Arzneimittel und Therapie

Neubewertung der Hyposensibilisierung: SIT auch bei allergischem Asthma bronchia

Die spezifische Immuntherapie (SIT) ist bei allergischer Rhinokonjunktivitis als kausale Therapie anerkannt. Nun wird sie auch bei mildem oder moderaten allergischem Asthma als ergänzendes antiinflammatorisches Standbein empfohlen Ų vorausgesetzt, das Allergen ist eindeutig diagnostiziert. Dann reduziert sie Asthmasymptome und spart Beta-2-Agonisten und inhalative Steroide ein.

Die spezifische Immuntherapie (SIT), auch als Hyposensibilisierung oder "Allergie-Impfung" bezeichnet, ist bei einer Insektengiftallergie die Therapie der Wahl. Ähnlich profitieren Patienten, die auf Pollen oder Milben mit einer allergischen Rhinokonjunktivitis reagieren. Auch hier ist SIT – neben der Allergenkarenz – der einzige kausale Therapieansatz.

Empfehlenswert ist ein frühzeitiger Therapiebeginn (Kinder ab dem fünften Lebensjahr möglich), möglichst bereits zum Zeitpunkt der Diagnosestellung. Denn: SIT kann den gefürchteten "Etagenwechsel" von der Nase zu den Bronchien verhindern.

Gezeigt wurde dieser präventive Effekt in der PAT (Preventive Allergy Treatment)-Studie, die knapp 200 Kinder zwischen sechs und 14 Jahren mit mittlerer bis schwerer allergischer Rhinitis auf Gräser- und/oder Birkenpollen untersuchte. Neben der üblichen antiallergischen Therapie erhielt ein Teil der kleinen Probanden zusätzlich eine spezifische Immuntherapie.

Drei Jahre nach Studienbeginn hatten bereits 44 Prozent der nur symptomatisch behandelten Kinder saisonale Asthmabeschwerden entwickelt. SIT-Kinder waren dagegen mit 24 Prozent signifikant weniger betroffen. Die Hyposensibilisierung konnte also die Entwicklung eines allergischen Asthmas nahezu bei jedem zweiten Kind verhindern.

Verbesserte Asthmasymptomatik nach SIT

Während der Stellenwert der SIT bei allergischer Rhinokonjunktivitis außer Frage steht, wurde sie zumindest bislang bei exogen-allergischem Asthma als mögliche Option nahezu ignoriert. Führende Pneumologen um Prof. Dr. A. Gillissen aus Leipzig haben nun gemeinsam Stellung bezogen und SIT bei allergischem Asthma aufgrund der aktuellen Datenlage neu bewertet.

Ihr Resümee: die spezifische Immuntherapie verbessert bei Patienten mit allergischem Asthma die Symptomatik und macht eine allmähliche Reduktion von Beta-2-Agonisten und inhalativen Steroiden möglich. Plazebokontrollierte Studien zeigen beispielsweise für Allergien gegen verschiedenste Pollen – Gräser, Roggen, Birke, Erle und Haselnuss – gute Ergebnisse.

So ging bei Asthmatikern mit Roggen- oder Gräserpollenallergie die Heuschnupfensymptomatik im Vergleich zu Plazebo um 49 Prozent zurück, die saisonalen Atemnotsymptome um 90 Prozent und der Medikamentenverbrauch um 80 Prozent.

Indiziert ist SIT bei Patienten mit allergischem Asthma gegen

  • Insektengift und Pollen,
  • Milben, sofern Maßnahmen zur Allergenkarenz nicht ausreichen,
  • Tierepithelien der Katze in Ausnahmefällen, wenn Allergenkarenz nicht möglich ist,
  • Schimmelpilze nur, wenn gut charakterisierte Allergenextrakte verfügbar sind.

Nur bei leichtem bis moderatem Asthma

Empfohlen wird SIT bei Patienten mit Asthma in den Stadien I und II (FEV1 über 70 Prozent des Sollwerts) zusätzlich zur üblichen Asthmatherapie nach Stufenplan. Außerdem gilt eine "qualifizierte Allergendiagnose" als unabdingbare Voraussetzung. Der Hauttest allein gibt nur einen Hinweis. Entscheidend ist das Ergebnis der nasalen Provokation gemeinsam mit der Anamnese. Nur so kann verhindert werden, dass Patienten umsonst behandelt werden.

