Reisemedizin

W. SchlemmerReisemedizin 2002 – Vorbeugung geg

Etwa die Hälfte aller Tropenreisenden haben in irgendeiner Form Gesundheitsprobleme während der Reise, fühlen sich krank oder nehmen Arzneimittel ein. Etwa 10% der Tropenreisenden suchen deshalb während oder nach der Reise einen Arzt auf, 8% sind bettlägerig und etwa 3% sind nach der Rückkehr arbeitsunfähig. Einen Krankenhausaufenthalt während der Reise haben 0,3% der Tropenreisenden zu erwarten. Mindestens 50 Deutsche sterben jährlich während eines Tropenaufenthaltes. Zu dieser Thematik führten die Abteilung für Infektions- und Tropenmedizin des Klinikums der Universität München und der Arbeitskreis Tropenmedizin München am 15. Mai 2002 zum achten Mal eine Fortbildungsveranstaltung in München durch.

HIV/AIDS: Wann gibt es eine Impfung?

Im Augenblick sind weltweit 40 Millionen Menschen mit HIV infiziert. Allein in den letzten zwei Jahren haben sich 12 Millionen Kinder, Frauen und Männer neu infiziert. Das sind 14 000 Menschen pro Tag. In Europa betrug die Zahl der Neuinfektionen 30 000 im Jahr 2001. In Deutschland wird die Zahl laut Robert-Koch-Institut auf 2000 jährlich geschätzt.

Zu Beginn der HIV-Epidemie dachte man, ein wirksamer HIV-Impfstoff wäre eine Frage von wenigen Jahren. Nach nun schon gut 20 Jahren ist noch immer kein Impfstoff direkt verfügbar. Die ursprüngliche Idee, einen attenuierten Lebend- oder Totimpfstoff herzustellen (wie für Polio oder Gelbfieber erfolgreich durchgeführt), erwies sich als technisch nicht praktikabel. Es kann bis heute nicht sichergestellt werden, dass das Virus sicher attenuiert oder abgetötet ist, aber zugleich noch seine charakteristische Oberflächenstruktur beibehält.

Aus den oben genannten Gründen wurden in den letzten zehn Jahren hauptsächlich gentechnologisch hergestellte Impfstoffe entwickelt und erprobt. Diese Impfstoffe der "ersten Generation" sind rekombinante Glykoproteinimpfstoffe, wie sie heute in vielen anderen Impfstoffen, wie z. B. bei Hepatitis A und B, verwendet werden.

Bei den Glykoproteinimpfstoffen wird dem Probanden ein künstlich hergestelltes Oberflächenprotein gp120 injiziert. In klinischen Studien der Phasen I und II konnte eine antikörperbildende Immunantwort bei 13 bis 100% der Probanden festgestellt werden. Die Firma VaxGen testet (Phase-III-Versuch) einen gp120-Impfstoff seit 1998 an 6000 Freiwilligen aus den USA und 12 000 aus Thailand. Erste Ergebnisse werden Anfang 2003 erwartet.

Da Forschungen an Affen ergeben haben, dass eine Immunantwort, die vorwiegend aus Antikörpern besteht (wie sie bei Impfstoffen der ersten Generation induziert werden), wahrscheinlich keinen ausreichenden Schutz bieten würde, konzentriert sich die Forschung in letzter Zeit auf Impfstoffe, die eine zelluläre Immunantwort durch Killerzellen induzieren. Diese "zweite Generation" von Impfstoffen besteht aus einem Vektor (entweder ein harmloses Virus oder Bakterien), in den Erbinformationen von HIV eingeschleust wurden.

Im Sommer dieses Jahres wird eine Phase-III-Studie in Thailand an 15 000 Freiwilligen begonnen. Erste Ergebnisse dieses Versuches mit Canary-Pox werden in ca. vier Jahren zu erwarten sein. Die Kosten hierfür betragen 60 Million US-Dollar. Andere Vektorsysteme werden in Phase-I- und -II-Studien in den USA, Europa sowie in Afrika getestet.

