Aus Kammern und Verbänden

AV Mecklenburg-Vorpommern: Suche nach alltagstauglichen Zukunftskonzepten

Der Hausapothekenvertrag des Apothekerverbandes Mecklenburg-Vorpommern mit der BKK Dräger & Hanse setzt gezielt auf pharmazeutische Beratungsgespräche. Welche Vorteile dies im Apothekenalltag bietet, wurde im Rahmen der gut besuchten Mitgliederversammlung des Verbandes am 17. November in Warnemünde erläutert. Daneben ging es um weitere landesspezifische Themen und um bundesweite Perspektiven für Apotheken durch neue Verträge mit den Krankenversicherungen.
Axel Pudimat

Nach Einschätzung des Verbandsvorsitzenden Axel Pudimat werden die Anstrengungen der Apotheker bei der Umsetzung des GKV-Modernisierungsgesetzes (GMG) im Bundesgesundheitsministerium ausdrücklich gewürdigt. Durch die neue Preisbildung stünden die Apotheker nicht mehr im Weg, sondern würden als Partner für neue Regelungen gesehen. Dies sei nicht bequem, sichere die Zukunft aber besser als eine Verweigerungshaltung. Die regierenden Parteien würden die Apotheken sicher nicht abschaffen wollen, aber der Schutz der Freiberuflichkeit werde immer mehr durchlöchert. Im Vergleich zu den großen Einbußen durch das Beitragssatzsicherungsgesetz im Jahr 2003 habe das GMG die Gesamtmarge der Apotheken nicht so stark vermindert, aber die Verteilung der Erträge wesentlich verändert. Die Karten seien neu gemischt worden.

Aufgaben des Verbandes

In dem neuen Wettbewerbsumfeld konzentriere sich der Verband auf die Vertretung der freiberuflichen Apotheken in wirtschaftlichen Belangen, insbesondere gegenüber den Krankenversicherungen, und die Funktion als Arbeitgebervertreter. Der Apothekerverband Brandenburg arbeite an einem Einkaufsmodell, das bisher wenig Resonanz finde, weil die Zeit dafür offenbar nicht reif sei. Der Apothekerverband Mecklenburg-Vorpommern beobachte diese Entwicklung, um sich ggf. dort zu beteiligen, wolle sich aber aus der Arbeit der Apothekenkooperationen heraushalten.

Die Apothekenkooperationen würden bisher keine relevante Marktmacht darstellen. Doch könnten Einzelverträge mit Lenkungswirkung, auch in der Integrierten Versorgung, für die Apotheken brisant werden und das System gefährden. Weiteres Gefahrenpotenzial bilde die AMG-Novelle zur Krankenhausversorgung. Doch insbesondere angesichts des überwiegend guten Verhältnisses zu den Kostenträgern im Land seien die Zukunftsaussichten für die Apotheken in Mecklenburg-Vorpommern keineswegs hoffnungslos. Die Apotheker müssten sich in neue Konzepte einbringen.

 

Dr. Guido Kirchhoff, ABDA

Neue Verträge

Den Stand der Vertragsverhandlungen zur Integrierten Versorgung und die zu erwartenden Rabattverträge zwischen Arzneimittelherstellern und Krankenversicherungen beschrieb Dr. Guido Kirchhoff, ABDA (siehe Bericht in AZ 48). Dr. Heinz Weiß, Geschäftsführer des Apothekerverbandes Mecklenburg-Vorpommern, warb um Verständnis für die Geschwindigkeit, mit der immer wieder neue Verträge ausgehandelt werden, während die Apotheken noch mit der Umsetzung der Hausapothekenverträge beschäftigt seien. Denn es gebe nur ein begrenztes Zeitfenster für neue Verträge zwischen den Landesapothekerverbänden und den Krankenversicherungen, weil sich sonst kleinere Gruppierungen von Apotheken als Vertragspartner anbieten würden. Doch meinte Pudimat, es sei besser, vorangetrieben zu werden als anderen hinterherzulaufen.

