Rabattverträge: AOK setzt auf Sozialgerichte

Stuttgart (hst). Nachdem die Vergabekammer Düsseldorf und die Vergabekammer Bund den Allgemeinen Ortskrankenkassen für 66 Wirkstoffe ein Zuschlagsverbot für neue Rabattverträge auf Basis der vorliegenden Angebote ausgesprochen haben, sollen nun die Sozialgerichte den AOKen den Abschluss der Rabattverträge ermöglichen. Dazu haben die AOKen laut einer Pressemitteilung der AOK Baden-Württemberg Eilverfahren vor dem Sozialgericht Stuttgart angestrengt.

Laut OLG Karlsruhe sind Vergabekammern nicht zuständig

Hintergrund ist, dass nach Darstellung der AOK das Oberlandesgericht Karlsruhe (OLG) grünes Licht für die AOK-Linie bei den Arzneimittelrabattverträgen 2008/2009 gegeben haben soll – entgegen den aktuellen Entscheidungen der Vergabekammern in Bonn und Düsseldorf. Das OLG Karlsruhe habe am 19. November 2007 in einem Hinweis-Beschluss klargestellt, dass Vergabekammern grundsätzlich für Streitigkeiten um Arzneimittel-Rabattverträge nicht zuständig sind, sondern Rechtsfragen zu Arzneimittelrabatten ausschließlich vor den Sozialgerichten zu klären seien. Der Beschluss des OLG Karlsruhe war bis Redaktionsschluss für nicht am Verfahren Beteiligte nicht verfügbar.

Dr. Christopher Hermann, AOK-Vize Baden-Württemberg und Verhandlungsführer der AOK-Gemeinschaft bei den Rabattverträgen, erklärte, die AOKen werteten den OLG-Beschluss als Meilenstein. Laut Hermann wollten Arzneimittelhersteller mit dem Gang vor die Vergabekammern das Verfahren torpedieren. In Karlsruhe stehe dieses Ansinnen jetzt vor dem Aus. Die AOKen hätten daher Eilverfahren vor dem Sozialgericht Stuttgart angestrengt, um schnellstmöglich Klarheit zu erreichen, damit alle Verträge zum 1. Januar 2008 in Kraft treten können.

Nach Darstellung der AOK Baden-Württemberg kam es zu dem Beschluss des OLG Karlsruhe durch ein Pharmaunternehmen, das in der neuen Runde ab 2008 ohne Zuschlag geblieben sei. Die Firma habe sich zunächst bei der Vergabekammer Baden-Württemberg beschwert und dort eine Abfuhr kassiert. Zu den Erfolgsaussichten der beim OLG eingelegten sofortigen Beschwerde habe das Unternehmen jetzt eindeutige Hinweise erhalten.

Die Vergabekammer Baden-Württemberg begründet die Abweisung des Nachprüfungsantrages im Wesentlichen wie bereits in ihrem Beschluss vom 26. Januar 2007, in der sie bezüglich der ersten AOK-Ausschreibung ihre Zuständigkeit bereits verneint hatte. Die Vergabekammer Baden-Württemberg sieht den aktuellen Nachprüfungsantrag des Herstellers als unzulässig an. Der Verfahrensweg vor der Vergabekammer sei nicht eröffnet. § 130a Abs. 9 SGB V verweise Rechtsstreitigkeiten bezüglich der Rabattverträge zu den Sozialgerichten. Diese Vorschrift verdränge als speziellere Norm § 104 Abs. 2 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB).

Die mündliche Verhandlung zu der Beschwerde des Arzneimittelherstellers vor dem OLG Karlsruhe wird bereits am 4. Dezember 2007 stattfinden. Mit einer Entscheidung ist nach Einschätzung von Anwälten noch am gleichen Tag zu rechnen. Die schnelle Entscheidung des OLG Karlsruhe weist nach Einschätzung von Beobachtern darauf hin, dass ein politisches Signal gesetzt werden soll, dass nicht die Vergabekammern, sondern die Sozialgerichte für Rechtsstreitigkeiten bei Rabattverträgen zuständig seien.

Mit den Nachprüfungsverfahren der Vergabekammer Bund vertraute Kreise gehen dagegen davon aus, dass die vom OLG Karlsruhe angenommene Zuständigkeit der Sozialgerichte die von den Vergabekammern des Bundes und der Bezirksregierung Düsseldorf bejahte Zuständigkeit und die beschlossenen Zuschlagsverbote nicht "verdrängen" kann. Die Vergabekammer der Bezirksregierung Düsseldorf hatte am 9. November 2007 für 40 Wirkstoffe und Wirkstoffkombinationen, die Vergabekammer des Bundes am 16. November 2007 für 46 Wirkstoffe und Wirkstoffkombinationen den AOKen Zuschlagsverbote erteilt. Da sich die von den Beschlüssen betroffenen Wirkstoffe und Wirkstoffkombinationen teilweise überschneiden, können die AOKen derzeit für 66 der 83 ausgeschriebenen Wirkstoffe und Wirkstoffkombinationen keine neuen Verträge abschließen (s. DAZ 47/07, S. 18).

Diese Zuschlagsverbote würden unabhängig von der Entscheidung des OLG Karlsruhe gelten und hätten damit weiterhin Bestand, heißt es. Über diese Zuschlagsverbote entscheidet frühestens im Februar / März 2008 der Vergabesenat des OLG Düsseldorf. Die Zuschlagsverbote haben nach Einschätzung verfahrensnaher Kreise und ihrer Anwälte bis zu einer anderslautenden Entscheidung des OLG Düsseldorf Gültigkeit. Bislang sei daher davon auszugehen, dass die neuen Rabattverträge nicht wie geplant am 1. Januar 2008 in Kraft treten könnten..

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