Kongress

Etablierte und neue Konzepte in der onkologischen Therapie

Der onkologisch-pharmazeutische Fachkongress NZW (früher: Norddeutscher Zytostatika-Workshop) bot vom 28. bis 30. Januar 2005 wieder eine breite Übersicht über die pharmazeutischen und medizinischen Aspekte der Onkologie. Über 600 Teilnehmer aus Deutschland und dem europäischen Ausland informierten sich in Vorträgen und Workshops über praktische Erfahrungen und neue Konzepte.

Zu den wichtigsten Zukunftstrends dürfte die Individualisierung der Tumortherapie gehören. Dr. hab. Anna Wiela-Hojenska, Breslau, beschrieb die klassischen Grundlagen der Individualisierung. Bei Substanzen mit großen inter- oder intraindividuellen Schwankungen der Wirksamkeit und mit geringer therapeutischer Breite ist das therapeutische drug monitoring etabliert, d.h., die Dosis wird anhand der gemessenen Wirkstoffkonzentration im Körper angepasst. So werden Wirksamkeit und Sicherheit verbessert und die Nebenwirkungen vermindert.

Zu den statischen Methoden der Qualitätssicherung der Therapie gehören auch die Messungen der Konzentration verschiedener Proteine und anderer Marker der Biotransformation. Dagegen wird mit dynamischen Tests bestimmt, wie schnell bestimmte Arzneistoffe metabolisiert oder ausgeschieden werden. Außerdem sollten die genetischen Unterschiede der Patienten sowie die Biorhythmen der Zellvermehrung und der Metabolisierung der Arzneistoffe beachtet werden.

Therapeutische Vielfalt gegen vielfältige Tumoren

Einblicke in die Therapieindividualisierung in der Onkologie vermittelte Prof. Dr. Dorothee Dartsch, Hamburg. Die unterschiedlichen Reaktionen der Patienten auf Arzneimittel beruhen auf der Vielzahl der Einflussfaktoren, die über die Wirksamkeit entscheiden. So können die Enzyme, die den Arzneistoff aktivieren, inaktivieren oder biotransformieren, und die Proteine, die die Wirkung im Tumor vermitteln, sehr unterschiedlich aktiv sein.

Derzeit bildet die histologische und morphologische Analyse des Tumors die Grundlage für die Therapieauswahl. Dabei sprechen aber leider in manchen Indikationsgebieten bis zu zwei Drittel der Patienten nicht auf die Therapie an. Die Einteilung anhand der Genexpression verbessert die Ergebnisse und vermittelt zugleich Informationen, welche Patienten ein hohes Risiko für schwere Nebenwirkungen haben. Für den erfolgreichen Einsatz des Konzeptes müssten noch mehr und bessere Unterscheidungskriterien und -methoden zur Einteilung der Tumoren entwickelt und mehr Kenntnisse über die Tumorbiologie gewonnen werden. Außerdem werden mehr Arzneistoffe benötigt, um diese entsprechend differenziert einsetzen zu können.

Doch stehen dem Prinzip einer zielgerichteten Therapie zahlreiche Probleme entgegen. Besonders die langsam wachsenden Tumoren sind meist polyklonale Gewebe, die sich bereits verändern können, während die Probe diagnostisch ausgewertet wird. So kann sich die Struktur eines Tumors unter der Therapie verändern und am Ende der Therapie ein ganz anderer Tumor vorliegen. Außerdem fehlt in der diagnostischen In-vitro-Situation die Umgebung des Tumors, die für die Wirksamkeit der Therapie wesentlich sein kann.

Sogar für das seit 50 Jahren eingesetzte 5-Fluorouracil liegen nur vergleichsweise kleine Studien mit inhomogenen Patientenkollektiven vor, die mit unterschiedlichen Methoden und nach verschiedenen Kriterien ausgewertet werden, daher kaum verglichen werden können und zudem einen Publikationsbias erwarten lassen. Zudem stellt sich die ethische Frage, ob eine Standardtherapie unterlassen werden soll, weil in vitro eine Resistenz ermittelt wurde, die aber in vivo nicht unbedingt relevant sein muss.

Einen anderen Ansatz zur Individualisierung bietet die Charakterisierung anhand der Genexpression. Doch ist eine starke Genexpression nicht gleichbedeutend mit einer ausgeprägten physiologischen Aktivität der Genprodukte. Außerdem stört die mögliche Heterogenität des Tumors bei dieser Methode besonders, weil die Vorgehensweise so sensitiv ist. Um heterogenes Probenmaterial analysieren zu können, sind Algorithmen erforderlich, die die Daten den jeweiligen Zelllinien zuordnen.

Somit besteht sowohl bei den Grundlagen als auch für die Klinik noch großer Forschungsbedarf. Dartsch wagte keine Prognose, wann die Therapieindividualisierung wesentliche Erfolge erwarten lässt, doch im Auditorium wurden sehr optimistische Erwartungen geäußert, nach denen schon in wenigen Jahren deutliche Effekte denkbar seien.

Risiken und Nebenwirkungen für die Umwelt

Wo bleiben die Arzneistoffe nach der Einnahme? – Diese Frage ist für Prof. Dr. Klaus Kümmerer, Freiburg, der Einstieg in die komplexe Problematik der Arzneimittelwirkungen in der Umwelt. Allein in Deutschland geben Menschen und Tiere pro Jahr etwa 38.000 Tonnen wirksamer Arzneistoffe in die Umwelt ab. Seit Wachstumsbeschleuniger in der Tierhaltung verboten sind, stammen davon etwa zwei Drittel aus der Human- und nur noch ein Drittel aus der Veterinärmedizin. Gut wasserlösliche Substanzen gelangen in das Wasser der Flüsse und Meere und können so wieder in den Trinkwasser- oder Nahrungskreislauf geraten.

