Arzneimittel und Therapie

Restless-Legs-Syndrom: Wenn Ruhe zur Qual wird

Oftmals klagen vom Restless-Legs-Syndrom Betroffene vor allem über ausgeprägte Schlafstörungen und Erschöpfungszustände. Die richtige Diagnose liegt für den Arzt daher nicht immer gleich auf der Hand. Dabei weist die Erkrankung eine typische Anamnese auf: quälende Missempfindungen in den Beinen und einen unbezwingbaren Bewegungsdrang in Ruhesituationen. Mit Dopamin-Agonisten lässt sich diese häufige neurologische Erkrankung inzwischen gut behandeln.

Trotz großer Müdigkeit zwingt die Symptomatik des Restless-Legs-Syndroms (RLS) die Patienten zum Aufstehen und Umhergehen. Nur so lässt sich das Reißen, Stechen, Ziehen oder Kribbeln in den Beinen vorübergehend lindern. Die Beschwerden treten fatalerweise am intensivsten in den späten Abendstunden und in der Nacht auf. Da-raus resultieren häufig schwere Schlafstörungen mit ausgeprägter Tagesmüdigkeit, Erschöpfung und depressiven Symptomen.

Todmüde und doch zwanghaft aktiv

Die unangenehmen sensiblen Störungen in den Extremitäten – Parästhesien, Dysästhesien, Kribbeln, Schmerzen – sind ein Hauptcharakteristikum des RLS. Meist wird ihre Lokalisation als "im Inneren" der Waden beschrieben, oft mit Ausstrahlung bis in die Oberschenkel.

Die Beschwerden können ein- oder beidseitig vorkommen. Sie treten ausschließlich in Ruhesituationen auf. Die Symptome folgen einer zirkadianen Rhythmik, die sich umgekehrt proportional zur Körpertemperatur verhält. Daher liegt das Intensionsmaximum am Abend und in der Nacht vor 3 Uhr. Gegen Morgen nehmen die Störungen ab.

Der allgemeine Bewegungsdrang, das Drehen und Wälzen im Bett, das Umhergehen, Reiben und Schütteln der Beine ist für die Patienten eine "zwingende" Maßnahme zur Erleichterung der Beschwerden.

In vielen Fällen kommt es bei RLS-Patienten im Schlaf zu periodischen Beinbewegungen – den periodic limb movements (PLM). Diesen liegen unwillkürliche Muskelkontraktionen von jeweils 0,5 bis 5 Sekunden Dauer zugrunde, die im Intervall von 5 bis 90 Sekunden über längere Phasen sehr regelmäßig auftreten. Die PLM führen zu unzähligen Aufwachphänomenen im EEG und zerstören so das Schlafprofil der Betroffenen.

Das Vorhandensein von periodischen Beinbewegungen zeigt aber nicht notwendigerweise ein Restless-Legs-Syndrom an; nur 30% der Personen mit PLM haben auch ein RLS. So können PLM monosymptomatisch ohne weitere Grundkrankheit oder in Verbindung mit anderen Erkrankungen wie Parkinson-Syndrom oder Schlaf-Apnoe auftreten.

Langsam progredienter Krankheitsverlauf

Das Restless-Legs-Syndrom ist eine der häufigsten neurologischen Erkrankungen. 5 bis 10% der Bevölkerung sind – in unterschiedlichem Ausmaß – davon betroffen. Mit dem Alter nimmt die Erkrankungshäufigkeit zu.

Man unterscheidet ein so genanntes idiopathisches Restless-Legs-Syndrom, bei dem sich keine auslösende Grundkrankheit finden lässt, und ein sekundäres oder symptomatisches RLS, das in Verbindung mit verschiedenen internistischen und neurologischen Erkrankungen auftreten kann, insbesondere Störungen der Nierenfunktion, rheumatologischen Erkrankungen, Störungen des Eisenstoffwechsels und Polyneuropathien.

Ein Zusammenhang mit einer Schwangerschaft ist ebenfalls häufig; dabei werden Prävalenzen von 11 bis 33% angegeben. Außerdem gibt es ein pharmakogen induziertes Restless-Legs-Syndrom, vor allem bei Einnahme Dopamin-antagonistischer Substanzen, z. B. klassischer oder auch atypischer Neuroleptika, tri- und tetrazyklischer Antidepressiva und Metoclopramid. Das sekundäre RLS lässt sich durch Behandlung des Grundleidens bessern (z. B. Eisensubstitution bei Eisenmangel).

Beim idiopathischen Restless-Legs-Syndrom ist der klinisch-neurologische Befund meist unauffällig. Bei 40 bis 60% scheint eine genetische Prädisposition vorzuliegen. Bei dieser familiären Form ist der durchschnittliche Erkrankungsbeginn früher als bei den übrigen Fällen (33 vs. 47 Jahre). Ein RLS kann sogar schon bei Kindern oder Jugendlichen auftreten. Meist wird es dann aber als Hyperaktivitätssyndrom verkannt.

