Arzneimittel und Therapie

HIV-Infektion: Effektive Therapievereinfachung durch "once-daily"

Die Efavirenz-Produktpalette für die antiretrovirale Therapie der HIV-Infektion wird um die Sustiva® 600 mg Filmtablette für die einmal tägliche Gabe erweitert. Efavirenz gehört zur Klasse der nicht-nukleosidischen Reverse-Transkriptase-Hemmer und erwies sich in klinischen Studien als mindestens genauso wirksam wie Proteinaseinhibitoren und wirksamer als der nicht-nukleosidischen Reverse-Transkriptase-Inhibitor Nevirapin. Efavirenz muss nur einmal täglich abends genommen werden und trägt mit dieser vereinfachten Anwendungsmöglichkeit zum Erfolg einer antiretroviralen Therapie bei.

Gute Compliance ist wichtig für den Therapieerfolg

Als größtes Hindernis für eine erfolgreiche antiretrovirale Therapie (HAART) erweist sich immer wieder die Aufrechterhaltung der notwendigen Therapietreue oder Compliance, d.h. die konsequente Einnahme der Medikamente über einen langen Zeitraum. So ist eine Compliance von mehr als 95 Prozent notwendig, um bei 80 Prozent der Patienten die HI-Virusvermehrung effektiv zu hemmen. Werden hingegen die Medikamente nur unwesentlich unregelmäßiger eingenommen, wird zum Beispiel nur einmal eine Tagesdosis vergessen, steigt das Risiko eines Versagens der Therapie mit nachweisbarer HI-Viruslast im Blut bereits drastisch an.

Einnahme unabhängig von den Mahlzeiten möglich

Efavirenz wird nach einer oralen Aufnahmen gut resorbiert. Normale Mahlzeiten haben keinen Einfluss auf die Bioverfügbarkeit; durch besonders fettreiche Nahrungsmittel kann die Bioverfügbarkeit erhöht werden. Dies und die Möglichkeit der Einnahme einmal am Tag ermöglicht den Betroffenen ein relativ normales Leben. Zum einen ist dies sehr förderlich für die Compliance, zum andern besteht allerdings auch die Gefahr, dass zu leichtfertig mit der ärztlichen Verschreibung umgegangen wird.

Bei der antiretroviralen Therapie handelt es sich eben nicht um "normale" Medikamente, die auch mal vergessen werden und dann am nächsten Tag ohne nennenswerte Auswirkungen wieder nach Schema F eingenommen werden können, ohne dass ein Schaden bleibt. Die Patienten müssen immer auf eine exakte Einnahme achten, es muss immer dafür gesorgt sein, dass die benötigten Medikamente ausreichend zur Verfügung stehen, damit keine Unterbrechung in der Einnahme erfolgt.

Auch eine kurzzeitige Unterbrechung kann zu einem Anstieg der Viruslast führen. Die HI-Viren werden zunehmend unempfindlich gegen die verordneten Medikamente, durch mögliche Kreuzresistenzen gegen andere Substanzen werden auch spätere Therapiemöglichkeiten erheblich eingeengt und die Situation kann lebensbedrohlich werden.

Antiretroviral wirksame Medikamente kombinieren

Efavirenz gehört zur Klasse der nicht-nukleosidischen Reverse-Transkriptase-Hemmer (NNRTI). Diese binden an die reverse Transkriptase der Viren und hemmen damit die Virusvermehrung. Die reverse Transkriptase ist für die Umschreibung der Virus-RNA erforderlich. Ohne diesen Schritt erfolgt keine Produktion an Virusmaterial in den befallenen Wirtszellen und damit keine Virusvermehrung.

HI-Viren werden rasch resistent gegen antiretroviral wirksame Substanzen, wenn diese alleine zur Anwendung kommen. Daher darf Efavirenz nur in Kombination mit anderen antiretroviral wirksamen Medikamenten eingesetzt werden. Efavirenz ist zur Behandlung der HIV-1-Infektion bei Erwachsenen, Jugendlichen und Kindern ab drei Jahren im Rahmen einer Kombinationstherapie zugelassen.