Stoffe, die sich im Klärschlamm absetzen oder in der Gülle enthalten sind, werden oft über den Dünger auf die Böden aufgebracht. Dort erscheinen Antibiotika und Antimykotika sehr problematisch, weil Bakterien im Boden für die Zersetzung des Laubes zu Nährstoffen für die Pflanzen sorgen und für die Wasserreinigung und damit die Grundwasserqualität verantwortlich sind.

Die Krankenhäuser sind nicht die Hauptquellen für Arzneistoffe in der Umwelt. Sogar manche ambulant eingesetzten Zytostatika stammen mehr aus privaten Haushalten. Die Abbauwege der Arzneistoffe sind sehr vielfältig und können sich innerhalb der Substanzklassen erheblich unterscheiden. Viele Substanzen werden in Kläranlagen nur unvollständig zu Metaboliten mit unbekannten Effekten abgebaut, nicht zuletzt wegen der kurzen Verweilzeit in Kläranlagen.

Während die Antibiotikakonzentration im Abwasser von Krankenhäusern noch als relevant für die Resistenzbildung einzustufen ist, werden wirksame Konzentrationen im Trinkwasser nicht gefunden. Auch negative Effekte auf die Reinigungsleistung von Kläranlagen wurden nicht festgestellt. Ungeklärt bleiben aber die möglichen Folgen der jahrzehntelangen Exposition gegenüber kleinen Mengen im Trinkwasser, die Effekte auf Fische und Wasserpflanzen und das Zusammenwirken verschiedener Arzneistoffe.

Die wichtigste Maßnahme für das Risikomanagement ist nach Einschätzung von Kümmerer die Information und Ausbildung aller Beteiligten. So dürfen Röntgenkontrastmittel nicht über das Abwasser entsorgt werden. Die Einhaltung dieser Vorschrift könne die Umwelt erheblich entlasten. Außerdem sieht er einen Zukunftstrend, die Struktur von Arzneimitteln für eine bessere Verträglichkeit und zugleich bessere Abbaubarkeit in der Umwelt zu optimieren, was sich bei vielen Arzneimitteln anbiete.

Fragwürdige Krebsvorsorge

Es gibt nur eine effektive Krebsvorsorge: Nicht Rauchen! Alle anderen Krebsvorsorgemaßnahmen sind nach Einschätzung von Dr. Christian Weymayr, Tübingen, wertlos, fragwürdig oder im besten Fall bedingt sinnvoll (Tab. 1). Seit über 70 Jahren wird der Mythos einer nutzbringenden Krebsvorsorge gepflegt, wobei Aspekte ausgeblendet werden, die diesen Mythos zerstören könnten. Weymayr nannte als Beispiel hierfür die sinkende Inzidenz an Magentumoren, die indes nicht bestimmten Vorsorgemaßnahmen, sondern der Erfindung und Nutzung des Kühlschranks zu verdanken ist. Weymayr kritisiert ferner, dass bei vielen Aufrufen zur Vorsorge mit Angst gearbeitet und ein Zusammenhang zwischen Früherkennung und automatischer Heilung assoziiert wird.

Soll überhaupt jeder Tumor erkannt werden? Weymayr zufolge gibt es unauffällige Tumoren wie ein Prostatakarzinom, dessen Diagnose aus einem gesunden Menschen einen Kranken macht, und unheilbare Krebserkrankungen wie zum Beispiel das Mammakarzinom der jungen Frau, dessen vorverlegte Diagnose Jahre eines unbeschwerten Lebens zunichte macht.

Welche Vorsorgemaßnahmen sind sinnvoll?

Das Abtasten der Brust ist keine effektive Krebsvorsorge. Bei Frauen, die ihre Brust regelmäßig abtasten, werden lediglich mehr Biopsien vorgenommen; ein Einfluss auf die Krebsheilung ist nicht nachgewiesen. Durch die Mammographie können Tumoren ab einer bestimmten Größe gefunden werden. Eine Studie in Schweden zeigte, dass die Inzidenz an Brustkrebs nach Einführung einer flächendeckenden Mammographie deutlich angestiegen ist. Weymayr gab dabei zu bedenken, dass rund ein Drittel der durch die Mammographie detektierten Tumoren niemals auffällig geworden wäre.

Prostatakarzinome sind überwiegend Erkrankungen des älteren Mannes, und es mag angezweifelt werden, ob Vorsorgeuntersuchungen ab 45 Jahren sinnvoll sind. Beim Abtasten werden nur wenige Prostatakarzinome entdeckt, wobei fraglich ist, ob diese auch behandelt werden müssen. Probleme beim vom Referent als sinnvoll eingestuften PSA-Test bestehen darin, dass kein eindeutiger Schwellenwert besteht und individuelle Schwankungen auftreten.

Der Test auf okkultes Blut im Stuhl hat seine Wirksamkeit belegt, allerdings nicht als zuverlässiger Nachweis eines Tumors, sondern als Anlass für eine genauere ärztliche Untersuchung. Die Koloskopie stuft Weymayr als sehr genaue Methode ein, die allerdings bei der Bevölkerung nur eine geringe Akzeptanz aufweist und in zu großen Abständen durchgeführt wird.

Der PAP-Test auf Gebärmutterhalskrebs wird seit rund 30 Jahren durchgeführt. In dieser Zeit ist die Mortalitätsrate für das Zervixkarzinom gesunken. Aufwand und Nutzen stehen in keinem befriedigenden Verhältnis: Bei 150 auffälligen Befunden kann nur eine ernsthafte Erkrankung verhindert werden.

Das subjektive Befinden von Krebspatienten

Das subjektive Befinden eines Krebspatienten ist schwierig zu beurteilen, da der Patient seine Erkrankung in bestimmten Situationen verleugnet, phasenweise nicht viel über sich berichtet und die objektiven Einschränkungen (also die Krankheitssymptome) nicht mit dem psychischen Befinden korrelieren. Was Depressionen, Anpassungsstörungen und Angst anbelangt, so unterscheidet sich der Krebspatient nicht wesentlich von der nicht an Krebs erkrankten Bevölkerung.

