DAZ aktuell

Disease-Management-Programme: Ärzte geben Widerstand gegen Chroniker-Programme

BERLIN (ks). Der Länderausschuss der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) hat sich in seiner Sitzung vom 25. September mit großer Mehrheit für den Abschluss von Disease-Management-Verträgen für Diabetes und Brustkrebs ausgesprochen. Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt hatte entsprechende Verträge noch vor der Bundestagswahl abschließen wollen, scheiterte jedoch am Widerstand der meisten Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen).

Im Interesse der raschen Einführung strukturierter Behandlungsprogramme für chronisch kranke Patienten, befürworten die KVen nun das Prestigeprojekt der Ministerin. Der Länderausschuss warnte allerdings erneut davor, das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patienten in Frage zu stellen: Dies werde zerstört, wenn die Krankenkassen sich, am behandelnden Arzt vorbei, als Case Manager zu profilieren versuchen, erklärte der Erste Vorsitzende des KBV, Dr. Manfred Richter-Reichhelm, am 26. September in Berlin. Dr. Leonard Hansen, zweiter KBV-Vorsitzender, kritisierte auf ein Neues die Kopplung der DMP an den Risikostrukturausgleich. Dies führe zu einem erheblichen Verwaltungs- und Dokumentationsaufwand auf Seiten der Ärzteschaft. Es kann doch nicht sein, dass die Ökonomie im Vordergrund steht, wo eigentlich der Mensch im Mittelpunkt des Handelns stehen sollte, sagte Hansen.

Einigung über vertrauliche Daten

Auch das von den Ärzten immer wieder beschworene Problem der Weiterleitung vertraulicher Daten scheint nun gelöst: Es seien bereits Konzepte mit den Krankenkassen entwickelt worden, nach denen versichertenbezogene Befundergebnisse nur in einer gemeinsamen Datenannahmestelle zu speichern sind, ließ die KBV wissen. Diese Daten seien so weit wie möglich pseudonymisiert und könnten nur im Rahmen der DMP verwendet werden. Der Länderausschuss der KBV sprach sich dafür aus, die Vertragskonzepte nun unverzüglich dem Bundesversicherungsamt vorzulegen. Sobald von diesem die Akkreditierungsfähigkeit bestätigt wird, sollen die ersten Verträge für Disease-Management-Programme (DMP) abgeschlossen werden.

Ärzte wollen sich keinen Maulkorb umlegen lassen

Wenige Tage vor der Bundestagswahl eskalierte der Streit um die DMP, als 19 KVen Anzeigen in Tageszeitungen schalteten, in denen sie die Chroniker-Programme der Regierung massiv kritisierten. Dafür hatten sich die Ärztefunktionäre nicht nur die Kritik der Bundesgesundheitsministerin und des Bundeskanzlers eingehandelt.

Auch einige Landesgesundheitsministerien hatten die KVen gerügt: So forderte das als Aufsichtsbehörde zuständige Ministerium des Landes Nordrhein-Westfalen, dass die KV künftig Stellungnahmen unterlasse, in denen behauptet wird, die Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung sei auf dem Weg in die Billigmedizin oder es bestehe die Gefahr, dass die Krankenkassen und nicht die Ärzte über Verordnung von Medikamenten entscheide. Diese Anordnung versteht die KBV als unzulässigen Maulkorb. Richter-Reichhelm und der KBV-Länderausschuss machten unmissverständlich klar, dass sie auch in Zukunft keine Kritik zurückhalten werden, wenn das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient auf dem Spiel stehe. Man werde sich zudem weiterhin zur Wehr setzen, wenn sich allgemeine und nicht gerechtfertigte Schuldzuweisungen gegen die Ärzteschaft richten.

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.