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Rechtsmediziner decken auf

Ausstellung "Vom Tatort ins Labor"

Die Wanderausstellung "Vom Tatort ins Labor – Rechtsmediziner decken auf" ist nach Stationen in Berlin, Ingolstadt und Hamburg derzeit im Wilhelm Fabry Museum Hilden zu sehen. Das Museum ist nach dem Arzt Fabricius Hildanus (1560–1634), einem Mitbegründer der wissenschaftlichen Chirurgie, benannt und hat einen medizingeschichtlichen Schwerpunkt.

Zur Eröffnung am 5. Juli referierte Prof. Dr. med. Michael Tsokos von der Berliner Charité zum Thema: "Jedes Tötungsdelikt hinterlässt irgendwelche Spuren". Der Leiter des Museums, Stadtarchivar Dr. Wolfgang Antweiler, der bei früheren Sonderausstellungen stets auch Pharmazeuten angesprochen hat, organisierte als Begleitprogramm weitere Vorträge und Filmbeiträge zum Thema.

Den Auftakt der Vortragsreihe machte die Kölner Pharmaziehistorikerin Dr. Erika Eikermann mit dem Thema: "Frauen als Giftmörderinnen – eine toxikologische Herausforderung". Sie schilderte Fälle von der Antike bis zur Gegenwart, die teilweise durch neue toxikologische Methoden aufgeklärt werden konnten.

Anfänge der Rechtsmedizin

Die Geschichte der Rechtsmedizin ist lang. Schon Papst Innozenz III. (reg. 1198–1216) hatte 1209 angeordnet, bei unklaren Todesfällen erfahrene Ärzte zu konsultieren, und hat so dem öffentlichen Interesse an der Aufklärung von tatsächlichen und vermuteten Verbrechen Rechnung getragen. Den Beginn systematischer Investigationen nach Todesursachen stellt wohl der Azzolino-Fall in Bologna im Jahre 1302 dar. Die Obduzenten Bartolomeo de Varignana (um 1260–1318), Leibarzt des Kaisers Heinrich VII. (reg. 1312–1313), und Giacomo Rolandino sowie drei weitere "Medici di chirurgia" erstellten ein genaues Sektionsprotokoll. 1649 formulierte der englische Anatom William Harvey (1578–1657), dass die Sektion eines einzigen verstorbenen Patienten die Wissenschaft mehr fördere als die Sektionen von zehn (gesunden) Gehängten.

Apotheker als forensische Toxikologen

Im 19. Jahrhundert wurde die Toxikologie – der Begriff erscheint erstmals 1678 bei dem Mediziner Benjamin Scharff (1651–1702) – zu einer Säule der Gerichtsmedizin. An der Aufklärung von Giftmorden waren immer wieder Pharmazeuten beteiligt, weil sie über die nötigen analytischen Kenntnisse und in ihrem Apothekenlabor über die entsprechenden Gerätschaften verfügten, bevor auch die Universitäten Laboratorien einrichteten. So kann die frühe Geschichte der forensischen Toxikologie als ein Teil der Pharmaziegeschichte angesehen werden.


Ausstellung


Wilhelm Fabry Museum

Benrather Str. 32a, 40721 Hilden

www.wilhelm-fabry-museum.de

Tel. (0 21 03) 59 03

Begleitband zur Ausstellung:

Vom Tatort ins Labor – Rechtsmediziner decken auf. 170 Seiten, viele Abbildungen,

18,50 Euro; ISBN 3-9810220-3-3


Die Geschichte der Giftmorde und ihrer Aufklärung lässt sich mit einem Wettlauf vergleichen: Die Mörder mit "innovativen" Giften waren einen Schritt voraus, die forensischen Toxikologen mit neuen Analysentechniken waren ihnen auf den Fersen.

Die didaktisch interessant und spannend präsentierte Ausstellung, die den Arbeitsalltag im Sektionssaal eines rechtsmedizinischen Institutes zeigt, ist in Hilden bis zum 3. Februar 2013 zu besichtigen.


Dr. Erika Eikermann, Köln



DAZ 2012, Nr. 45, S. 76

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