Wie Prof. Dr. Peter Herschbach, München, ausführte, kann mit den üblichen psychiatrischen Beurteilungen das subjektive Befinden eines Tumorpatienten nur bedingt eingeschätzt werden; besser sind Fremd- und Selbsteinschätzungsbögen, die speziell für die Onkologie erstellt wurden. Beurteilt man das subjektive Befinden eines Tumorpatienten nach diesen Methoden, fallen einige Besonderheiten auf: Die Schwere der Erkrankung korreliert nicht unmittelbar mit der Lebensqualität. Es gibt Patienten, die trotz schwerer Erkrankung eine hohe Lebensqualität besitzen; Herschbach bezeichnet dies als "Lebenszufriedenheitsparadox". Die Lebensqualität hängt somit stärker von psychologischen Faktoren als von äußeren Gegebenheiten ab.

Progredienzangst

Fremd- und Selbsteinschätzungen zeigen, dass rund ein Drittel aller Tumorpatienten professioneller Hilfe bedarf. Die größte emotionale Belastung ist die Progredienzangst, das heißt, die Angst vor einem Fortschreiten der Tumorerkrankung. Im Gegensatz zu unspezifischen Ängsten, die bei psychiatrischen Angsterkrankungen auftreten können, ist dies eine konkrete Angst. Weitere Probleme, die das subjektive Empfinden einschränken, sind Schlafstörungen, kognitive Einschränkungen, Hilflosigkeit, Scham, Trauer und Niedergeschlagenheit. In welchem Umfang die Patienten notwenige Hilfe bekommen, ist derzeit schwer einzuschätzen. Bei einer Patientengruppe, den Brustkrebspatientinnen, wird in den Disease Management Programmen das Anbieten einer psychoonkologischen Betreuung bereits vorgeschrieben.

Chronobiologie von Tumorerkrankungen

Entwicklung und Verlauf von Krebserkrankungen sind von zahlreichen Faktoren abhängig, unter anderem auch von der Zeit. Wie Prof. Dr. William Hrushesky aus Columbia (USA) ausführte, unterliegen Krebszellen zirkadianen Rhythmen, was sich für den optimalen Therapiezeitpunkt nutzen lässt. So ist zum Beispiel die Anzahl der Zellen, die sich in der S-Phase befinden, morgens höher als abends, und der Mitoseanstieg erreicht um die Mittagszeit sein Maximum. Für den Therapieerfolg kann es also wichtig sein, zu welchem Zeitpunkt ein Zytostatikum gegeben wird und in welcher Reihenfolge mehrere Therapeutika appliziert werden.

Neben diesen tageszeitlichen Schwankungen gibt es weitere zirkadiane Gesetzmäßigkeiten. Prämenopausale Frauen mit Brustkrebs, die sich in der zweiten Zyklushälfte (also nach dem Eisprung) operieren lassen, haben weniger häufig Rückfälle und Metastasen als Frauen, deren Operation unmittelbar nach der Monatsblutung erfolgte. Auch dies ist ein Beispiel für den Zusammenhang zwischen dem Ansprechen der Therapie und einem Zeitintervall.

Mehr verdächtige Befunde im Sommer

Zudem gibt es jahreszeitlich bedingte Besonderheiten in der Onkologie. Trägt man verdächtige Ergebnisse (Dysplasien, Karzinome, Nachweis humaner Papilloma-Viren) beim PAP-Abstrich gegen eine Zeitachse auf, so finden sich in den Sommermonaten doppelt so häufig abzuklärende Befunde. Ab September fällt die Anzahl krebsverdächtiger Diagnosen wieder ab, um im nächsten Jahr im Juni wieder anzusteigen. Hrushesky erklärte dieses chronobiologische Phänomen folgendermaßen: Im Sommer ist der Mensch einer vermehrten UV-B-Strahlung ausgesetzt. Diese unterdrückt die zelluläre Immunkompetenz und aktiviert diverse Viren, so auch humane Papilloma-Viren (HPV), die an der Entstehung eines Zervixkarzinoms beteiligt sind.

Tabletten für die Pädiatrie

Für viele Verordnungen in der Kinderonkologie stehen keine zugelassenen Fertigarzneimittel zur Verfügung, so Prof. Dr. Jörg Breitkreutz, Düsseldorf. In vielen Fällen erfolgt ein Off-Label-Use von Präparaten für Erwachsene, oder es werden individuelle Rezepturen hergestellt. Dies ist besonders bei Zytostatika problematisch, da zahlreiche Sicherheitsvorkehrungen getroffen werden müssen und sich einige Wirkstoffe nicht zur Weiterverarbeitung eignen.

Als Beispiel hierfür nannte Breitkreutz Mercaptopurin, das aufgrund mangelnder Stabilität nicht gelöst werden kann und zudem noch unangenehme organoleptische Eigenschaften aufweist. Kinder, die an einer akuten lymphatischen Leukämie erkrankt sind, müssen aber nieder dosiertes Mercaptopurin über Monate hinweg einnehmen; eine Tablette mit entsprechendem Wirkstoffgehalt steht in Deutschland noch nicht zur Verfügung.

Was tun? Eine genaue Teilung der Tablette ist nicht möglich, zudem würden dabei Stäube entstehen. Eine Eigenherstellung von in Kapseln abgefüllten Minitabletten ist ebenfalls problematisch. Von den Firmen Ethicare und Medice sind Mercaptopurintabletten mit 10 mg Wirkstoff entwickelt worden, die aus England importiert werden können. Mit diesen können die häufig benötigten Dosen von 10 bis 30 mg zusammengestückelt werden.