Etablierte Applikationsform ist die subkutane Injektion. Als mukosale Therapie steht derzeit vor allem die sublinguale Gabe im Mittelpunkt des Interesses mit dem Ziel, unerwünschte systemische Wirkungen zu vermeiden. Bislang konnte jedoch nicht gezeigt werden, dass sie eben so gut oder besser ist. Zudem liegen zu Dosis, Behandlungsdauer, Wirkungsweise, Dauer des Therapieerfolgs und präventiver Wirksamkeit noch keine ausreichenden Daten vor.

Verbessert Prämedikation den Effekt?

Ganz ohne Risiken ist die Durchführung der SIT nicht. Die Prämedikation mit einem Antihistaminikum kann gefürchtete Nebenwirkungen verhindern. Die zusätzliche Gabe eines Leukotrienantagonisten zu einem H1-Blocker scheint insbesondere lokale Reaktionen weiter zu verbessern.

Nun lieferte eine Studie erste Hinweise darauf, dass die Prämedikation den Effekt der Immuntherapie möglicherweise sogar verbessert. Wurden Patienten mit Insektengiftallergie fünf bis zehn Jahre nach einer SIT mit dem Insekt provoziert, zeigte in der Prämedikationsgruppe kein Proband eine Reaktion, in der Plazebogruppe dagegen sechs von 21 Probanden eine milde Reaktion.

Diskutiert wird, dass Antihistaminika durch die Modulation von Interleukinen möglicherweise das immunologische Gleichgewicht in Richtung Th-1-Zellen verschieben. Um Nebenwirkungen zu vermeiden wird zudem empfohlen, 24 Stunden vor der Injektion eine histaminfreie Ernährung einzuhalten.

Quellen

Prof. Dr. A. Gillissen, Leipzig; Prof. Dr. B. Niggemann, Berlin: Pressegespräch "Neubewertung der spezifischen Immuntherapie in der Asthmabekämpfung", München, 28. März 2003, veranstaltet von der Alk-Scherax Arzneimittel GmbH, Hamburg. Gillissen, A. et al.: Die Bedeutung der spezifischen Immuntherapie bei allergischem Asthma bronchiale. Dtsch. Med. Wochenschr. 128, 204 – 209 (2003). Kleine-Tebbe, J. et al.: Spezifische Immuntherapie bei IgE-vermittelten allergischen Atemwegserkrankungen. Dtsch. Ärztebl. 6: A334 – A339 (2003).

Die spezifische Immuntherapie (SIT) ist bei allergischer Rhinokonjunktivitis als kausale Therapie anerkannt. Nun wird sie auch bei mildem oder moderatem allergischen Asthma als ergänzendes antiinflammatorisches Standbein empfohlen – vorausgesetzt, das Allergen ist eindeutig diagnostiziert. Dann reduziert sie Asthmasymptome und spart Beta-2-Agonisten und inhalative Steroide ein.

So wirkt SIT Ziel der spezifischen Immuntherapie (SIT) ist es, durch die Gabe steigender Dosen des Allergens die Entwicklung einer Allergentoleranz zu induzieren. Wird dies erreicht, gehen die Beschwerden zurück, Entzündung und Hyperreaktivität der Bronchien lassen nach. Wie dieser Prozess genau funktioniert, ist noch nicht ganz verstanden.

Es wird vermutet, dass die Toleranzentwicklung in Zusammenhang mit den Zytokinen Interleukin 10 und TGF-≠ steht, die von regulatorischen T-Lymphozyten freigesetzt werden und die allergische Entzündung "downregulieren". Zusätzlich kommt es langfristig zu einem Switch von der Th2- in Richtung Th1-Immunantwort. Dies geht einher mit geringerer zellulärer Aktivierung von Mastzellen und eosinophiler Granulozyten.

Relative Kontraindikationen der SIT Bei der Entscheidung für eine SIT müssen einige als relativ eingestufte Kontraindikationen berücksichtig werden:

  • Persistierendes bzw. unzureichend behandeltes Asthma und/oder irreversible Atemwegsobstruktionen (außer bei Insektengiftallergie)
  • kardiovaskuläre Erkrankungen mit erhöhtem Risiko von Nebenwirkungen nach Adrenalingabe (Ausnahme: Insektengiftallergie)
  • Behandlung mit Betablockern und/oder ACE-Hemmern
  • schwere Erkrankungen des Immunsystems
  • maligne Tumorerkrankungen
  • unzureichende Compliance
  • Schwangerschaft: kein Beginn der SIT während der Gravidität; bereits begonnene SIT kann fortgesetzt werden.

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