Arzneimittel und Therapie

Kardiovaskuläre Risikofaktoren: Hohes CRP sagt kardiovaskuläre Ereignisse vora

Welchen Vorhersagewert hat der Entzündungsmarker C-reaktives Protein (CRP) für ein erstes kardiovaskuläres Ereignis? Dieser Frage wurde in einer Analyse der Women’s Health Study nachgegangen. Der Vorhersagewert von CRP übertraf den des LDL-Cholesterols und war unabhängig von der Höhe des Framingham-Risikoscores.

Mit den bekannten kardiovaskulären Risikofaktoren lässt sich nur ein Teil der schweren Herz-Kreislauf-Ereignisse voraussagen. So weist nur etwa die Hälfte der KHK-Patienten eine Hypercholesterolämie auf. Daher geht die Suche nach kardiovaskulären Risikofaktoren weiter.

Ein Entzündungsmarker als Risikofaktor?

Besonderes Interesse gilt dem Entzündungsmarker C-reaktives Protein (CRP). In mehreren Fall-Kontroll-Studien, die in Kohortenstudien eingebettet waren ("nested case-control studies"), ging ein hoher CRP-Wert mit einem erhöhten Risiko für Herzinfarkt, Schlaganfall, periphere arterielle Erkrankung und plötzlichen Herztod einher.

Allerdings sind die Grenzwerte für eine CRP-Erhöhung nicht bekannt. Außerdem wurden CRP und LDL-Cholesterol nicht in Bezug auf ihren Vorhersagewert miteinander verglichen. Beides versuchte man in einer Analyse der Women`s Health Study, einer großen Kohortenstudie an gesunden Frauen ab 45 Jahren, nachzuholen.

Rund 28 000 Frauen acht Jahre lang beobachtet

In der noch nicht abgeschlossenen Women’s Health Study wird die Primärprävention kardiovaskulärer Ereignisse mit Acetylsalicylsäure und Vitamin E untersucht. Alle Teilnehmerinnen werden bis zum Auftreten eines ersten kardiovaskulären Ereignisses beobachtet.

Vor der Randomisierung wurde ihnen Blut abgenommen, um unter anderem CRP- und LDL-Cholesterol-Konzentration zu bestimmen. Die Bestimmung erfolgte im Blut von 27939 Frauen. Die Frauen wurden anschließend durchschnittlich acht Jahre lang auf das Auftreten eines Herzinfarktes, eines ischämischen Schlaganfalls, einer koronaren Revaskularisationsmaßnahme (koronarer Bypass oder Angioplastie) und eines kardiovaskulär bedingten Todes beobachtet.

Daraufhin wurde die Vorhersagekraft der CRP- und der LDL-Cholesterol-Konzentration für kardiovaskuläre Ereignisse in der Studienpopulation ermittelt.

Die Frauen waren im Mittel 55 Jahre alt. 44% bekamen zu Beginn eine Hormonersatztherapie. Zunächst wurde für die 15 745 Frauen ohne Hormonersatztherapie die Verteilung der CRP- und LDL-Cholesterol-Werte ermittelt. Die Studienpopulation wurde daraufhin nach der Höhe ihres CRP-Ausgangswerts in fünf gleich große Gruppen eingeteilt.

Das erste Fünftel wies einen CRP-Wert von maximal 0,49 mg/l auf, im zweiten Fünftel lag der Wert zwischen 0,49 und 1,08 mg/l, im dritten zwischen 1,08 und 2,09 mg/l, im vierten zwischen 2,09 und 4,19mg/l und im fünften über 4,19 mg/l. Analog wurde die Studienpopulation nach der Höhe ihres LDL-Cholesterol-Ausgangswerts in fünf gleich große Gruppen eingeteilt (< 97, 6 mg/dl; 97,6 – 115,4 mg/dl; 115,4 - 132,2 mg/dl; 132,2 – 153,9 mg/dl; > 153,9 mg/dl).

Lineare Beziehung

CRP und LDL-Cholesterol wiesen keinen engen Zusammenhang miteinander auf. Jeder Wert für sich genommen hatte jedoch eine lineare Beziehung zur Inzidenz eines ersten kardiovaskulären Ereignisses. Im Vergleich zum Fünftel mit den niedrigsten CRP-Wert betrug das relative Risiko eines kardiovaskulären Ereignisses im zweiten Fünftel 1,4, im dritten 1,6, im vierten 2,0 und im fünften 2,3.