Medikationsfehler in der Onkologie vermeiden

Der Einschätzung von Thomas Müller, Neubrandenburg, zu Folge treten Medikationsfehler in der Onkologie eher selten auf, sind aber meist schwerwiegend. Vor der Herstellung, Freigabe und Applikation eines Zytostatikums sollten folgende Punkte besonders beachtet werden:

  • Stimmt die Applikationsart? Vinblastin darf nie intrathekal verabreicht werden. Besonders beachtet werden muss dies in Therapieprotokollen, in denen neben Vinblastin (i.v.) andere Substanzen wie z.B. Methotrexat intrathekal gegeben werden; die beiden zum Einsatz kommenden Bolusspritzen sollten deutlich gekennzeichnet und unterschieden werden. Versehentliche Intrathekalgaben haben in England zu aufwendigen Sicherheitsvorkehrungen bei der Gabe von Vinblastin geführt.
  • Ist das eingesetzte Zytostatikum eindeutig bezeichnet? Platinverbindungen (Carboplatin, Cisplatin, Oxaliplatin), Anthracycline (Doxorubicin, Epirubicin, Idarubicin), Vinca-Alkaloide (Vincristin, Vinblastin, Vinorelbin) und Taxane (Paclitaxel, Docetaxel) sollten wegen ihrer ähnlich lautenden Namen nie abgekürzt, sondern immer eindeutig verordnet werden. Werden besondere galenische Arzneiformen eingesetzt wie z.B. liposomales Doxorubicin, ist dies deutlich zu vermerken.
  • Welche Konzentration besitzt die Stammlösung? Bei Zytostatika, deren Stammlösung in verschiedenen Konzentrationen angeboten wird (wie z.B. Cytarabin oder Methotrexat), muss bei der Berechnung des erforderlichen Volumens Sorge getragen werden. Sicherer ist es, nur mit einer Konzentration zu arbeiten.
  • Ist die Dosis korrekt berechnet? Neben Rechenfehlern ist die Berechnungsgrundlage zu berücksichtigen. Zytostatika werden nach Körperoberfläche, absolut, nach Körpergewicht oder nach AUC berechnet.
  • Wird der Patient nach einem Studienprotokoll behandelt? Standardprotokolle und Studienprotokolle können unterschiedlich sein.
  • Wird das korrekte Applikationssystem verwendet? Pumpen verschiedener Hersteller können unterschiedliche Infusionsraten aufweisen. Extrem lichtempfindliche Zytostatika müssen unter Lichtschutz appliziert werden.
  • Ist die korrekte Einnahme oraler Zytostatika gewährleistet? Bei der Einnahme oraler Zytostatika ist auf das erforderliche Einnahmeintervall (z.B. Methotrexat zur Rheumatherapie nur einmal wöchentlich), die korrekte Stückelung (z.B. bei Idarubicin) und auf die richtige Lagerung (z.B. Navelbine® kühl) zu achten.

Emesis bei der Chemotherapie

Das bei einer zytostatischen Therapie auftretende Erbrechen wird in eine akute, eine verzögerte, eine späte und eine antizipatorische Emesis unterteilt. Prof. Per Hartvig, Uppsala, erläuterte, welche pathophysiologischen Vorgänge dafür verantwortlich sind und welche Maßnahmen ergriffen werden können. Bei Zustandekommen einer Emesis sind mehrere Regionen beteiligt: der Gastrointestinaltrakt mit seinen enterochromaffinen Zellen, das Vestibulariszentrum, die mit Chemorezeptoren versehene Triggerzone in der Area postrema und das Brechzentrum im Hirn (Medulla oblongata).

Beteiligte Neurotransmitter sind unter anderem Dopamin, Serotonin, Histamin und Adrenalin. Die akute Phase eines chemotherapieinduzierten Erbrechens beginnt am ersten Tag, dauert kurz und geht mit der Kinetik des Zytostatikums einher. Zur Therapie werden 5-HT3-Blocker und Dexamethason eingesetzt. Neuere 5-HT3-Antagonisten weisen eine höhere Rezeptoraffinität und eine längere Wirkdauer auf.

Die verzögerte Emesis beginnt am zweiten oder dritten Tag nach der Chemotherapie und dauert länger als eine Woche an. Sie wird nicht durch das Zytostatikum verursacht, das zu diesem Zeitpunkt bereits ausgeschieden ist. 5-HT3-Antagonisten sind bei der verzögerten Emesis nicht oder nur mäßig wirksam. Effektiv ist hier eine Blockade der Neuropeptid-Rezeptoren. Hartvig erläuterte dies folgendermaßen: Emetogene Zytostatika interferieren mit Zellen, die den Neuropeptidstoffwechsel modulieren, und erhöhen dadurch das Level der Neuropeptide. Neuropeptide wiederum erhöhen die Freisetzung einiger am Brechvorgang beteiligter Neurotransmitter. Eine Blockade der Neuropeptid-Rezeptoren, insbesondere die Blockade des Neurokinin-1-Rezeptors durch Aprepitant (Emend®), ist daher bei der verzögerten Emesis wirksam.

"Memory protein"

Eine späte Emesis kann Monate oder Jahre nach der Chemotherapie auftreten. Ihr Auslöser ist die Erinnerung an das starke Erbrechen, das in der Bildung eines "memory protein" sein physiologisches Pendant hat. Bereits das Erinnern, das häufig durch Gerüche oder Assoziationen auftritt, führt zum Brechen. Mit diesem Phänomen wird auch das antizipatorische Erbrechen erklärt. Daher kann eine wirksame Antiemese vom ersten Zyklus an einer späteren Emesis vorbeugen. Der Aktivierung eines bestimmten "memory protein" liegen auch andere Phänomen wie gewisse Phobien (z.B. Schlangenphobie), das posttraumatische Schmerzsyndrom oder eine Hyperalgesie zu Grunde.

