nr. 48, 2007). Doch nun fand die für den 4. Dezember vorgesehene mündliche Verhandlung nicht statt – der Rechtsstreit geht aber weiter.

Für 22 Wirkstoffe haben die AOKen ab dem 1. Januar 2008 neue Rabattverträge – und ihr Chef-Verhandler Christopher Hermann, Vorstandsvize der AOK Baden-Württemberg, setzt alles daran, dass es noch mehr werden.

Dazu ziehen die AOK-Anwälte an mehreren Strippen gleichzeitig. Gegen den Beschluss der Vergabekammer Düsseldorf haben sie zum einen Beschwerde vor dem OLG Düsseldorf eingelegt. Parallel wurde wegen dieses Beschlusses das Sozialgericht Stuttgart angerufen. Im Eilverfahren begehren die AOKen, dass die aufschiebende Wirkung ihrer zugleich im Hauptsacheverfahren eingeleiteten Klage angeordnet wird. Folgt das Sozialgericht diesem Antrag, könnten die AOKen ihre Vergabeverfahren fortführen und auf die streitgegenständlichen Wirkstoffe Zuschläge erteilen. Um die Argumente ihrer Anwälte zu stützen, wäre es der AOK daher möglicherweise ganz recht gewesen, wenn das OLG Karlsruhe über die Hersteller-Beschwerde entschieden und seine im Hinweisbeschluss geäußerte Auffassung bestätigt hätte.

Die AOKen selbst sind jedenfalls überzeugt, dass aufgrund des § 130 a Abs. 9 SGB V die Sozialgerichte für sämtliche Streitigkeiten über Rabattverträge zuständig sind. Eine Entscheidung des Stuttgarter Sozialgerichts ist diese Woche – oder jedenfalls noch vor Weihnachten zu erwarten. Selbstverständlich kann die unterlegene Partei auch dann wieder Rechtsmittel einlegen. Durch das Vorgehen der AOKen werde in der Geschichte des Vergaberechts erstmalig eine Konkurrenz zweier voneinander vollkommen unabhängiger Gerichtszweige provoziert, heißt es aus der Kanzlei Sträter, die vor dem Bundeskartellamt für die Hersteller gegen die AOK vorging. Dort verweist man darauf, dass die Zuschlagsverbote der Vergabekammern solange fortbestehen bis das zuständige OLG (hier: Düsseldorf) über sie entschieden hat. Sie seien als Verwaltungsakte anzusehen und könnten mit einer schlichten Anfechtungsklage bei einem Sozialgericht nicht aufgehoben werden. Ein Wechsel zwischen verschiedenen Rechtswegen für den gleichen Streitgegenstand scheide ebenfalls aus. Habe sich ein Entscheidungsorgan einmal für zuständig erklärt, könne diese Entscheidung nur noch in dem vorgegebenen Instanzenzug rechtlich überprüft werden.

Wie die Rechtslage zu Beginn des neuen Jahres tatsächlich aussehen wird, ist nach wie vor offen. Die Hersteller sehen sich vor dem OLG Düsseldorf offenbar gut aufgehoben, während die AOK das Stuttgarter Sozialgericht beschwört. Die Apotheker dürfen sich also überraschen lassen, mit wie vielen neuen AOK-Rabattverträgen sie es ab Januar zu tun haben werden..

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