Das Tropeninstitut der Universität München ist die einzige deutsche Institution, die in großem Stil HIV-Impfstoffversuche in Afrika, wo 70% aller Infektionen stattfinden, vorbereitet. Mit finanzieller Unterstützung der Europäischen Kommission und des US Military HIV Programme (seit 1995 ca. 5 Millionen Euro) wurde in Mbeya, Tansania eine der modernsten HIV-Forschungsstationen in Afrika aufgebaut.

Zurzeit werden 2 Kohorten (600 Prostituierte und 3000 aus der Allgemeinbevölkerung) in einer Langzeitstudie beobachtet, um die HIV-Prävalenz, die Zahl der Neuinfektionen sowie die Bereitschaft, an HIV-Impfstoffversuchen teilzunehmen, zu erkunden. Außerdem wird an Patienten, die sich trotz massiver Exposition nicht mit HIV infizieren, nach Korrelaten protektiver Immunität geforscht.

In Zusammenarbeit mit dem Karolinska Institut, Stockholm, ist das Münchner Tropeninstitut an einem Phase-I-und-II-HIV-Impfstoffversuch in Dar-es-Salaam, Tansania beteiligt, der im Sommer 2003 starten soll. Ab 2004 wird das Tropeninstitut für das US Military HIV Programme Impfstoffe in Tansania erproben. Gespräche über weitere Impfstoffkooperationen werden derzeit mit akademischen und industriellen Partnern in Europa geführt.

Meningokokken-Infektionen in Europa

Meningokokken spielen weltweit eine führende Rolle als Ursache bakterieller Meningitiden. Betroffen von der Erkrankung sind überwiegend Kleinkinder und Jugendliche. Während im nordafrikanischen Meningitis-Gürtel invasive Meningokokken-Infektionen in Abständen von 5 bis 7 Jahren epidemisch auftreten, sind Epidemien in Europa selten. Zu den Ländern mit einer hohen Inzidenz an Meningokokken-Infektionen zählen die Niederlande, Großbritannien, Irland und Spanien (> 3 : 100 000); Deutschland gehört aktuell zu den Ländern mit geringer Inzidenz (< 1 : 100 000).

In einigen, an Deutschland angrenzenden Ländern, wie in den Niederlanden, der Schweiz oder der Tschechischen Republik, waren in den letzten Jahren signifikante Zunahmen der Inzidenz zu verzeichnen. Dies war jeweils zurückzuführen auf eine Zunahme von Infektionen mit Meningokokken der Serogruppe C.

Die Epidemiologie der Meningokokken-Erkrankung in Europa wird auch durch weltweite Entwicklungen und die Mobilität der Bevölkerung nachhaltig beeinflusst. Ein Beispiel hierfür liefert der Ausbruch von Meningokokken-W135-Erkrankungen bei Mekka-Pilgern im Jahr 2000. In mehreren europäischen Ländern waren bei Angehörigen von Mekka-Rückkehrern invasive Meningokokken-Erkrankungen aufgetreten, was zu einer deutlichen Zunahme des Anteils der Serogruppe W135 unter den invasiven Meningokokken geführt hatte.

Die Impfung in vielen Ursprungsländern der Pilger enthielt keinen Schutz gegen Erregertyp W135, schützte zwar bei den Geimpften vor einem akuten Ausbruch der Infektion, wurde aber durch Tröpfcheninfektion auf die ungeimpften Angehörigen übertragen. Um den epidemiologischen Wandel zu verstehen, ist eine europaweite Überwachung und sorgfältige serologische und molekulare Analyse der Meningokokken-Isolate erforderlich.

Durch molekulare Typisierungsverfahren, wie die Multilocus Sequenztypisierung (MLST), ist es in den letzten Jahren gelungen, für Europa 4 klonale Gruppierungen (ET-5, ET-37, Cluster A4, Linie III) zu beschreiben, die für nahezu alle Fälle invasiver Meningokokken-Infektionen verantwortlich sind.

