Pharmazeutisches Recht

Hessen: Weiterbildungsordnung der Landesapothekerkammer

Änderung der Weiterbildungsordnung der Landesapothekerkammer Hessen, Körperschaft des öffentlichen Rechts, vom 2. September 1996,

gemäß Beschluss der Delegiertenversammlung der Landesapothekerkammer Hessen vom 20. Juni 1996, genehmigt vom Hessischen Ministerium für Umwelt, Energie, Jugend, Familie und Gesundheit am 2. August 1996, veröffentlicht in der PZ-Nr. 38/1996, S. 3527 ff., zuletzt geändert durch Beschluss der Delegiertenversammlung der Landesapothekerkammer Hessen am 12. November 2003, genehmigt vom Hessischen Sozialministerium am 26. November 2003.

Die Weiterbildungsordnung der Landesapothekerkammer Hessen wird wie folgt geändert:

1. In § 2 Abs. 1 Nummer 1 der WBO werden die Wörter "Gebiet: Offizin-Pharmazie" durch die Wörter "Gebiet: Hausapotheke und Offizin-Pharmazie" ersetzt.

2. § 2 Abs. 2 der WBO wird wie folgt gefasst: "In den Bereichen "Gesundheitsberatung", "Lehrtätigkeit", "Ernährungsberatung" und "Homöopathie und Naturheilkunde" kann eine Weiterbildung zur Erlangung des Rechts auf Führung einer Zusatzbezeichnung erfolgen."

3. In § 4 Abs. 1 der WBO wird "(1)" gestrichen.

4. In § 4 Abs. 1 Nummer 1 der WBO werden die Wörter "Fachapotheker für Offizin-Pharmazie" durch die Wörter "Fachapotheker für Hausapotheke und Offizin-Pharmazie" ersetzt.

5. § 5 Abs. 2 der WBO entfällt.

6. Nach § 17 der WBO wird folgender § 18 eingefügt: "§ 18 Übergangsregelung für die Weiterbildungszeit für Fachapotheker für Hausapotheke und Offizin-Pharmazie (1) Apotheker, die am 01.01.2004 die Gebietsbezeichnung "Fachapotheker für Offizin-Pharmazie" führen dürfen, erhalten die Berechtigung zum Führen der Gebietsbezeichnung "Fachapotheker für Hausapotheke und Offizin-Pharmazie", wenn sie die Seminare des Teils Hausapotheke besuchen und bis zum 31.12.2006 diese Gebietsbezeichnung beantragen. (2) Apotheker, die sich am 01.01.2004 in der Weiterbildung zum "Fachapotheker für Offizin-Pharmazie" befinden, erhalten die Berechtigung zum Führen der Gebietsbezeichnung "Fachapotheker für Hausapotheke und Offizin-Pharmazie", wenn sie die für diese Gebietsbezeichnung vorgeschriebenen Seminare besuchen und die Prüfung für das Gebiet Hausapotheke und Offizin-Pharmazie ablegen. (3) Art und Umfang der zu besuchenden Seminare legt die Landesapothekerkammer Hessen fest."

7. § 18 der WBO wird zu § 19 der WBO.

8. Die Anlage zur Weiterbildungsordnung der Landesapothekerkammer Hessen wird wie folgt geändert: 1. Nach Ziffer 1. Gebiet Offizin-Pharmazie wird folgende Ziffer 1a. Gebiet Hausapotheke und Offizin-Pharmazie eingefügt: 1a. Gebiet Hausapotheke und Offizin-Pharmazie Hausapotheke und Offizin-Pharmazie umfasst die Inhalte des Gebiets 1 Offizin-Pharmazie (siehe 1. Gebiet Offizin-Pharmazie) und zusätzliche Inhalte, die zum Erreichen des Weiterbildungsziels erforderlich sind.

Hausapotheke bedeutet Einbeziehung des Apothekers in strukturierte Betreuungsprogramme im Sinne einer patientenorientierten individuellen Versorgung mit Arzneimitteln und Medizinprodukten, gegebenenfalls bis ans Krankenbett sofern keine apothekenrechtlichen Vorschriften entgegenstehen, sowie intensivierte Patientenschulung, die sich zusätzlich auf Gesundheitsvorsorgemaßnahmen erstreckt und darüber hinaus die aktive Kooperation mit anderen Leistungserbringern des Gesundheits- wesens.

Weiterbildungsziel:

zusätzlich zu den Zielen des Gebiets Offizin-Pharmazie Erweiterung und Vertiefung der Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten, insbesondere

– im verantwortlichen Durchführen eines Arzneimitteldossiers der verschriebenen Arzneimittel als auch der im Rahmen der Selbstmedikation erworbenen Arzneimittel des betreuten Patienten und in der Kontaktaufnahme mit dem behandelnden Arzt entsprechend der Einwilligungserklärung des Patienten; Das Arzneimitteldossier beinhaltet die chronologische Erfassung der gesamten Medikation und deren Überprüfung auf: mögliche Interaktionen, Nebenwirkungen, Kontraindikationen Risikofaktoren (bekannte Allergien o. ä.) Kumulation, Nichtgebrauch, Fehlgebrauch, Fehldosierung von Arzneimitteln

– im verantwortlichen Umgang mit Patientendaten

– in der adressatengerechten Vermittlung von Information über Arzneimittel und Medizinprodukte entsprechend den speziellen Bedürfnissen und Erfordernissen des in die Hausapotheke eingeschriebenen Patientenkreises.