Weil die Krankheit meist nur langsam progredient verläuft, ist eine Therapie aber oft erst Jahrzehnte nach Beginn der Symptomatik notwendig – meist dann, wenn den Patienten Schlafstörungen und Tagesmüdigkeit zu schaffen machen. Nur rund 1% der Patienten bedarf einer dauerhaften Behandlung.

Therapeutischer Ansatzpunkt: dopaminerges System

Da man pathophysiologisch inzwischen primär von Funktionsstörungen im nigrostriatalen dopaminergen System ausgeht, stellt die Gabe eines Dopaminergikums oder eines Dopamin-Agonisten die Therapie der ersten Wahl dar.

Levodopa ist in Kombination mit dem Dopa-Decarboxylasehemmer Benserazid in Deutschland derzeit die einzige zur Behandlung des Restless-Legs-Syndrom zugelassene Substanz (Restex®, Restex® retard). Ihre Wirksamkeit wurde in mehreren plazebokontrollierten Studien nachgewiesen. Levodopa wirkt schnell; bei vielen Patienten ist bereits nach wenigen Nächten eine befriedigende Symptomreduktion erreicht.

Die häufigste und schwerwiegendste Komplikation der Levodopa-Therapie ist eine Augmentation der Symptome. Dabei werden die Symptome trotz Medikamenteneinnahme stärker und treten schon zu einem früheren Zeitpunkt auf. Eine Dosiserhöhung mündet in einen Circulus vitiosus. In solchen Fällen empfiehlt sich der Wechsel zu einer anderen Substanzklasse.

Dopamin-Agonisten befinden sich beim Restless-Legs-Syndrom derzeit noch in der klinischen Prüfung. Für Pergolid konnte jedoch schon eine gute Wirksamkeit auf die Symptomatik nachgewiesen werden, die aufgrund seiner langen Halbwertszeit auch über die ganze Nacht anhält.

Positive Daten gibt es auch zu den Dopamin-Agonisten Lisurid, Dihydroergocriptin, Cabergolin sowie Ropinirol und Pramipexol. Dopamin-Agonisten können auch bei schwerer RLS-Symptomatik noch wirksam sein. Ihre Tolerierbarkeit ist jedoch im Allgemeinen geringer als die von L-Dopa. Eine neue Entwicklung ist die Pflasterapplikation. In einer Pilotstudie erwies sich ein Lisurid-Pflaster als wirksam und gut verträglich.

Sprechen die RLS-Symptome nur unzureichend auf L-Dopa oder Dopamin-Agonisten an, werden in zweiter Linie Opioide oder Benzodiazepine bzw. Gabapentin, Carbamazepin und Clonidin versucht. Für Gabapentin liegen kontrollierte Daten für eine gute Wirksamkeit und Verträglichkeit vor.

Tipps für Betroffene

Zur Unterstützung kann der Patient selbst einige Maßnahmen durchführen. So können kalte oder warme Fußbäder versucht werden. Manchmal hilft auch schon eine strenge Schlafhygiene. Außerdem scheint sich eine mäßige, aber regelmäßige körperliche Bewegung günstig auszuwirken.

Quellen

Symposium "Restless-Legs-Syndrom – Relevanz in der Schmerztherapie" im Rahmen des Deutschen Schmerzkongresses am 11. Oktober 2003 in Münster. Deutsche Gesellschaft für Neurologie: Restless-Legs-Syndrom (RLS) Leitlinien; 15. Mai 2002, (www.dgn.org). Sabolek, M., A. Storch: Das Restless-Legs-Syndrom: Klinik, Diagnose und Therapie. Nervenheilkunde 22, 390 – 396 (2003).

Oftmals klagen vom Restless-Legs-Syndrom Betroffene vor allem über ausgeprägte Schlafstörungen und Erschöpfungszustände. Die richtige Diagnose liegt für den Arzt daher nicht immer gleich auf der Hand. Dabei weist die Erkrankung eine typische Anamnese auf: quälende Missempfindungen in den Beinen und einen unbezwingbaren Bewegungsdrang in Ruhesituationen. Mit Dopamin-Agonisten lässt sich diese neurologische Erkrankung inzwischen gut behandeln.

Leitsymptome des Restless-Legs-Syndroms

  • Bewegungsdrang in den Beinen während des Liegens
  • Missempfindungen wie Kribbeln, Jucken, Reißen in den Gliedmaßen in Ruhe
  • Verstärkung der Beschwerden in Ruhe
  • Verstärkung der Beschwerden abends und nachts

Differenzialdiagnosen des Restless-Legs-Syndroms

  • Polyneuropathien (keine Besserung durch Bewegung), können aber assoziiert vorkommen
  • Schlafapnoe-Syndrom
  • nächtliche Wadenkrämpfe
  • Veneninsuffizienz (Hochlegen der Beine verbessert Symptomatik)
  • arterielle Verschlusskrankheit (besser durch Ruhe)
  • andere chronische Schmerzsyndrome
  • Insomnien

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