Fortbildung

Immuntherapie gegen Krebs

Die Vorstellung, das Immunsystem eines krebskranken Patienten für die Bekämpfung seines Tumors gezielt zu nutzen, existiert schon seit mehr als hundert Jahren. Doch die therapeutische Umsetzung dieser Idee ist schwierig, denn Krebszellen verhalten sich als wahre "Verwandlungskünstler", wenn es darum geht, sich dem Angriff des Immunsystems zu entziehen.

 

Mögliche Verfahren

Ende des 19. Jahrhunderts hatte beispielsweise der Amerikaner William B. Coley Krebspatienten einen Impfstoff mit abgetöteten Bakterien verabreicht. Bei einigen der Erkrankten bildete sich der Tumor daraufhin völlig zurück. Coley's Methode würde man heute als unspezifische Immuntherapie bezeichnen, da sie das Immunsystem generell aktiviert.

Gegenwärtig ist man bestrebt, spezifischere Verfahren zu entwickeln. Prinzipiell gibt es drei Möglichkeiten der spezifischen Immuntherapie maligner Tumoren:

  • die Anwendung von Tumor-Vakzinen,
  • die genetische Veränderung von Immunzellen und
  • den Einsatz von Antikörpern gegen krebsspezifische Antigene.

 

Antikörpertherapie bereits etabliert

Zur Antikörpertherapie sind bereits einige Arzneimittel zugelassen, beispielsweise Trastuzumab (Herceptin®) zur palliativen Therapie des metastasierten Mammakarzinoms und Rituximab (MabThera®) zur Behandlung follikulärer Lymphome (Non-Hodgkin-Lymphome). Bei Trastuzumab handelt es sich um einen rekombinanten humanisierten monoklonalen Antikörper gegen den humanen epidermalen Wachstumsfaktor-Rezeptor 2 (HER-2), dessen Überexpression bei Brustkrebs mit einer besonders schlechten Prognose assoziiert ist. Der rekombinante chimäre monoklonale Antikörper Rituximab ist gegen das auf malignen Lymphomzellen besonders stark exprimierte CD20-Oberflächenantigen gerichtet.

Impfung gegen Krebs

Bei der aktiven spezifischen Immuntherapie mit Tumor-Vakzinen besteht ein Verfahren darin, aus dem Tumor des Patienten Gewebe zu entnehmen, die Zellen in vitro zu vermehren und sie genetisch so zu manipulieren, dass sie eine Reaktion des Immunsystems auslösen können. Ihre Applikation erfolgt durch subkutane Injektion. Nach Ansicht von Priv.-Doz. Dr. med. Gabriele Pecher, Berlin, ist dieser Therapie – trotz vielversprechender erster Erfolge – nicht der erhoffte Durchbruch gelungen, nicht zuletzt deshalb, weil sie sehr zeitaufwändig ist und nur als individualisierte Therapie durchgeführt werden kann.

In Pechers Arbeitsgruppe an der Charité erforscht man die Tumor-Vakzinierung mit dendritischen Zellen, den wirksamsten Antigen-präsentierenden Zellen für die Einleitung der Immunabwehr. Die Zellen werden aus Knochenmarkstammzellen oder Monozyten generiert und im unreifen Zustand mit der cDNA eines Tumorantigens transfiziert; anschließend reifen sie vollständig aus und werden dann appliziert.

Ein verwendetes Tumorantigen ist z. B. Mucin, ein hauptsächlich auf der Oberfläche von Pankreas- und Mammakarzinomzellen befindliches großes Glykoprotein. Nach Applikation der transfizierten, ausgereiften Zellen kann das Immunsystem die Tumorzellen erkennen und vernichten. In einer klinischen Studie der Phase I/II erhielten zehn Patienten mit Mamma- oder Pankreaskarzinom autologe dendritische Zellen subkutan. Bei fünf Patienten kam es zu einer Immunantwort, bei einem Patienten sogar zum Stillstand der Entwicklung von Lebermetastasen. Der Nachteil dieser Methode besteht darin, dass sie sehr kosten- und arbeitsintensiv ist und wiederum nur individualisiert durchgeführt werden kann.

Interessante Ergebnisse mit NK-Zellen

Natürliche Killerzellen (NK-Zellen) sind Bestandteil der unspezifischen zellulären Abwehr. Es handelt sich dabei um große granulierte Lymphozyten, die in der Lage sind, virusinfizierte Zellen und Tumorzellen zu zerstören. In Pechers Arbeitsgruppe gelang mittels Gentransfer die Herstellung einer NK-Zelllinie mit bestimmten Rezeptoren. Nachdem diese Zellen Mäusen appliziert worden waren, kam es zu einer Aktivierung des Immunsystems und zu einem Stopp des Tumorwachstums. Geplant sind nun klinische Studien (Phase I/II) mit Patienten mit Darm- und Pankreaskarzinomen und Lebermetastasen.

Dr. Claudia Bruhn, Berlin

 

Quellen

"Immuntherapie maligner Tumoren", Vortrag von Priv.-Doz. Dr. med. Gabriele Pecher, Medizinische Klinik mit Schwerpunkt Onkologie und Hämatologie am Universitätsklinikum Charité, Berlin, Campus Mitte, auf einer Fortbildungsveranstaltung der DPhG-Landesgruppe Berlin-Brandenburg am 20. Januar 2005 in Berlin. Old, L.J.: Immuntherapie gegen Krebs. Spektrum der Wissenschaft Nr. 01/96, Spezial Krebsmedizin, S. 77 – 84.

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