Weiterbildungszeit und Durchführung:

Bei nichtselbständiger Tätigkeit 36 Monate und bei selbständiger Tätigkeit 72 Monate in einer öffentlichen Apotheke einschließlich des Besuchs der von der Kammer vorgeschriebenen Seminare sowie dem Erstellen einer Modellbeschreibung zum Thema der Pharmazeutischen Betreuung, vorzugsweise einer Patientengruppe, die als Kundenkreis des Hausapothekenmodells prädestiniert ist.

Anrechenbare Weiterbildungszeiten:

Es wird die volle Weiterbildungszeit in Offizin-Pharmazie angerechnet; bis zu 1/3 der Weiterbildungszeit in

– Klinischer Pharmazie

bis zu 1/6 der Weiterbildungszeit in

– Arzneimittelinformation

Apotheker ohne Gebietsbezeichnung können durch alleiniges Belegen der Zusatzseminare das Zertifikat "Hausapotheke" erwerben.

2. Nach Ziffer 7. Bereich Ernährungsberatung wird folgende Ziffer 8. Bereich Homöopathie und Naturheilkunde eingefügt:

8. Bereich Homöopathie und Naturheilkunde

Homöopathie und Naturheilkunde bedeutet eine spezielle Ausrichtung der Therapie. Der Begriff Naturheilkunde ist sehr wenig konkret und beinhaltet thematisch alle Ausrichtungen der komplementären Medizin, vor allem die Homöopathie, anthroposophische Therapieausrichtungen, sowie auch die Phytotherapie. Gegenstand des Weiterbildungsbereiches sind die Homöopathie und die Phytotherapie als wesentliche Pfeiler der Naturheilkunde.

Homöopathie:

Bei der homöopathischen Medizin ist die Ausgangssubstanz mineralischen oder pflanzlichen oder tierischen Ursprungs nur in Spuren (Verdünnung) oder in nicht mehr messbarer Konzentration vorhanden. Die Wirkung der homöopathischen Medizin ist dennoch unbestritten und findet dadurch ihre Anerkennung als eigenständiger Bereich in der Medizin.

Phytotherapie:

Die moderne naturwissenschaftlich begründete Phytotherapie unterscheidet sich von der überlieferten traditionellen Kräuterheilkunde wesentlich dadurch, dass sie sich nicht mit der unkritischen Weitergabe von Althergebrachtem begnügt, sondern bestrebt ist, die Indikationsansprüche durch kontrollierte pharmakologische und klinische Studien abzusichern.

Ein Charakteristikum gegenüber der "synthetisch-chemischen Einzelarzneistofftherapie" ist die Erfahrung, dass sich im "Vielstoffgemisch" einer Therapie mit Pflanzenextrakten die unterschiedlichen Wirkstoffe in ihrer "natürlichen" Zusammensetzung meist synergistisch beeinflussen, häufig im Sinne einer überadditiv-agonistischen Gesamtwirkung.

Das Interesse an Verfahren wie Homöopathie und Phytotherapie spiegelt ein zunehmendes selbstverantwortlich praktiziertes Gesundheitsbewusstsein der Bevölkerung wider.

Der Rat des Apothekers in seiner optionalen Funktion als "Gesundheitsmanager" – wird vor allem kontaktiert, wenn es:

– um so genannte Befindlichkeitsstörungen geht, oder – Erkrankungen vorwiegend psychosomatischer Symptomatik, – mit der reinen "Schulmedizin" nur unzureichend therapierbare krankhafte Zustände, unter vorrangiger Berücksichtigung chronischer Erkrankungen oder – bestimmte chronische Erkrankungen – deren Krankheitswert in der Gesellschaft nicht "anerkannt" wird – die jedoch mit einem hohen Leidensdruck beim Patienten einhergehen oder – adjuvante Therapie zusätzlich zu herkömmlichen Methoden oder – Therapie mit der Gruppe von Arzneimitteln, die von der Verordnungsfähigkeit ausgenommen sind und infolgedessen direkt und primär in der Apotheke als Anlaufstelle angefragt werden.

Der verantwortlichen Erfüllung dieser Aufgabe kann sich der Apotheker, nur nach Erlangen der hierzu nötigen erweiterten Fachkompetenz stellen.

Weiterbildungsziel: Erlangen von Kenntnissen, deren Erweiterung und Vertiefung insbesondere

– in den Grundlagen und Gesetzmäßigkeiten der Homöopathie, – im homöopathischen Arzneimittelbild, – in der Theorie des eigenständigen Therapieansatzes der Homöopathie, – in der homöopathischen Anamnese und Arzneimittelprüfung, – in den Prinzipien der "Arzneimittelfindung", – in der Bearbeitung einer Mindestzahl an Fallbeispielen mit dem Ziel selbständig Arzneimittelbilder und die entsprechend resultierende Therapie entwickeln und verstehen zu können, – in der Kenntnis wichtiger und gebräuchlicher Phytopharmaka und Homöopathika für den Gebrauch in der naturheilkundlichen Apotheke, – in der Beurteilung von Qualität, Indikationsanspruch und Risikopotenzial von Phytopharmaka an Hand der entsprechenden Produktspezifikation in Bezug auf die Kriterien der Kommission E bzw. der ESCOP, sowie im Allgemeinen der wirkstoffbezogenen Pharmakologie der Hauptwirkstoffe von in der Phytotherapie eingesetzten Drogen, – im Entwickeln von naturheilkundlichen Konzepten zum Einsatz und zur Umgestaltung einer Apotheke.

Weiterbildungszeit und Durchführung:

Der Besuch der von der Kammer zugelassenen Seminare ist nachzuweisen."

Die Änderungen treten zum 01.01.2004 in Kraft.

Ausgefertigt:

Frankfurt am Main, den 01. Dezember 2003

Landesapothekerkammer Hessen K. d. ö. R. gez. Dr. Gabriele Bojunga, Präsidentin

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