Mit diesen Verfahren lassen sich nicht nur Änderungen in der Epidemiologie beschreiben, sondern auch Rückschlüsse auf die klinischen Verläufe der Infektionen ziehen, da einzelne klonale Linien bevorzugt mit meningitischen Symptomen, andere wiederum mit schweren septischen und mit hoher Letalität behafteten Krankheitsbildern korrelieren.

Dies wiederum ist Voraussetzung für die Etablierung von geeigneten Empfehlungen zur Prävention der invasiven Meningokokken-Infektion. Mit dem jetzt neu verfügbaren Meningokokken-C-Konjugat-Impfstoff (Mencevax Acwy) ist erstmals eine Vakzine verfügbar, die alle Altersgruppen mit hoher Effizienz vor Meningokokken-C-Infektionen schützen kann.

Verträglichkeit von Malariaprophylaxe-Arzneimitteln

In der Allmalpro-Studie, einer randomisierten, doppelblinden Studie, wurde die Verträglichkeit aller gängigen zur Malaria-Prophylaxe empfohlenen Medikamente überprüft. Insgesamt 634 (evaluierbare) gesunde Leute erhielten 17 Tage vor einer 1- bis 3-wöchigen Reise nach Afrika bis Tag 28 nach der Rückkehr in einer verblindeten Tablette entweder

  • Mefloquin (Lariam®),
  • Doxycyclin (Vibramycin®),
  • Atovaquon/Proguanil (Malarone®) oder
  • Chloroquin/Proguanil (Savarine®).

Bei der ersten, zweiten (Tag – 13 bis – 11) und bei einer dritten Visite (nach der Rückkehr) füllten die Reisenden jeweils einen Fragebogen aus. Der erste Fragebogen (Poms = position of mood status) erfasste in 65 Fragen die Gefühlslage der Probanden, wie Anspannung, Tatendrang, Müdigkeit, Ärger, Depression oder Verwirrtheit. Die Skala reichte von "überhaupt nicht" bis "extrem stark". In allen vier Erhebungen überwogen die positiven Gefühle, es zeigte sich kein Unterschied zwischen den vier Therapiearmen.

Der zweite Fragebogen fragte die Lebensqualität mit 13 Items und 6 Schweregraden ab. Der dritte und wichtigste Fragebogen, ein modifizierter Barret-Fragebogen, forschte nach allen bekannten Nebenwirkungen der Medikamente (Kopfschmerzen, Übelkeit, Erbrechen, Schlaflosigkeit, Anfälle u. a.).

Insgesamt zeigen die vorläufigen Ergebnisse, dass alle Therapieregime gut vertragen wurden. Es traten keine ernsthaften Nebenwirkungen auf, die einen Spitalaufenthalt nötig gemacht hätten. Es gab allerdings signifikante Unterschiede zwischen den Therapiearmen: Malarone und Doxycyclin schnitten am besten ab.Am wenigsten gut toleriert wurde Chloroquin/Proguanil, während Mefloquin im Mittelfeld rangierte.

Es muss allerdings festgehalten werden, dass die tatsächliche Verträglichkeit der Malariamittel nicht an die der Allmalpro-Studie heranreicht, denn zu dieser Studie wurden Probanden, die bereits Nebenwirkungen der untersuchten Arzneimittel beobachtet hatten, nicht zugelassen.

SIMPID – Überwachung eingeschleppter Infektionen

SIMPID (Surveillance importierter Infektionen in Deutschland) ist ein im Mai 2001 in Kooperation mit dem Robert-Koch-Institut ins Leben gerufenes, bundesweites Sentinel-Netzwerk. Ziel der Vernetzung ist die Überwachung importierter Infektionskrankheiten, der Austausch medizinischer und epidemiologischer Information und die Erschließung ausreichender Patientenzahlen für klinische und epidemiologische Forschung.

Als Meldezentren fungieren meldewillige und am gegenseitigen Informationsaustausch interessierte Kliniken, Praxen und Institutionen mit Kontakt zu erkrankten Tropenrückkehrern oder Immigranten im gesamten Bundesgebiet. Gemeinsame organisatorische, technische und personelle Strukturen mit dem europaweiten Netzwerk TropNetEurop erweitern die Vernetzung auf den europäischen Raum.

