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Anti-Doping-Code nur Feigenblatt?

BONN (hb). Trübe Aussichten für die Doping-Bekämpfung vermittelte der gut besuchte 3. Internationale Sport-Recht-Kongress am 7./8. November 2003 in Bonn, der von der Europäischen Anwaltsvereinigung AVRIO und dem Bonner Anwalt Verein in Zusammenarbeit mit dem Bundesinstitut für Sportwissenschaft veranstaltet wurde. Im Mittelpunkt stand das Thema Doping. Es ging im Wesentlichen um die Fortschritte der Arbeit der Nationalen Anti Doping Agentur (NADA) und die möglichen Auswirkungen des neuen Anti-Doping-Codes.

NADA wird zu knapp gehalten

Nach den Ausführungen des Vorstandsmitglieds der NADA, Markus Hauptmann, tut sich die noch junge, oberste Instanz der Doping-Bekämpfung in Deutschland nach wie vor schwer. Ohnehin könne man, so Hauptmann, einem so globalen Phänomen wie dem Doping mit nationalen Instrumenten nicht ausreichend begegnen. Erschwerend komme hinzu, dass die finanzielle Ausstattung für das breitgefächerte Aufgabenspektrum bei weitem nicht ausreiche.

Glanz und Glorie – alles Täuschung?

Geradezu alarmierend gestalteten sich die Ausführungen des bekannten belgischen Sportanwalts Luc Misson, der seinerzeit das spektakuläre Bosman-Urteil beim EuGH erwirkt hatte. Für ihn ist der neue Anti-Doping-Code der Welt Anti Doping Agentur (WADA) nicht mehr als ein gigantisches Feigenblatt. Hart ging er mit internationalen Sportfunktionären und Doping-Fahndern ins Gericht. Laut Expertenmeinungen sei es unmöglich, so Misson, bei der Tour de France ohne Doping unter die 20 ersten Platzierungen zu kommen. Dennoch würden bei den Radprofis keine Dopingmittel gefunden. Außerdem gebe es Hinweise darauf, dass bei großen Wettkämpfen wie Olympischen Spielen Doping-Proben und Akten vernichtet worden seien, um Doping-Fälle zu vertuschen.

Misson schätzt, dass weltweit Dopingmittel für rund 8 Mrd. Euro "konsumiert" werden. Weiterhin mutmaßt der Sportrechtler, dass etwa 80% des weltweit produzierten EPO von Sportlern eingenommen werden. Viele Spitzensportler seien kranker als die Normalbevölkerung. Misson leitet hieraus eventuell auch eine Mitverantwortung der Pharmaindustrie für die aus seiner Sicht desolate Situation in der Doping-Bekämpfung ab.

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