Hausapotheken – Hindernisse und Lösungsmöglichkeiten

Im weiteren Verlauf der Versammlung wurde umfassend über die Umsetzung des Hausapothekenkonzeptes und einige diesbezügliche Besonderheiten in Mecklenburg-Vorpommern berichtet. Nach Einschätzung von Pudimat befindet sich das Hausapothekenkonzept in einem Entwicklungsprozess. Das Konzept schaffe eine neue Basis, um die pharmazeutische Leistung in den Mittelpunkt der Arbeit in der Apotheke zu stellen. Doch funktioniere nicht alles in der Praxis, manche Methoden seien ungünstig gewählt. Die verfügbare Software sei zum Teil nicht praxistauglich, leider habe es kein Pflichtenheft für die Software gegeben. Vorläufig reiche für die pharmazeutischen Zwecke ein aufgerüstetes Kundenkartenprogramm aus, während die Hausapothekenleistungen besser manuell als mit einer ungeeigneten Software abgerechnet werden könnten.

Angesichts der praktischen Umsetzungsprobleme und des zunächst geringen Interesses der Patienten habe eine Arbeitsgruppe der Apotheker in Wismar nach einem gangbaren Weg gesucht. Dabei wurden die Gespräche der Apotheker mit den Patienten in den Mittelpunkt gestellt, was sich als besonders praktikabel erwiesen habe. Die Beratung sei daher als Kerninhalt in den Hausapothekenvertrag zwischen dem Apothekerverband Mecklenburg-Vorpommern und der BKK Dräger & Hanse eingegangen. Dort werden halbstündige strukturierte Beratungsgespräche mit 20 Euro honoriert, die maximal einmal pro Halbjahr abgerechnet werden können. Nach Einschätzung von Pudimat sei dies die am besten umsetzbare Form des Hausapothekenmodells.

 

Dr. Joachim Framm, Wismar

Gute Erfahrungen in Wismar

Dr. Joachim Framm, Wismar, betonte die übersichtliche Gestaltung des Vertrages mit der BKK Dräger & Hanse. Der seit dem 1. September 2004 gültige Vertrag stelle intensive Beratungsgespräche mit allen Chronikern in den Vordergrund. Dafür sei eine strukturierte Vorgehensweise ohne übertriebenen formalen Aufwand festgelegt worden. Es würden Arzneimittel, Dosierungen und Anwendungsbedingungen erfragt, Hinweise zur Anwendung gegeben, die Anwendungsziele erklärt und mögliche Neben- und Wechselwirkungen überprüft. Es sei sinnvoll, die Patienten nach ihrer Zufriedenheit mit der Medikation zu befragen.

In der Praxis zeige sich, dass fast jeder Chroniker irgendwelche Probleme mit seiner Medikation habe. Die Patienten sollten eine schriftliche Arzneimittelübersicht ausgehändigt bekommen. Denn dies verstärke den Eindruck, eine Leistung zu erhalten, und biete den Patienten große Vorteile, beispielsweise bei einer Krankenhauseinweisung. Die Gespräche würden meist etwa eine halbe Stunde dauern, Erstgespräche manchmal sogar über eine Stunde, doch schon eine solche Beratung pro Woche könne die Entwicklung voranbringen.

In den Apotheken in Wismar seien gravierende Wechselwirkungen und deutlich erhöhte Blutdruck- und Blutzuckerwerte gefunden worden. Etwa bei jedem fünften Patienten hätten sich Möglichkeiten zur Kostensenkung gezeigt. Jedes Gespräch diene der Compliance und Motivation, sei eine vertrauensbildende Maßnahme und verstärke die Kundenbindung. Dabei müssten die Apotheker lernen, durch die richtige Fragetechnik – insbesondere durch offene Fragen – ins Gespräch zu kommen und Probleme ausfindig zu machen.