Zurzeit unterliegen sechs Meldediagnosen (Malaria, Schistosomiasis, Dengue-Fieber, Legionellose, Leishmaniosen und Rickettsiosen) einer systematischen Überwachung. Alle innerhalb des Netzwerks beobachteten Fälle dieser Erkrankungen werden mittels speziell entwickelter Software oder standardisierten Faxvorlagen an die SIMPID-Zentrale in München gemeldet, wo die gesammelten Daten zeitnah nach klinischen und epidemiologischen Fragestellungen ausgewertet werden. Regelmäßige Berichte informieren die Netzwerkmitglieder über die Ergebnisse der Auswertung.

Die Meldung außerhalb des eigentlichen Meldespektrums gelegener Infektionen erfolgt weniger formalisiert über die netzwerkeigene Mailingliste, die auch als Diskussionsforum und zur Verbreitung externer Information aus anderen Meldesystemen, wie z. B. aus TropNetEurop, GeoSentinel oder ProMed, genutzt wird.

Risiken und Prophylaxe von Reisethrombose und Reiseembolie

Die Reisethrombose ist heute ein notwendiger Bestandteil jeder reisemedizinischen Beratung. Ein Konsensuspapier deutscher, österreichischer und Schweizer Spezialisten aus dem Jahr 2001 definiert sie so: "Auftreten einer Thrombose des tiefen Venensystems der unteren Extremitäten (mit/ohne pulmonal-embolische/n Komplikationen) in zeitlichem Zusammenhang mit einer vielstündigen Reise in vorwiegend sitzender Position bei Personen, die bei Reiseantritt keinen Hinweis auf eine akute venöse Thrombembolie aufwiesen".

Ein ganz entscheidender Hinweis hieraus ist die Beschreibung der kritischen Körperhaltung: das Sitzen – die Reisethrombose ist eine "besondere" Form der Sitzthrombose. Schon 1940 hatte Simpson festgestellt, dass es bei längerem Sitzen in Bunkern häufiger zu Lungenembolien gekommen ist. Die Bezeichnung "economy class syndrom" ist nicht mehr zutreffend, da inzwischen auch in der business class Thrombosen und Embolien beobachtet wurden, weil diese vorwiegend von älteren und damit risikoreichen Personen benutzt wird.

Es bleibt aber festzuhalten, dass es in der Literatur bis heute keine einheitliche Aussage über einen eindeutigen Zusammenhang zwischen langen Reisezeiten und dem erhöhten Auftreten von thrombembolischen Ereignissen gibt.

Einer aktuellen französischen Studie zufolge erlitten 56 von 135,3 Millionen Flugpassagieren eine schwere Lungenembolie am Ende oder unmittelbar nach einem Flug. Dagegen scheinen thrombotische Veränderungen in den tiefen Beinvenen ohne Symptome nach langen Flugreisen doch häufiger zu sein. So wurden z. B. bei bis zu 10% (!) der Flugreisenden, die keine Vorsichtsmaßnahmen getroffen hatten, mit Hilfe von Ultraschalluntersuchungen entsprechende Veränderungen gefunden.

Das oben erwähnte Konsensuspapier ordnet die Reisenden verschiedenen Risikogruppen zu. Beispielsweise gehören Menschen, die in ihrer Krankengeschichte über eine frühere tiefe Beinvenenthrombose berichten, zur Gruppe 3 mit hohem Risiko.

Neben den Basismaßnahmen, die allen Reisenden empfohlen werden (z. B. Venengymnastik durch Wippen der Beine, viel trinken, regelmäßig Beine vertreten), und dem Tragen von speziellen Reise- oder Kompressionsstrümpfen, das Reisenden mit mittlerem Risiko angeraten wird, sollten Hochrisikoreisende zusätzlich medikamentös vorsorgen. Hier kommen in erster Linie niedermolekularen Heparine, die die Blutgerinnung hemmen, in Frage. Da sie Nebenwirkungen haben können, sollte der verordnende Arzt die Notwendigkeit genauestens prüfen und ggf. Kontrolluntersuchungen (z. B. Blutplättchenzahl) veranlassen.