Prävention der Mukositis

Neben der Emesis gehört die Mukositis zu den gravierendsten Nebenwirkung einer Chemotherapie, so Imad Treish, Jordanien. Eine ausgeprägte Mukositis ist äußerst schmerzhaft und aufgrund der gestörten Mundflora häufig mit Infektionen verbunden. Die Schmerzen können so stark sein, dass der Patient weder essen noch trinken kann und starke Opioide zur Schmerzlinderung eingesetzt werden müssen. Im Gegensatz zur Emesis, die dank 5-HT3-Antagonisten und Neurokinin-Inhibitoren zufrieden stellend therapiert wird, kann eine ausgeprägte Mukositis zurzeit nicht optimal behandelt werden. Umso wichtiger ist eine umfassende Mukositisprävention. Entsprechende Richtlinien empfehlen folgende Maßnahmen:

  • Sorgfältige Mundhygiene, Gebisssanierung vor der Therapie,
  • Individuelle Analgesie,
  • Keine grobe, salzige oder scharf gewürzte Nahrung,
  • Bei der Applikation von 5-Fluorouracil als Bolus eine Kryotherapie (nicht aber bei anderen Regimes),
  • Benzydamin (Tantum verde®) bei Tumoren im Kopf-Hals-Bereich,
  • Applikation von Lokalanästhetika vor dem Essen und vor oralen Therapien.

Von alkoholhaltigen Spülungen, diversen Rezepturen (z.B. mit Allopurinol, Chlorhexidin, Pentoxifyllin) oder Aciclovir rät Treish ab. Es sei zu hoffen, dass mit dem neuen Fibroblasten-Wachstumsfaktor Palifermin ein wirksames Mittel gegen Mukositis zur Verfügung stehen wird (s. Kasten).

Gefitinib – der neue Weg beim Lungenkarzinom

In der westlichen Welt ist das Lungenkarzinom die Krebserkrankung mit der höchsten Mortalitätsrate. Auch beim Ausschöpfen sämtlicher therapeutischer Möglichkeit ist die Überlebensrate im fortgeschrittenen Tumorstadium gering, sodass neue Behandlungsansätze dringend erforderlich sind. Ist der Tyrosinkinase-Inhibitor Gefitinib (Iressa®) ein erfolgversprechendes neues Medikament beim nicht kleinzelligen Bronchialkarzinom (NSCLC)? Dr. Karl-Matthias Deppermann aus Neuruppin zog ein Resümee.

Der Tyrosinkinase-Inhibitor Gefitinib richtet sich gegen den epidermalen Wachstumsfaktor-Rezeptor (EGFR), der bei vielen Tumoren – so auch beim NSCLC – überexprimiert ist. Durch eine Blockierung des Rezeptors werden die nachgeschalteten Signaltransduktionswege blockiert und die Zellproliferation gehemmt. Nachdem First-line-Therapien mit Gefitinib keinen Erfolg aufwiesen, wurde der Tyrosinkinase-Inhibitor in der Second- und Third-line-Therapie eingesetzt und führte dort zu einer rund 20%igen Remission und einer deutlichen Verbesserung tumorassoziierter Symptome. Von einer Therapie mit Gefitinib profitierten vor allem Frauen, Patienten, die nie geraucht hatten, sowie Patienten mit einem Adenokarzinom.

Weitere Untersuchungen zeigten, dass Patienten, die auf eine Therapie mit Gefitinib ansprachen, eine Mutation am EGFR aufweisen. Diese Mutation führt zu einer ständigen Aktivierung des Rezeptors und nachfolgend zu einer Zellproliferation. In einer weiteren Studie mit Gefitinib (ISEL-Studie) konnte kein Benefit für den Tyrosinkinase-Inhibitor festgestellt werden; die Gründe hierfür müssen noch untersucht werden.

ZD6474 ist ein oral applizierbarer Angiogenese-Inhibitor, der neben dem vaskulären epidermalen Wachstumsfaktor-Rezeptor (VEGFR) auch den epidermalen Wachstumsfaktor-Rezeptor (EGFR) hemmen kann. Dieser Angiogeneseblocker wird zurzeit in klinischen Phase-II-Studien geprüft. Dabei konnten beim nicht kleinzelligen Bronchialkarzinom Remissionen erzielt werden. Die von AstraZeneca entwickelte Substanz zeigt bislang eine nur geringfügige Toxizität.

Der onkologische Notfall

Der Arzt sollte seinen Patienten auch während der letzten Lebensphase begleiten, notwendige Maßnahmen ergreifen und Unnötiges unterlassen. Um diesen Anspruch erfüllen zu können, muss der Arzt in der Lage sein, onkologische Notfälle zu erkennen und richtig zu handeln, so die Forderung von Prof. Dr. Günther Wiedemann, Ravensburg. Ein beim Krebspatienten auftretendes Delirium kann ein Hinweis auf die terminale Phase sein oder aber auch als Nebenwirkung toxischer Chemotherapien oder als Folge einer Überdosierung anderer Medikamente auftreten.

Wiedemann führte hierzu als Beispiel eine durch eine Überdosis von Ifosfamid verursachte Enzephalopathie an, die mit Methylenblau als Antidot behandelt werden kann. Auch eine Überdosis von 5-Fluorouracil kann zu Delirien führen, dies vor allem bei älteren Patienten, die empfindlicher als junge auf 5-Fluorouracil reagieren. Bei einer Verwirrtheit im präterminalen Stadium werden alle Medikamente bis auf Haloperidol abgesetzt, dies gilt für agitierte und sedierte Patienten gleichermaßen. Ist der Patient bereits in der terminalen Phase, wird man außer Morphin, Atropin (gegen rasselndes Atmen in der Agonie), Diazepam und Triflupromazin (Psyquil®) keine weiteren Medikamente oder Nährlösungen geben.