In acht Apotheken in Wismar wurden bisher 144 Patienten im Sinne des Vertrages betreut, was im Verhältnis zur Zahl der Problempatienten durchaus relevant sei. Framm erwartet, in seiner Apotheke im nächsten Jahr etwa 90% der betreuungsbedürftigen Versicherten der BKK Dräger & Hanse mit diesem Service zu erreichen. Dies sei durchaus mit den Mitteln der Apotheken zu leisten. Doch müssten die Apotheker unbedingt aussagekräftige Zahlen präsentieren können, um ihre Leistungen glaubhaft zu machen. Als Einstieg sollten alle Telefonate dokumentiert werden. Die Beratungsgespräche seien als Leistungsnachweis ideal, weil sie überprüfbar sind. Die Krankenkassen könnten bei den Versicherten nachfragen und dabei die sehr gute Resonanz erkennen.

Neues Konzept für den Teststreifenmarkt

Ein spezielles Problem der Apotheken in Mecklenburg-Vorpommern ist ihr außergewöhnlich geringer Anteil am Markt für Blutzuckerteststreifen in Höhe von nur 49% im Vergleich zum Bundesdurchschnitt von etwa 75%. Nach Einschätzung von Pudimat wurden dabei jahrelang "Mondpreise" abgerechnet, sodass sich die Versender stark etabliert hätten. Daher bestehe ein großes Potenzial für Umsatzsteigerungen in diesem Markt, erläuterte Thomas Müller, Mitglied des Vorstandes des Apothekerverbandes Mecklenburg-Vorpommern. Er stellte ein Modell vor, bei dem die Apotheken den Krankenkassen eine Rückvergütung auf die Teststreifenpreise gewähren, die nach der prozentualen Umsatzsteigerung der Teststreifen in der jeweiligen Apotheke gestaffelt ist. Dies schaffe für die Krankenkassen einen Anreiz, die Versorgung zu den Apotheken zu lenken, sodass dieser Markt zurückgewonnen werden könne. Die anwesenden Mitglieder zeigten sich zu diesem Ansatz bereit, denn die Alternative wären niedrigere Preise für alle Anbieter, aber ohne Aussicht auf steigende Umsätze.

Beiträge weiterhin umsatzbezogen

Neben anderen Regularien stand die Beitragsordnung für 2005 auf der Tagesordnung der Mitgliederversammlung. Silvio Rose, Treuhand Hannover, Niederlassung Rostock, stellte mögliche Bezugsgrößen für die Beitragsbemessung vor. Demnach stehen Gewinngrößen, die die Leistungsfähigkeit darstellen, erst mit großer Verzögerung zur Verfügung. Die Packungszahl hat nur einen indirekten Bezug zur Leistungsfähigkeit und ist im OTC-Bereich schwer ermittelbar. Die Beschäftigtenzahl führt zu Abgrenzungsproblemen, und ein Pauschalbeitrag hat keine Beziehung zur Leistungsfähigkeit. Durch die neue Preisbildung sagt auch der Umsatz nur noch wenig über die Leistungsfähigkeit aus, ist aber immerhin einfach und schnell zu ermitteln.

In der Diskussion wurden auch kombinierte Bemessungsgrundlagen erwogen, aber das Argument der einfachen und gut nachvollziehbaren Ermittlung des Umsatzes fand das meiste Gehör. Gerechtigkeitsaspekte könnten gegen jedes Konzept angeführt werden und seien daher nicht zielführend. Daher wurde die bisherige Beitragsermittlung mit einem Beitrag von 0,1% des Nettoumsatzes und einem Maximalbeitrag von 3.067 Euro pro Jahr beibehalten. Im Jahr 2005 sollen nur neun Monatsbeiträge erhoben werden. Für Filialapotheken werden die gleichen Beiträge wie für Hauptapotheken fällig.

Der Vorstand wurde für das Jahr 2003 einstimmig entlastet. Renate Hessmann und PhR Peter Köhncke kandidierten nach sieben Jahren im Amt nicht mehr als Rechnungs- und Kassenprüfer und erhielten ein Präsent als Dank für ihren Einsatz.

Thomas Müller-Bohn

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