Häufig wird in diesem Zusammenhang auch nach der Einnahme von Acetylsalicylsäure (ASS) als Alternativprophylaxe gefragt. Nach dem derzeitigen Kenntnisstand gibt es Hinweise, dass ASS wohl auch im venösen System eine gewisse thrombosehemmende Wirkung besitzt. Aber sicherheitshalber sollte bei Vorliegen eines hohen Thromboserisikos zur Gabe von niedermolekularen Heparinen geraten werden.

Gute oder gar bessere Alternativen der medikamentösen Prophylaxe sind bereits in Sicht und werden derzeit in großen klinischen Studien untersucht. Als vielversprechendste Kandidaten gelten die Pentasaccharide, die bei gleich guter oder gar besserer Wirkung ein deutlich niedrigeres Nebenwirkungspotenzial als die niedermolekularen Heparine aufzeigen. Der erste Vertreter dieser Gruppe ist gerade in Europa zugelassen worden. Es handelt sich um den Wirkstoff Fondaparinux-Na (Arixtra®)

Aktuelles zu Malaria und Reiseimpfungen Malaria

1040 Erkrankungen wurden 2001 in Deutschland registriert, darunter gab es sieben Todesfälle. Der überwiegende Teil der Erkrankungen wurde aus Afrika südlich der Sahara importiert. In Indonesien infizierten sich mehr als doppelt so viele Touristen wie im Jahr zuvor, vor allem auf den Inseln östlich von Bali; allein fünf kamen aus Lombok. Demgegenüber war das Risiko in der Dominikanischen Republik wieder rückläufig.

Bei der Vorbeugung haben die Schutzmaßnahmen gegen Stechmücken noch immer den höchsten Stellenwert. Sie sind billig und weitgehend risikofrei. Ihre Wirksamkeit liegt bei 90%; sie wird von vielen Reisenden noch immer unterschätzt und nicht ausreichend genutzt. Dort, wo das "Restrisiko" trotzdem noch zu hoch ist, wie z. B. im tropischen Afrika, wird eine vorbeugende Tabletteneinnahme empfohlen.

Hierfür wurde ein neues Mittel (Malarone®) zugelassen. Es kann derzeit bis 28 Tage lang eingenommen werden, es liegen noch keine Studien für längere Zeiträume vor, auch für Kinder ist es derzeit nicht zugelassen. Eine weitere Neuzulassung (Riamet®) ist nur für die Behandlung geeignet.

Im Juni 2001 hat die Deutsche Gesellschaft für Tropenmedizin und Internationale Gesundheit (DTG) ihre Empfehlungen zur Malariavorbeugung aktualisiert (s. Abb.). Die Richtlinien wurden gemeinsam mit der Schweizerischen Arbeitsgruppe für Reisemedizin (SAR) erarbeitet – ein erster Schritt, Unterschiede in den Empfehlungen auf europäischer Ebene abzubauen.

Impfungen

Zu den "Reiseimpfungen" zählen solche, die behördlich verlangt werden (Gelbfieber, gelegentlich Cholera), andere sind generell empfohlen (Tetanus, Diphtherie, Polio sowie für Reisen in südliche und östliche Länder Hepatitis A), eine Reihe von weiteren Impfungen dagegen nur bei entsprechendem Risiko (Hepatitis B, Typhus, Tollwut, Meningokokken-Infektionen, Japanische Enzephalitis, ggf. FSME). Kinder und ältere Menschen sollten für eine Reise alle Impfungen haben, die für sie auch hierzulande empfohlen sind (z. B. Masern, Grippe).