Fieber bei Krebspatienten

Ein weiterer onkologischer Notfall ist Fieber beim neutropenischen Patienten. Ohne Therapie stirbt jeder siebte Patient an dieser Folgeerscheinung einer Chemotherapie. Der Patient muss sofort und aggressiv antibiotisch therapiert werden, das Abwarten eines Erregernachweises ist unverantwortlich. Ebenfalls lebensbedrohlich ist eine Candida-Infektion bei Leukämiepatienten, da bei einer akut verlaufenden Leukämie die körpereigene Abwehr minimiert ist. Auch Infektionen des Krebspatienten mit Aspergillus oder Herpes-Viren können unbehandelt zum Tode führen. Ferner können im Verlauf einer Chemotherapie Thrombozytopenien auftreten. Bei Blutungen und einer deutlichen Thrombozytenabnahme ist die Gabe eines Thrombozytenkonzentrates zwingend notwendig.

Onkologische Versorgung in Netzwerken

Der onkologische Patient ist im Idealfall in ein komplexes Versorgungsnetz eingebunden. PD Dr. Hans Vaupel, Bonn, nannte hier das Akutkrankenhaus, Fachärzte, den Hausarzt, Familie, Freunde, den ambulanten Pflegedienst, Physiotherapeuten, den Psychoonkologen, die Hospizhilfe, Seelsorger, Sozialarbeiter und last not least den Apotheker. Um eine optimale Zusammenarbeit zu gestalten, erwartet der Arzt vom Apotheker umfassende Dienstleistungen, das sind

  • Kompetenz (Basiskenntnisse der Therapie, Kenntnisse über Wirkungen und Nebenwirkungen, Plausibilitätskontrolle, Beratungskompetenz für den Patienten),
  • Information (Rückmeldungen über Patientenanfragen, Austausch mit Mitarbeitern der häuslichen Versorgung),
  • Engagement (Wille zur Zusammenarbeit, kontinuierliche Fortbildung, Interesse an onkologischen Entwicklungen),
  • Service (Zubereitung von Zytostatika, parenteraler Ernährung, aseptischen Lösungen zur Schmerztherapie, Zusammenarbeit bei Therapiestudien, Schulung der Pflegedienstmitarbeiter) und
  • Phantasie (Organisation der häuslichen Versorgung, Beschaffung seltener Medikamente).

Um den Patienten auch in einer palliativen Situation betreuen zu können und ihm ein Leben und Sterben in häuslicher Umgebung zu ermöglichen, sollten Apotheker, Arzt und die betreuenden Mitarbeiter der Pflege eng zusammenarbeiten. Wie dies aus der Sicht des Apothekers aussehen kann, erläuterte Klaus Ruberg, Bonn, anhand einiger Beispiele aus der täglichen Praxis. Wichtig ist vor allem eine gut koordinierte Kooperation mit Pflegediensten und Sozialarbeitern, Fachkräften der Palliativversorgung und der Hospizhilfe, ein rationaler Einsatz von Ressourcen und die Unterstützung durch die betreuenden Ärzte. Nur so können individuelle Lösungen gefunden werden, die auch die Wünsche des Patienten berücksichtigen.

Der 13. Onkologisch-pharmazeutische Fachkongress NZW in Hamburg-Harburg brachte wieder einige neue Aspekte der Krebstherapie zur Sprache. Dabei ging es auch um praktische Fragen, z. B. den Off-Label-Use in der Pädiatrie, das Vermeiden von Medikationsfehlern und das automatische Befüllen von Einmalspritzen. Kritisiert wurden die meisten Vorsorgeuntersuchungen.

OnkoCare-Preis an Klaus Meier 

Der diesjährige, mit 5000 Euro dotierte OnkoCare-Preis ging an den Präsidenten der Deutschen Gesellschaft für Onkologische Pharmazie Klaus Meier. Der Preisträger wurde für sein langjähriges Engagement für die pharmazeutische Onkologie geehrt. Unter Klaus Meiers Federführung wurde unter anderem in den frühen 90er-Jahren der erste NZW ins Leben gerufen, der heute mit über 600 Teilnehmern der größte pharmazeutisch-onkologische Fachkongress in Deutschland ist. Weitere Impulse setzte Klaus Meier bei der pharmazeutisch-onkologischen Weiterbildung und dem Ausbau eines Qualitätsmanagements. Last not least wurde Meier für seine pragmatische Zusammenarbeit mit Offizin- und Krankenhausapothekern, Ärzten, Patienten und Pflegekräften ausgezeichnet.

Qualitätssicherung in Großbritannien

V'lain Fenton-May, Cardiff, gab einen Überblick über die Qualitätskontrolle im Rahmen der Zytostatikazubereitung in britischen Krankenhausapotheken. In Großbritannien besteht ein einheitliches Überprüfungssystem, dessen einheitliche Handhabung sogar durch zeitweiligen Austausch der Auditoren sichergestellt wird. Doch die Sicherheitsmaßnahmen in den Apotheken unterscheiden sich angesichts des sehr unterschiedlichen Herstellungsumfanges erheblich, sie beruhen grundsätzlich auf dem Einsatz von Isolatoren. Zwar ist jede Kontamination der Umgebung prinzipiell unakzeptabel, doch mit einer hinreichend empfindlichen Analytik sind praktisch in allen Herstellungsbereichen Spuren von Zytostatika zu finden. Es kommt daher darauf an, im Konsens akzeptable Höchstwerte zu vereinbaren.

Kombinierte Radiochemotherapie

Prof. Dr. Wolfgang Wagner, Osnabrück, stellte die Vorteile der kombinierten Radiochemotherapie dar, die bei vielen Tumorarten eingesetzt wird, beispielsweise bei Kopf-Hals-, Anal-, Zervix- oder Ösophaguskarzinomen. Die Besonderheit dieses Konzeptes liegt in der simultanen Bestrahlung und Chemotherapie im Unterschied zur zeitlich versetzten Anwendung. Dies führt zu überadditiven Therapievorteilen, weil der Tumor empfindlicher wird. Im Durchschnitt ergeben klinische Studien um etwa 5 Prozentpunkte verbesserte Überlebensraten gegenüber etablierten Therapien ohne kombinierte Radiochemotherapie.

