Apotheker und Arzt angeklagt: Rezeptfälschungen im großen Stil

COBURG (dd). Mit einem einfachen, aber erfolgreichen Rezeptfälschungssystem sollen zwei Apotheker und ein Arzt aus dem Raum Coburg die Allgemeine Ortskrankenkasse (AOK) Bayern und die Kaufmännische Krankenkasse Halle um knapp 1,68 Millionen Euro betrogen haben. Seit Anfang Juni steht das Trio nun wegen gemeinschaftlichen Betrugs und Untreue vor dem Coburger Landgericht.

In weit überhöhter Dosis soll der Allgemeinmediziner vier Patienten über fünf Jahre hinweg das besonders hochpreisige Medikament "Recombinate 1000" verschrieben haben. Gespritzt und erhalten haben soll er das Medikament jedoch nur vier Mal. Die Gewinne mit der Scheinware - die monatlich von 11.000 bis 55.000 Euro betrugen -sollen sich alle drei Beteiligten geteilt haben, erklärte die Staatsanwaltschaft zu Prozessauftakt.

Gegenseitige Schuldzuweisungen

Ein umfängliches Geständnis legte kurz nach Verhandlungsbeginn der 63-jährige Allgemeinmediziner ab, während die beiden Apotheker vorgaben, vom Arzt getäuscht worden zu sein. In seinem Geständnis hatte der Mediziner erklärt, dass die Idee zur Rezeptfälschung vor allem von dem ersten, 44-jährigen Apotheker gekommen sei. Der Pharmazeut - den er gut kannte - habe Ende der 90er Jahre über schlechten Umsatz geklagt. Gewusst habe dieser auch, dass er Bluterpatienten behandele und man mit diesen teuren Rezepten schnell hohe Gewinne erzielen könnte. Später habe er dann die weit überhöht dosierten Medikamente verschrieben und diese mit der Rechnung für seine Leistungen an die Apotheker geschickt.

Arzt sieht sich unter Druck gesetzt

Erst später sei der zweite, 45-jährige Apotheker mit in das Geschäft mit den Scheinrezepten eingestiegen, da auch er über Umsatzschwäche klagte. Regelmäßig hätten die Pharmazeuten die Preise auf den Rezepten angebracht und die Verordnungen bei den Abrechnungsstellen eingereicht und den Preis für die Scheinware sowie die üblichen Apothekenvergütungen kassiert. Der Arzt behauptete, dass die Apotheker mit der Forderung nach noch mehr Verordnungen ihn immer wieder unter Druck gesetzt hätten. Hin und wieder habe er deshalb auch Verordnungen herausgegeben, ohne seine Leistungen in Rechnung zu stellen. Seinen Gewinn aus dem Betrug habe er später vor allem in ausländischen Spielbanken "verzockt" und auch teure Reisen gemacht.

Apotheker: Haben von (fast) nichts gewusst

"Wir haben gedacht, er hat die Medikamente auch gespritzt", bestritten die Apotheker die Vorwürfe des Staatsanwaltes und auch eventuelle Umsatzschwächen. Die Vorschläge zur Rezeptfälschung seien vom Mediziner gekommen. Dieser habe erzählt, dass er einen günstigeren Lieferanten habe, sodass auch er als Arzt etwas an dem Medikament verdienen könnte. Einer der Angeklagten: "Ich dachte, er hätte es vom Graumarkt". Niemals sei man auf die Idee gekommen, dass die Ware nie eingekauft wurde. Für den Prozess sind mehrere Verhandlungstage angesetzt, ein Urteil wird nicht vor Juli erwartet.

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