Patienten vor Behandlungsbeginn über unerwünschten Wirkungen aufklären

Besonders am Beginn einer Behandlung mit Efavirenz können Benommenheit, verzögerte Reaktionsfähigkeit, Einschlafprobleme, Konzentrationsschwierigkeiten und ungewöhnlich lebhafte Träume einige Stunden nach der Einnahme auftreten. Daher wird empfohlen, Efavirenz vor dem Schlafengehen einzunehmen, da diese möglichen Nebenwirkungen dann meist weniger stark wahrgenommen werden.

Bei den meisten Patienten verschwinden oder bessern sich diese Nebenwirkungen nach einigen Wochen der regelmäßigen Einnahme von selbst. Eine der am häufigsten auftretenden Nebenwirkungen ist ein leichtes Exanthem, das allerdings in der Regel nach kurzer Zeit von selbst wieder verschwindet. Daneben könne Müdigkeit, Magenprobleme, Übelkeit und Durchfall auch bei der Einnahme in Kombination mit anderen Anti-HIV-Medikamenten auftreten. Diese Nebenwirkungen sind bekannt, treten vor allem bei Behandlungsbeginn auf und sind nach wenigen Wochen reversibel. Die Patienten sollten möglichst vor Behandlungsbeginn über die unerwünschten Wirkungen aufgeklärt werden, damit die Therapie nicht deshalb abgebrochen wird.

Neue Behandlungsstrategien durch veränderte Galenik

Eine der größten Herausforderungen in der HIV-Therapie ist die Erhaltung einer optimalen Compliance über lange Zeiträume. Therapievereinfachung und gute Verträglichkeit der eingesetzten Substanzen sind damit essenziell für einen lang anhaltenden Therapieerfolg. Nicht jedes der derzeitig eingesetzten Medikamente ist für die einmal tägliche Einnahme geeignet. Dennoch stehen inzwischen ausgezeichnete Optionen zur Verfügung, deren Zahl sich in naher Zukunft noch vergrößern wird.

Mit der Zulassung von Stavudine in verzögerter Freisetzung, die nach Angaben von Bristol-Myers Squibb in Kürze bevorsteht, wird sich das Spektrum der Kombinationsmöglichkeiten erweitern. Kombinationen wie d4T/3TC/EFV oder d4T/ddl/EFV stellen dann mit jeweils nur drei Tabletten am Abend gute Optionen auch für die Ersttherapie dar. Verglichen mit der herkömmlichen zwei mal täglichen Gabe gibt es Hinweise auf eine bessere Verträglichkeit von Stavudine in verzögerter Freisetzung. Nebenwirkungen auf den Magen-Darm-Trakt treten auch unter einer neuen Didanosin-Formulierung als Kapsel deutlich seltener auf als es unter der bisherigen Darreichungsform der Fall war.

Atazanavir: der erste Proteasehemmern zur einmal täglichen Gabe

Atazanavir (ATV) ist der erste und bisher einzige Proteaseinhibitor zur einmal täglichen Gabe. Die Substanz ist – wie Phase-II/III-Studien belegen – vergleichbar wirksam wie der Proteaseinhibitor Nelfinavir, jedoch besser verträglich und hat einen deutlich geringeren Einfluss auf die Blutfettwerte. Atazanavir hemmt als Proteaseinhibitor die Aktivität der HIV-Protease. Dieses Enzym "zerlegt" HIV-Proteinvorläuferstränge in fertige Proteine, die sich dann zu einem infektiösen HI-Virus zusammenfügen.