Frankreich gegen Krebs

Im Juli 2004 wurde auf eine Initiative des französischen Präsidenten Jaques Chirac ein nationales Programm gegen Krebs ins Leben gerufen. Dem Programm wurde ein Etat von 640 Millionen Euro zugestanden, 32% davon sind für innovative Therapien vorgesehen. Der Patient soll in Netzwerken eingebunden sein und interdisziplinär versorgt werden. Apotheker sollen unter anderem im Rahmen von pharmaceutical care die Versorgung des Patienten zu Hause erleichtern. Eine weitere Aufgabe der Pharmazeuten ist die Sicherung von Qualitätsstandards und die Entwicklung präventiver Kampagnen. [Nach einem Vortrag von Prof. Alain Astier, Frankreich]

Qualitätsstandards in Europa

Das zweite europäische Treffen über Qualitätsstandards in der pharmazeutischen Onkologie fand im vergangenen Jahr in Luxemburg statt. Die Delegierten aus 17 Ländern befassten sich mit folgenden Themen:

  • Ausbildung
  • Technische Aspekte (Räume, Ausstattung, Monitoring, Hygienestandards)
  • Pharmaceutical Care (Sammlung patientenspezifischer Informationen, Aufklärung und Beratung, supportive Maßnahmen)
  • Qualitätsmanagementsysteme (z.B. QUAPOS, ISO)
  • Forschung und Entwicklung (interdisziplinäre, wissenschaftliche und ethische Aspekte)

[Nach einem Vortrag von Michael Höckel, Hamburg]

Sorgen von Tumorpatienten

 

  • Nervosität und Angst vor Arztterminen und Kontrolluntersuchungen
  • Angst vor Fortschreiten der Erkrankung
  • Angst vor drastischen medizinischen Maßnahmen im Laufe der Erkrankung
  • Angst vor Schmerzen
  • Sorge, auf fremde Hilfe angewiesen zu sein
  • Angst um die Familie
  • Angst vor Nebenwirkungen der Therapie
  • Angst vor einer Vererbung der Erkrankung

Neue Erkenntnisse in der Hämatologie

 

  • Lymphome: Der CD20-Antikörper Rituximab (MabThera®) wird zunehmend bei der Therapie von B-Zell-Lymphomen eingesetzt. Rituximab wirkt sehr selektiv, das heißt, Vorläuferzellen der B-Lymphozyten, die kein CD20 tragen, werden nicht zerstört. Eine Weiterentwicklung des CD20-Antikörpers ist Ibritumomab (Zevalin®), bei dem der Antikörper mit einem Chelatbildner MXDTPA (Tiuxetan) konjugiert ist. 90Y-markiertes Ibritumomab-Tiuxetan bindet spezifisch an B-Lymphozyten, einschließlich CD20-exprimierender maligner Zellen. Das Isotop Yttrium-90 ist ein reiner b-Strahler mit einer mittleren Reichweite von circa 5 mm. Dadurch können sowohl die Zielzellen als auch benachbarte Zellen abgetötet werden.
  • CML (chronisch myeloische Leukämie): Tyrosinkinase-Inhibitoren wie Imatinib (Glivec®) kommen vermehrt zum Einsatz.
  • Plasmozytome (Synonym: multiples Myelom): Thalidomid und Bortezomib (Velcade®) erweitern das therapeutische Spektrum; ein Therapiedurchbruch ist indes noch nicht in Sicht.
  • Akute chronische und akute myeloische Leukämie sowie chronische lymphatische Leukämie (ACL, AML, CLL): Eine Modulation der Signaltransduktion mit Farnesyltransferase-Inhibitoren wird untersucht.

[Nach einem Vortrag von Dr. Hans Salwender, Hamburg]

 

Das myelodysplastische Syndrom (MSD)

 

  • Das myelodysplastische Syndrom (MSD) ist eine Erkrankung hämatopoetischer Stammzellen.
  • Es ist gekennzeichnet durch eine vermehrte Apoptose im Stammzellkompartiment, durch eine Dysplasie der Hämatopoese sowie durch Ausreifungsstörungen einer oder mehrer Zellreihen.
  • Sein Leitsymptom ist eine therapierefraktäre Anämie, dazu kommen häufig auch Bi- oder Panzytopenien.
  • In 30 bis 70% sind Chromosomenanomalien nachweisbar.
  • Die Therapie richtet sich nach der zu Grunde liegenden Chromosomenanomalie: – Revimid (ein Thalidomidanalogon) bei bestimmten Anomalien am Chromosom 5. – Demethylierende Substanzen bei ungünstigen Chromosomenanomalien. – Imatinib (Glivec®) bei Chromosomenanomalien, an denen spezielle Wachstumsfaktor-Rezeptor-Gene beteiligt sind.

[Nach einem Vortrag von PD Dr. Detlef Haase, Göttingen]

Palifermin

Palifermin ist ein gentechnisch hergestellter, humaner Keratinozyten-Wachstumsfaktor (rHuKGF), der bei der Regeneration der Mundschleimhaut eine wichtige Rolle spielt. In Phase-III-Studien konnte gezeigt werden, dass bei Gabe von Palifermin Häufigkeit und Dauer einer ausgeprägten Mukositis nur halb so groß waren wie bei Plazebogabe. Auch benötigten die Patienten weniger Opioide und mussten seltener parenteral ernährt werden. Das Präparat (Handelsname Kepivance®, Hersteller Amgen) wurde in den USA Ende des vergangenen Jahres zugelassen; die Zulassung für Deutschland wird in Bälde erwartet.

