Öffentliches Gesundheitswesen

B. RießelmannAnalytische Toxikologie – ein Ar

In unserer Serie über Tätigkeitsgebiete für Apotheker im öffentlichen Gesundheitswesen stellt der Bundesverband der Apotheker im Öffentlichen Dienst dieses Mal die analytische Toxikologie vor. Eine entsprechende Qualifikation kann nur durch Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen erworben werden. Arbeitsplätze für diesen Tätigkeitsbereich sind speziell ausgerichtete Laboratorien, beispielsweise in rechtsmedizinischen Instituten, in großen Krankenhäusern oder in der Industrie.

Seit jeher ist die analytische Toxikologie ein Arbeitsgebiet für Apotheker. Bedeutende analytische Toxikologen waren Apotheker. Genannt seien hier stellvertretend für viele der Braunschweiger Hochschullehrer Julius Otto (1809–1870), der das von dem Brüsseler Chemiker Jean Servais Stas entwickelte Verfahren zur Isolierung eines Alkaloids aus biologischem Material zu einem systematischen Trennungsgang ausbaute (Stas-Otto-Gang) sowie J. G. Gadamer (1867–1928), der als Professor für Pharmazeutische Chemie in Marburg tätig und Verfasser eines bekannten Lehrbuches (Gadamers Lehrbuch der chemischen Toxikologie und Anleitung zur Ausmittelung von Giften) war.

In der analytischen Toxikologie werden primär giftig wirkende Stoffe in biologischen Proben qualitativ nachgewiesen und quantitativ bestimmt. Dazu werden grundsätzlich die gleichen Analysenverfahren eingesetzt wie in der pharmazeutischen oder der chemischen Analytik. Somit kann die analytische Toxikologie in gewisser Weise auch als eine besondere Variante der pharmazeutischen Analytik oder der analytischen Chemie angesehen werden.

Da bei den chemisch-toxikologischen Untersuchungen vor allem organische Substanzen analysiert werden müssen, werden überwiegend verschiedene chromatographische Verfahren eingesetzt. Bis vor einigen Jahren war es insbesondere die Dünnschichtchromatographie (DC), heute stehen jedoch flüssigkeitschromatographische (LC) oder gaschromatographische Methoden (GC) im Vordergrund. Häufig werden bei den jeweiligen Chromatographen als Detektoren Massenspektrometer eingesetzt, so dass in einer Analyse neben einer chromatographischen Auftrennung eines Substanzgemisches zusätzlich noch eine hoch selektive massenspektrometrische Identifizierung der einzelnen Stoffe erfolgen kann. Diese Methoden gelten mittlerweile als der "Goldstandard" der toxikologischen Analytik. Weitere häufig eingesetzte und hochempfindliche Analysenmethoden sind die Atomabsortionsspektroskopie (AAS) und die Polarimetrie zur Bestimmung von Metallen oder photometrische Methoden (IR-, NMR- oder UV/VIS-Spektroskopie). Außerdem kommen immunchemische Methoden zum Einsatz, die insbesondere als Screeningverfahren zum Nachweis von bestimmten Wirkstoffen (u. a. Betäubungsmittel) eingesetzt werden. Der Vorteil dieser Methoden liegt in der schnellen und einfachen Durchführung bei geringem Personaleinsatz. Grundlage ist eine Antigen-Antikörper-Reaktion, die zwar spezifisch, aber nicht zwingend selektiv ist. Daher dienen diese Verfahren insbesondere als eine Art Vortest.

Varianten der Toxikologie Die analytische Toxikologie kann in die Gebiete klinische Toxikologie, forensische Toxikologie und Umwelttoxikologie unterteilt werden. Gemeinsam ist diesen Varianten, dass jeweils chemisch definierte Substanzen nachgewiesen und gegebenenfalls quantitativ bestimmt werden. Jedoch unterscheiden sich die Varianten insbesondere in der Art des zu untersuchenden Probenmaterials und in den jeweiligen Fragestellungen.

Klinische Toxikologie. Die hauptsächliche Aufgabenstellung der klinischen Toxikologie ist der analytische Nachweis einer eventuell bestehenden Intoxikation oder der Ausschluss eines Vergiftungsverdachtes. Es werden insbesondere Blut- und Urinproben analysiert. Die Untersuchungen sind häufig ein Teil verschiedener differentialdiagnostischer Maßnahmen bei der Behandlung von Patienten mit unklarer Bewusstlosigkeit und werden insbesondere von Erste Hilfe-Stationen oder von Intensivpflegestationen von Krankenhäusern in Auftrag gegeben. Im Allgemeinen stehen diese Untersuchungen unter einem erheblichen Zeitdruck, da von ihrem Ergebnis weitere therapeutische Maßnahmen (z. B. Beginn von besonderen Detoxikationsmaßnahmen) entscheidend abhängen oder bereits eingeleitete Therapien wieder abgesetzt werden können. Beispiele für zeitkritische Analysen sind eine Vergiftung mit Paracetamol oder Methanol sowie der Verdacht einer Ingestion von Knollenblätterpilzen.

