Ärzte protestieren weiter: Verbände stellen Ultimatum für KV-Ausstieg

BERLIN (ks). Die öffentlichen Proteste der Mediziner ebben nicht ab. Die Krankenhausärzte streiken nach wie vor für bessere Arbeitsbedingungen und mehr Geld. Aber auch die niedergelassenen Ärzte haben erneut mobil gemacht: Am 24. März riefen die freien Ärzteverbände zu einem zweiten großen Protesttag in Berlin auf. Im Vorfeld der Demonstration forderten Ärztevertreter ein Ende der Rationalisierungspolitik und die Auflösung der Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen), sofern diese nicht wieder die notwendigen Freiheiten erhalten.

Der Protestaufruf des Bündnisses freier Ärzteverbände - darunter auch der Hartmannbund und der NAV-Virchow-Bund - hat auch am vergangenen Freitag viele niedergelassene Ärzte aus ihren Praxen und auf die Straße gelockt. Sie beklagen Rationalisierungsentscheidungen des Gesetzgebers, eine überbordende Bürokratie und eine schlechte Bezahlung. Die Leidtragenden seien die Patienten. Es bestehe die Gefahr, dass diese unter den Bedingungen des Systems nicht mehr ausreichend und unter Wahrung ärztlich-ethischer sowie qualitativer Gesichtspunkte versorgt werden können, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung der Verbände.

Zudem forderten die Verbandsvertreter die KVen auf, "das Mandat der Körperschaft aufzugeben, wenn dieses weiter nur dazu missbraucht wird, die Ärzteschaft als Ausführungsgehilfen staatlich verordneter Verknappung zu gängeln und Repressalien zu unterwerfen". Es sei "absurd", dass die Vertretung der Kassenärzte wegen ihrer Rechtsform gezwungen ist, gegen die Interessen der eigenen Mitglieder zu agieren. Sie müsse die vom Gesetzgeber veranlassten Sanktionen umsetzen und werde dafür verantwortlich gemacht. Dass sich der Zorn der Basis auch gegen das KV-System richtet, sei daher nachvollziehbar. Eine starke Kollektiv-Vertretung der Ärzte halten die Verbände für wichtig - nicht aber eine "staatlich verordnete Knebelung". Sie forderten die Auflösung der KVen, sollten diese nicht die notwendigen Freiheiten erhalten.

Unterstützung von der KBV

Die Vorstände der KVen und der KBV unterstützen die Proteste: "Wir können den Unmut und den Zorn der Ärzte sehr gut verstehen", sagte KBV-Vorstand Dr. Andreas Köhler. Man müsse ein Zeichen setzen, um deutlich zu machen, dass die Reformierung des Gesundheitssystems nicht nur aus Kostendämpfungspolitik bestehen könne - schon gar nicht zu Lasten von Patienten und Ärzten. Köhler ist ebenfalls der Auffassung, dass die KVen und die KBV "als Körperschaften und Interessenvertretungen der Ärzteschaft nicht nur eine aufgezwungene Verwaltung des Mangels durchreichen" dürften. Er kündigte an, dass der zweite Protesttag in Berlin nicht die letzte Aktion der Ärzteschaft sein wird. Der KBV-Chef betonte zudem, dass trotz Praxisschließungen kein Patient im Notfall unversorgt bliebe.

Hoppe warnt vor Wartelisten

Auch Bundesärztekammer-Präsident Prof. Dr. Jörg-Dietrich Hoppe zeigt sich solidarisch. Er warnte erneut vor einer "Wartelistenmedizin" in Deutschland: "Wenn alle Ärztinnen und Ärzte Deutschlands auf die Straße gehen, dann liegt das Gesundheitswesen auf der Intensivstation, dann hat die Politik höchsten Handlungsbedarf", so Hoppe. Rationierung und Unterfinanzierung dürften daher nicht weiter ignoriert werden. Er forderte die Politik auf, einer drohenden "Billigmedizin" entgegenzuwirken.

Verständnislose Kassen

Die Spitzenverbände der Krankenkassen zeigten kein Verständnis für die protestierenden Ärzte. Angesichts sinkender Gehälter in vielen Branchen und fünf Millionen Arbeitsloser fehle den Forderungen der Ärzteschaft nach einem höheren Einkommen "jegliches Augenmaß". Es sei "völlig inakzeptabel, dass die Patienten durch angedrohte Versorgungsengpässe von den Ärztevertretern verunsichert werden", heißt es in einer Erklärung der Spitzenverbände. Es müsse darum gehen, das vorhandene Geld zwischen den Arztgruppen gerechter zu verteilen. Innerärztliche Verteilungsprobleme dürften nicht auf dem Rücken der Patienten ausgetragen werden.

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