In vitro ist Atazanavir potenter als andere Proteaseinhibitoren. Zwischen den einzelnen Proteaseinhibitoren besteht eine weitgehende Kreuzresistenz; d.h. gegen Viren, die auf die eine Substanz unempfindlich geworden sind, nützen auch die anderen Medikamente dieser Substanzklasse nichts mehr, oder zumindest nicht mehr zuverlässig. Atazanavir zeigte dagegen bisher kaum Kreuzresistenzen mit den bisher zugelassenen Proteaseinhibitoren. Es hat einen deutlich geringeren Einfluss auf das Lipidprofil und führt seltener zu gastrointestinalen Nebenwirkungen als Nelfinavir bzw. Ritonavir.

Neue antiretrovirale Substanzklasse in Sicht?

Neben Neu- und Weiterentwicklungen innerhalb der Gruppe der Reverse-Transkriptase-Hemmer und der Proteaseinhibitoren kommt der Erforschung neuer Wirkprinzipien und Wirkstoffklassen große Bedeutung zu. Eine Angriffsmöglichkeit ist es, das Eindringen der HI-Viren in menschliche Zellen zu verhindern. Auf der Oberfläche von HI-Viren befinden sich Rezeptoren, die ein Andocken an die CD4-Rezeptoren, insbesondere von Helferzellen, nach einer Art Schlüssel-Schloss-Prinzip möglich machen.

Damit aber das HIVirus in eine Zelle eindringen kann, sind weitere Co-Rezeptoren notwendig, die erst die Verankerung und dann die Verschmelzung der HIV-Hülle mit der Zellmembran ermöglichen. So genannte HIV-Entry-Hemmer blockieren dafür erforderliche Glycoproteine und werden derzeit in klinischen Studie untersucht.

Kastentext: HIV-Medikamente zur einmal täglichen Einnahme

Inzwischen sind mehrere HIV-Medikamente zur einmal täglichen Einnahme zugelassen, deren Zahl sich in absehbarer Zeit noch vergrößern wird.

Handelsname / Zulassung für die einmal tägliche Einnahme / Tablettenzahl

Nukleosidische Reverse-Transkriptase-Inhibitoren (NRTI) - Didanosin (ddl): Videx® EC Kps. / ja / 1 - Lamivudin (3TC): Epivir® 300 / ja / 1 - Stavudine (d4T): Zerit® Retardkps. / 2003 erwartet / 1

Nukleotidanaloge Reverse-Transkriptase-Inhibitoren (NtRTI) - Tenofovir: Viread® / ja / 1

Nicht-nukleosidische Reverse-Transkriptase-Inhibitoren (NNRTI) - Efavirenz (EFV): Sustiva® 600 mg / ja / 1

Proteaseinhibitoren (PI) - Atazanavir (ATV): 2003 erwartet / 2 Amprenavir 1200 mg: Agenerase® + Norvir® / ja / 10 + Ritonavir (RTV) 200 mg

Quelle

Graeme Moyle, GB, Franco Maggiolo, I, Alian Lafeuillade, F, Jan van Lunzen, Hamburg, Elke Lauenroth-Mai, Berlin; "Engaging the future through power with simplicity" und " Update 2003: Perspektive Once Daily für eine bessere Aids-Therapie", 16. bis 21. November 2002, Glasgow, veranstaltet von der Bristol-Myers Squibb GmbH, München, im Rahmen des 6th International Congress in HIV Infection.

Die Efavirenz-Produktpalette für die Therapie der HIV-Infektion wird um die Sustiva 600 mg Filmtabletten für die einmal tägliche Gabe erweitert. Efavirenz gehört zur Klasse der nicht-nukleosidischen Reverse-Transkriptase-Hemmer und erwies sich in klinischen Studien als mindestens genauso wirksam wie Proteinaseinhibitoren. Efavirenz muss nur einmal täglich abends genommen werden und trägt mit dieser vereinfachten Anwendungsmöglichkeit zum Erfolg einer antiretroviralen Therapie bei

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