Forensische Toxikologie. Die Forensische Toxikologie befasst sich u. a. mit dem Nachweis von giftig wirkenden Substanzen (oftmals Arzneistoffe oder Betäubungsmittel) im Rahmen von staatsanwaltschaftlichen oder polizeilichen Ermittlungsverfahren. Ähnlich wie in der klinischen Toxikologie werden bevorzugt Blut- und Urinproben untersucht. Allerdings gelangen beispielsweise weiterhin Speisereste oder Getränke zur Untersuchung. Auch wenn bei diesen Untersuchungen der analytische Nachweis von körperfremden Stoffen (Xenobiotika) im Vordergrund zu stehen scheint, so ist doch ein ganz besonderer Augenmerk auf die quantitative Bestimmung der nachgewiesenen Substanzen oder deren Stoffwechselprodukte zu legen. Die Analysenergebnisse bilden häufig die Basis für ein Gutachten, das für Strafverfolgungsbehörden im Zusammenhang mit Rechtsverstößen erstellt werden muss. Dabei handelt es sich beispielsweise um die Beurteilung der Beeinflussung eines Kfz-Fahrers durch Betäubungsmittel während seiner Teilnahme am Straßenverkehr oder um die Wirkung von Arzneimitteln in Kombination mit Alkohol bei Begehen einer Körperverletzung. Die Qualität der erzielten Analysenergebnisse sowie die Aussagesicherheit der eingesetzten Analysenverfahren haben in erheblichem Maße Einfluss auf die Aussagesicherheit der erstellten Gutachten.

Umwelttoxikologie. Die Umwelttoxikologie beschäftigt sich insbesondere mit den Auswirkungen von Stoffen und Stoffzubereitungen auf den Lebensraum von Lebewesen (Ökosysteme). Dazu wird die Beeinflussung derartiger Ökosysteme durch Substanzen analytisch erfasst und bewertet.

Aus- und Weiterbildung Die analytische Toxikologie ist kein universitärer Ausbildungsgang. Vielmehr erfolgt eine Qualifizierung durch die Tätigkeit in einer entsprechenden Einrichtung oder durch eine postgraduale Ausbildung. Diese wird z. B. von der Universität Leipzig angeboten oder in Verantwortung der Deutschen Gesellschaft für Pharmakologie und Toxikologie durchgeführt. Beide postgraduale Ausbildungen können berufsbegleitend absolviert werden und beinhalten überwiegend den Besuch von Vorlesungen und Seminaren. Neben dieser mehr theoretischen Ausbildung kann der Apotheker auch eine zusätzliche Qualifikation im Rahmen einer Weiterbildung entsprechend den Richtlinien der Weiterbildungsordnung der Landesapothekerkammern absolvieren. Diese Weiterbildung ist mehr praxisbezogen und erfordert die Tätigkeit in einer anerkannten Weiterbildungsstätte. Nach Absolvieren einer vorgeschriebenen Weiterbildungszeit von 48 Monaten und dem Besuch von insgesamt 120 Seminarstunden, kann nach Ablegen einer Prüfung die Anerkennung als Fachapotheker für Toxikologie und Ökologie erworben werden. In den Seminarstunden werden nicht nur Grundlagen der allgemeinen und der speziellen Analytik sowie der Guten Laborpraxis (GLP) vermittelt, sondern u. a. auch toxikodynamische und toxikokinetische Methoden oder Fragen zu den relevanten Rechtsgebieten behandelt.

Tätigkeitsfelder Der Analytische Toxikologe ist insbesondere in speziell ausgerichteten Laboratorien tätig. Bei diesen kann es sich beispielsweise um das forensisch-toxikologische Labor eines Instituts für Rechtsmedizin oder um eine Abteilung innerhalb eines klinisch-chemischen Labors eines größeren Krankenhauses handeln. Gelegentlich verfügen auch große Praxen für Laboratoriumsmedizin über eine toxikologisch-analytische Abteilung. Auch in der pharmazeutischen Industrie kann der analytische Toxikologe tätig sein. Hier hat er insbesondere pharmakokinetische Fragestellungen im Zusammenhang mit der Entwicklung von neuen Arzneistoffen zu bearbeiten.

Die analytische Toxikologie ist traditionell ein spezielles Arbeitsgebiet für Apotheker. Neben analytischen Kenntnissen sind insbesondere auch Kenntnisse zur Pharmakologie und Toxikologie sowie zu Biotransformationsreaktionen unabdingbar notwendig. Eine universitäre Ausbildung für dieses Arbeitsgebiet ist nicht möglich, so dass eine entsprechende Qualifikation nur durch Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen erworben werden kann.

In unserer Serie über Tätigkeitsgebiete für Apotheker im öffentlichen Gesundheitswesen stellt der Bundesverband der Apotheker im Öffentlichen Dienst dieses Mal die analytische Toxikologie vor. Eine entsprechende Qualifikation kann nur durch Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen erworben werden. Arbeitsplätze für diesen Tätigkeitsbereich sind speziell ausgerichtete Laboratorien, beispielsweise in rechtsmedizinischen Instituten, in großen Krankenhäusern oder in der Industrie.

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