Arzneimittel und Therapie

Bronchialkarzinom: Gefitinib bei fortgeschrittenem Bronchialkarzinom zugelassen

Als erstes Land hat Japan Gefitinib (Iressa) zur Behandlung des inoperablen oder rezidivierenden nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinoms zugelassen, wie Astra Zeneca mitteilte. In fast allen soliden Tumoren, unter anderem auch im nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinom (NSCLC) ist der Epidermal Growth Factor Receptor (EGF-R) überaktiv und ist damit eine viel versprechende Zielstruktur. Das Chinazolin-Derivat Gefitinib hemmt diesen Wachstumsrezeptor, indem es effektiv und hoch selektiv die intrazelluläre Tyrosinkinase blockiert und so gezielt die unkontrollierte Zellproliferation hemmt.

Innovativer Therapieansatz bei soliden Tumoren

Mit den klassischen Chemotherapeutika fällt es schwer, bei einer akzeptablen Toxizität die Ansprechrate solider Tumoren und das Überleben der Patienten wesentlich zu verbessern. Es werden daher große Hoffnungen in molekularbiologische Krebsmittel gesetzt, die selektiv bestimmte in die Tumorprogression involvierte Signaltransduktionswege hemmen.

Als besonders aussichtsreiches Target gilt der in zahlreichen soliden Tumoren überexprimierte oder verstärkt aktivierte Epidermal Growth Factor (EGF)-Rezeptor und besonders die intrazelluläre Tyrosinkinase dieses Rezeptors. Die selektive Blockade des Enzyms mit kleinen, oral applizierbaren Molekülen wie Gefitinib kann die pathologisch verstärkten Wachstumssignale in das Zellinnere abschalten und damit das Tumorwachstum gezielt unterdrücken; dabei werden gleichzeitig die Apoptose verstärkt und die Angiogenese und Metastasierung gehemmt.

Hemmung der Tyrosinkinase im EGF-Rezeptor

Nach Bindung eines Liganden - z. B. des epidermalen Wachstumsfaktors EGF - an die extrazelluläre Rezeptordomäne dimerisieren die EGF-Rezeptoren, die in der Zellmembran lokalisiert sind. Dadurch wird in der zytoplasmatischen Rezeptordomäne eine Tyrosinkinase aktiviert. Diese Kinasen sind Enzyme, durch deren katalytische Wirkung Phosphatreste auf Tyrosin-Gruppen in bestimmten Proteinen übertragen werden.

Diese phosphorylierten Proteine fungieren dann als Überträger des Wachstumssignals innerhalb der Zelle. Erreicht das Wachstumssignal den Zellkern, wirkt sich das auf das Tumorwachstum aus. Als Enzym-Inhibitor chaltet Gefitinib spezifisch die Tyrosinkinase-Aktivität des EGF-Rezeptors aus, indem es an die ATP-Bindungsstelle der intrazellulären Rezeptordomäne bindet und somit Signalweiterleitung und die EGF-stimulierte Zellproliferation unterdrückt.

Schnelle und deutliche Verbesserung der Lebensqualität

Bei NSCLC-Patienten, die bereits eine intensive chemotherapeutische Vorbehandlung erhalten hatten, führte Gefitinib innerhalb kurzer Zeit bei mehr als 50% der Patienten zur Schrumpfung oder Stabilisierung der Tumoren und zur deutlichen Verbesserung der tumorbedingten Beschwerden. Dieser klinische Erfolg ist um so eindrucksvoller, da bei ca. 40% dieser Patienten eine signifikante Symptomverbesserung wenige Tage nach Beginn der Therapie mit Gefitinib auftritt.

Durch die rasche Symptomverbesserung erfahren die Patienten auch eine deutliche Verbesserung der Lebensqualität, was für diese Patientengruppe mit der kurzen Überlebenszeit besonders zum Tragen kommt. Begünstigt wird dies noch durch die gute Verträglichkeit von Gefitinib. Die häufigsten Nebenwirkungen waren ein leichter akneähnlicher Hautausschlag und Diarrhö.

Die gute Verträglichkeit dürfte neben der schnellen Besserung der tumorbedingten Symptome und dem einfachen Therapieschema (Einnahme einmal täglich) ganz wesentlich dazu beigetragen haben, dass sich in den Studien unter Gefitinib auch die Lebensqualität bei vielen Patienten deutlich besserte.

Gutes Nutzen-Risiko-Profil bei soliden Tumoren

Klinisch geht die selektive Blockade des epidermalen Wachstumsfaktor-Rezeptors durch Gefitinib mit einer hohen Tumorkontrollrate bei verschiedenen soliden Tumoren einher. Viel versprechende Daten liegen bereits zum nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinom (NSCLC), Kopf-Hals-Tumoren, Kolorektalkarzinom, hormonrefraktären Prostatakarzinom sowie Mamma- und Ovarialkarzinom vor.

Wie aufgrund des selektiven Wirkungsmechanismus zu erwarten, verursachte Gefitinib in den entsprechenden Studien weder hämatologische noch neurotoxische, kardiotoxische oder nephrotoxische Wirkungen. Die unerwünschten Wirkungen wurden als mild bis moderat eingestuft; dies ist besonders beachtenswert, da die üblichen Therapiestandards beim NSCLC gravierende Nebenwirkungen verursachen.