Das Wichtigste in Kürze

 

  • Die Therapieindividualisierung, insbesondere anhand genetischer Kriterien, bietet langfristig vielversprechende Ansätze. Große Herausforderungen bilden dabei die Heterogenität und Variabilität der Tumoren.
  • Röntgenkontrastmittel dürfen nicht über das Abwasser entsorgt werden.
  • Es gibt nur eine effektive Krebsvorsorge: Nicht Rauchen! Alle anderen Krebsvorsorgemaßnahmen sind fragwürdig oder nur bedingt sinnvoll.
  • Tumorerkrankungen unterliegen chronobiologischen Rhythmen; dies kann therapeutisch genutzt werden. Für die späte und antizipatorische Emesis ist ein "memory protein" verantwortlich.
  • Netzwerke ermöglichen eine individuelle Betreuung des onkologischen Patienten.
  • Rund ein Drittel aller Tumorpatienten bedarf professioneller psychotherapeutischer Hilfe; die größte emotionale Belastung ist die Progredienzangst.
  • Für welche Subpopulation der Tyrosinkinase-Inhibitor Gefitinib besonders geeignet ist, muss noch untersucht werden.
  • Zur Therapie eines Bronchialkarzinoms wird in ersten klinischen Studien der Angiogenese-Inhibitor ZD6474 eingesetzt.
  • Dem myelodysplastischen Syndrom (MSD) liegen in 30 bis 70% aller Fälle Chromosomenanomalien zu Grunde.
  • Die richtige Diagnose und die richtige Therapie beim onkologischen Notfallpatienten entscheiden über das weitere Schicksal des Patienten.

Innovationen gegen Pilzinfektionen

Nach Einschätzung von Dr. Andrew J. Ullmann, Mainz, würde das seit Jahrzehnten gegen Pilzinfektionen eingesetzte Amphotericin B nach heutigen Sicherheitsanforderungen nicht einmal die Hürde der Tierversuche nehmen. Neuere Substanzen böten höhere Sicherheit bei verbesserter Wirksamkeit. Als neuen Standard zur Therapie der invasiven Aspergillose bezeichnete er Voriconazol, das auch bei schweren Candida-Infektionen wirksam ist. Als Nebenwirkungen sind reversible Sehstörungen, Schädigungen der Leber und Hautreaktionen hervorzuheben. Da Voriconazol über die Isoenzyme CYP 2C19, 2C9 und 3A4 metabolisiert wird, sind zahlreiche Wechselwirkungen zu beachten, die Dosisanpassungen erforderlich machen können. Das breit wirksame Posaconazol ist als einzige oral anwendbare Substanz gegen Zygomykosen wirksam. Zur Sicherheit liegen noch vergleichsweise wenige Daten vor, doch sind hier weniger Wechselwirkungen als bei Voriconazol zu erwarten. Zukunftspotenzial für die Therapie schwerer Pilzinfektionen bieten nach Einschätzung von Ullmann insbesondere die Echinocandine, beispielsweise Caspofungin und Micafungin.

Technische Hilfe zur Spritzenfüllung

Auch technische Aspekte der Therapie gehörten zu den Themen des NZW. So stellte Werner Henke, Aschaffenburg, ein neues Gerät vor, das Einmalspritzen automatisch aus einem Vorratsbehälter befüllt. Damit entfällt das umständliche manuelle Aufziehen der Spritzen mit häufig verwendeten Injektionslösungen, die so vorab befüllt und auf Vorrat gehalten werden können. Alle Spritzen werden irreversibel etikettiert. Die Anlage soll in einem horizontalen laminar airflow stehen, damit die Spritzenöffnung beim Abfüllvorgang von steriler Luft umspült wird. Bisher steht eine solche Anlage nur für Spritzen mit einem Volumen von 1 bis 12 Millilitern zur Verfügung.

Innovationen gegen Pilzinfektionen

Nach Einschätzung von Dr. Andrew J. Ullmann, Mainz, würde das seit Jahrzehnten gegen Pilzinfektionen eingesetzte Amphotericin B nach heutigen Sicherheitsanforderungen nicht einmal die Hürde der Tierversuche nehmen. Neuere Substanzen böten höhere Sicherheit bei verbesserter Wirksamkeit. Als neuen Standard zur Therapie der invasiven Aspergillose bezeichnete er Voriconazol, das auch bei schweren Candida-Infektionen wirksam ist. Als Nebenwirkungen sind reversible Sehstörungen, Schädigungen der Leber und Hautreaktionen hervorzuheben. Da Voriconazol über die Isoenzyme CYP 2C19, 2C9 und 3A4 metabolisiert wird, sind zahlreiche Wechselwirkungen zu beachten, die Dosisanpassungen erforderlich machen können. Das breit wirksame Posaconazol ist als einzige oral anwendbare Substanz gegen Zygomykosen wirksam. Zur Sicherheit liegen noch vergleichsweise wenige Daten vor, doch sind hier weniger Wechselwirkungen als bei Voriconazol zu erwarten. Zukunftspotenzial für die Therapie schwerer Pilzinfektionen bieten nach Einschätzung von Ullmann insbesondere die Echinocandine, beispielsweise Caspofungin und Micafungin.

Beratungsqualität aus der Sicht des Patienten

Die Zwischenauswertung einer Befragung onkologischer Patienten aus Tageskliniken und onkologischen Praxen durch das Picker-Institut ergab folgende Ergebnisse:

  • 60% der Befragten zeigten Interesse an einer Beratung durch den Apotheker.
  • 44% der Patienten wurden von ihrem Arzt nicht, nur kurz oder erst auf Nachfragen über die Nebenwirkungen der Therapie aufgeklärt.
  • 74% der Patienten, die eine Beratung wünschen, wurden nicht oder nicht zufrieden stellend beraten.
  • Die Patienten wünschen vor allem eine Beratung über die eingesetzten Zytostatika, zu unterstützenden Maßnahmen, zur Selbstmedikation und zu alternativen Mitteln.

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.