Etwas weniger ausgeprägt war der Zusammenhang für LDL-Cholesterol: Im Vergleich zum Fünftel mit dem niedrigsten LDL-Cholesterol-Wert betrug das relative Risiko eines kardiovaskulären Risikos im zweiten Fünftel 0,9, im dritten 1,1, im vierten 1,3 und im fünften 1,5. Bei der Ermittlung des relativen Risikos wurden die Faktoren Alter, Rauchen, Diabetes mellitus, Blutdruckhöhe und Hormonersatztherapie berücksichtigt.

Auch für einzelne Komponenten des zusammengesetzten Endpunktes "erstes kardiovaskuläres Ereignis" (ischämischer Schlaganfall, koronare Herzkrankheit, kardiovaskulär bedingter Tod) hatte CRP einen größeren Vorhersagewert als LDL-Cholesterol. Der Vorhersagewert bestand für Anwenderinnen und für Nichtanwenderinnen einer Hormonsubstitution.

Unterschiedliche Risikogruppen identifizieren

CRP könnte einen großen zusätzlichen Nutzen als Vorhersagefaktor haben. Von den insgesamt 571 kardiovaskulären Ereignissen betrafen nämlich viele solche Frauen, die einen relativ niedrigen LDL-Cholesterol-Wert hatten: 77% Frauen mit einem LDL-Cholesterol unter 160 mg/dl und 46% Frauen mit einem LDL-Cholesterol unter 130 mg/dl. CRP und LDL-Cholesterol sind kaum miteinander korreliert. Die beiden Parameter helfen demnach unterschiedliche Hochrisikogruppen zu identifizieren.

Auch zusätzlich zum Framingham-Risikoscore (= Berechnung des 10-Jahres-Risikos basierend auf den bekannten Risikofaktoren) sowie zusätzlich zu einer LDL-Cholesterol-Einteilung (< 130 mg/dl, 130 bis 160 mg/dl und > 160 mg/dl) bleibt der CRP-Wert ein starker unabhängiger kardiovaskulärer Risikomarker.

Demnach hat CRP einen stärkeren Vorhersagewert in Bezug auf kardiovaskuläre Ereignisse als LDL-Cholesterol und gegenüber den im Framingham-Score zusammengefassten Risikofaktoren einen zusätzlichen prognostischen Wert.

C-reaktives Protein (CRP) ist eines der Akute-Phase-Proteine und ein Marker bakterieller Entzündungen, auch ein Marker niedriggradiger chronischer systemischer Entzündungen. Welchen Vorhersagewert hat der Entzündungsmarker CRP für ein erstes kardiovaskuläres Ereignis? Dieser Frage wurde in einer Analyse der Women's Health Study nachgegangen. Der Vorhersagewert von CRP übertraf den des LDL-Cholesterols. Die Studie hat möglicherweise Konsequenzen für die Prävention, Diagnose und Therapie kardiovaskulärer Erkrankungen.

Was ist C-reaktives Protein (CRP)? CRP ist eines der Akute-Phase-Proteine. Das sind Proteine, die in der Leber produziert werden, um das Eindringen von Fremdantigenen zu bekämpfen. CRP erhielt seinen Namen durch sein Bindungsvermögen am C-Polysaccharid der Zellwand von Streptococcus pneumoniae.

CRP ist ein Marker bakterieller Entzündungen, auch ein Marker niedriggradiger chronischer systemischer Entzündungen. Durch hochempfindliche Tests können auch leicht erhöhte CRP-Spiegel festgestellt werden.

Schlussfolgerungen und Fragen, die sich aus der Studie ergeben

  • Die Ergebnisse unterstützen die Entzündungshypothese für die Entstehung der koronaren Herzkrankheit.
  • Die Studie klärt die CRP-Verteilung in der Bevölkerung weiter auf.
  • Die Studie hat möglicherweise Konsequenzen für die Prävention, Diagnose und Therapie kardiovaskulärer Erkrankungen. Allerdings bleibt der klinische Nutzen des neuen Risikomarkers unklar.
  • Ist ein hoher CRP-Wert ein Marker, ein Verursacher oder eine Folge der koronaren Herzkrankheit? Sein Prognosewert muss in randomisierten Studien überprüft werden.
  • Wie kann man einen erhöhten CRP-Wert senken?
  • Profitieren Menschen mit niedrigem LDL-Cholesterol und hohem CRP von der Behandlung mit einem Statin?

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