Monotherapie bei vorbehandelten Patienten mit Bronchialkarzinom

In den beiden Phase-II-Studien IDEAL 1 und 2 (Iressa Dose Evaluation in Advanced Lung Cancer) wurde die Monotherapie mit Gefitinib bei Patienten mit lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem nicht-kleinzelligen Lungenkarzinom untersucht, das nach vorausgegangener Chemotherapie progredient war.

In IDEAL 1 hatten die Patienten zuvor ein oder zwei Chemotherapien erhalten, darunter mindestens ein platinhaltiges Regime. Die Patienten in IDEAL 2 waren noch stärker vorbehandelt: Hier war das rezidivierende nicht-kleinzellige Bronchialkarzinom nach zwei oder mehr Chemotherapien mit Platin und Docetaxel progredient. Während in dieser Studie alle Patienten unter tumorbezogenen Symptomen litten, war dies in IDEAL 1 kein Einschlusskriterium; allerdings waren auch hier 65% der Patienten symptomatisch.

Auch stark vorbehandelte Patienten profitieren

Die kontinuierliche Einnahme von Gefitinib (einmal täglich 250 mg) stoppte den Tumorprogress bei durchschnittlich jedem zweiten der überwiegend stark vorbehandelten Patienten:

  • In IDEAL 1 (Second- und Third-line-Therapie) betrug die Remissionsrate durchschnittlich 18,4%, die Tumorkontrollrate (Remission + Stabilisierung über mehr als 4 Wochen) im Durchschnitt 54,4%.
  • In IDEAL 2 (Third-line- und weitere Therapien) wurde eine objektive Responserate von 11,8% festgestellt, bei 42,8% der Patienten konnte das Tumorwachstum längerfristig kontrolliert werden.

Verglichen mit den Daten aus vorangegangenen Studien, die für die Second-line-Therapie des nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinoms Remissionsraten von 16,3% und für die Third-line-Behandlung Ansprechraten von nur noch 2,3% zeigen, sind die unter Gefitinib dokumentierten Ergebnisse äußerst ermutigend.

Günstiges Nebenwirkungsprofil und Verbesserung der Lebensqualität

Ein weiterer Vorteil des EGF-R-Hemmers ist die schnelle Besserung der Symptome und die Korrelation dieses Parameters mit dem Überleben der Patienten. In beiden Studien besserten sich bei etwa 40% der meist stark vorbehandelten Patienten die tumorbedingten Symptome deutlich, und zwar überwiegend bereits innerhalb der ersten beiden Behandlungswochen. Patienten mit einer Verbesserung der Symptomatik lebten in beiden Studien signifikant länger als solche ohne Symptomverbesserung.

In IDEAL 2 überlebten Patienten mit symptomatischer Verbesserung länger (8,1 Monate) als solche ohne symptomatische Verbesserung (3,7 Monate). In beiden IDEAL-Studien mit überwiegend stark vorbehandelten Patienten im fortgeschrittenen Krankheitsstadium war die kontinuierliche Einnahme von einmal täglich 250 mg Gefitinib gut verträglich.

Kastentext: Wachstumsfaktoren in der Tumortherapie

Wachstumsfaktoren sind Proteine, die die Zellproliferation und Differenzierung durch eine Bindung an spezifische Rezeptoren fördern. Dieser physiologische Prozess ist in zahlreichen maligne entarteten Geweben derart verstärkt, dass die Proliferation in hohem Maße ansteigt. Darüber hinaus werden durch verschiedene Wachstumsfaktoren Apoptose-Signale unterdrückt, die Angiogenese angeregt und die Metastasierung gefördert.

Zu diesen Wachstumsfaktoren gehören unter anderem EGF (epidermal growth factor), der epidermale Wachstumsfaktor, NGF (nerve growth factor), der Nerven-Wachstumsfaktor und hämatopoetische Wachstumsfaktoren wie z. B. CSF (colony stimulating factor). In der Regel wirken die Wachstumsfaktoren spezifisch auf einen bestimmten Zell- oder Gewebetyp, der einen entsprechenden Rezeptor auf der Zelloberfläche zum Andocken des Zytokins anbietet.

Aufgrund molekularbiologischer Erkenntnisse verfolgt man seit einiger Zeit verschiedene Strategien, die Signaltransduktion im Bereich dieser Zellmembran-ständigen Rezeptoren zu hemmen. Im klinischen Einsatz bei Mammakarzinomen bewährt sich bereits seit einiger Zeit der monoklonale Antikörper Trastuzumab (Herceptin®), der die Aktivierung von HER2/neu, einem epidermalen Wachstumsfaktor-Rezeptor unterbindet.

Als erstes Land hat Japan Gefitinib (Iressa) zur Behandlung des inoperablen oder rezidivierenden nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinoms zugelassen, wie Astra Zeneca mitteilte. In fast allen soliden Tumoren, unter anderem auch im nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinom (NSCLC) ist der Epidermal Growth Factor Receptor EGF-R) überaktiv und ist damit eine viel versprechende Zielstruktur. Das Chinazolin-Derivat Gefitinib hemmt diesen Wachstumsrezeptor, indem es effektiv und hoch selektiv die intrazelluläre Tyrosinkinase blockiert und so gezielt die unkontrollierte Zellproliferation hemmt.

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