Die Gelbfieber-Impfung ist nicht nur eine Formalie für die Einreise, sie dient dem Schutz des Reisenden in endemischen Gebieten, auch wenn sie nicht verlangt wird. Im März dieses Jahres verstarb ein US-Tourist nach der Rückkehr aus Manaus, im November vorigen Jahres eine Belgierin nach einem einwöchigen Aufenthalt in Gambia – beide waren nicht geimpft. Das Risiko einer Erkrankung ist bei einer Exposition immer größer als das Impfrisiko!

Bei der Polio wurde die für das Jahr 2000 propagierte Ausrottung nicht erreicht. Fortschritte sind sichtbar, aber Ende 2001 zirkulierte das Wildvirus noch in zehn Ländern Afrikas und Asiens. Mutierte Impfviren bilden eine weitere Gefahr, wo noch Schluckimpfstoff verwandt wird, so im Vorjahr in Haiti, der Dominikanischen Republik und den Philippinen. Ein Impfschutz für Reisen wird daher auch weiterhin dringend empfohlen.

Die Hepatitis A, in unserem Land überwiegend reisekorreliert, ist – nach Einführung der Impfung 1993 – zahlenmäßig um zwei Drittel zurückgegangen und lag im letzten Jahr nur noch bei 2254 Erkrankungen. Zur Jahreswende gab es durch Abweichungen im Produktionsprozess Probleme mit zwei Impfstoffen; obwohl es sich nur um Einzelfälle handelte und kein Schaden für Impflinge entstanden war, wurden alle drei betroffenen Präparate vorerst vom Markt genommen.

Für Personen, die außerhalb der Risikogebiete leben, kann die Impfung gegen FSME zu einer Reiseimpfung werden. Seit März 2002 gibt es jetzt auch in Deutschland wieder einen Impfstoff für Kinder (1 – 3 Jahre). Vor allem in den USA wird eine Impfung gegen Milzbrand diskutiert und zum Teil auch praktiziert, deren ausreichende Wirksamkeit allerdings umstritten ist.

Obwohl die Pocken als natürliche Infektion auf der Welt seit 25 Jahren ausgerottet sind und die Pflichtimpfung in der Bundesrepublik 1975, in der DDR 1980 abgeschafft worden war, hat die Bundesregierung im Oktober vorigen Jahres 6 Mio. Impfdosen für 51 Mio. Euro eingekauft und gelagert.

Seltene Reiseimpfungen: Wann sind sie sinnvoll?

Japanische Enzephalitis Die japanische Enzephalitis ist eine in Asien häufig vorkommende Viruserkrankung, die zu einer Miterkrankung des zentralen Nervensystems (Enzephalitis) führen kann. Dies kann dann zu bleibenden Schäden (Lähmungen, Gehirnschädigungen etc.) oder sogar zum Tode führen. Sie wird von Mücken übertragen, welche auch tagaktiv sind und in der Nähe von Wasseransammlungen vermehrt auftreten. Eine spezifische medikamentöse Behandlung der Enzephalitis ist nicht möglich. Touristen wurden bisher nur in Einzelfällen betroffen.

Die Impfung durch einen importierten Totimpfstoff aus Japan ist möglich und wird in der Regel gut vertragen, es können aber allergische Reaktionen auftreten. Empfohlen wird diese Impfung vor allem Langzeitreisenden in ländliche Gegenden in Südost-Asien. Die Schutzrate beträgt nach der zweiten Impfung 80%. Als Nebenwirkung tritt bei 6 bis 20% eine allergische Reaktion auf, die bis zum Schock führen und sich bis sieben Tage nach Impfung ausbilden kann. Deshalb soll die letzte Impfung zehn Tage vor der Abreise erfolgen. Da der japanische Impfstoff in Deutschland nicht zugelassen ist, gibt es keine Entschädigung bei eventuellen Impfschäden.

Cholera Die Cholera ist eine seit dem Mittelalter gefürchtete Infektionskrankheit, die sich sehr rasch unter hygienisch schlechten Bedingungen (verseuchtes Wasser, Elendsviertel, Naturkatastrophen) verbreiten kann. Cholera kommt in vielen armen Ländern der Welt vor, Importe nach Europa sind selten. Die Krankheit kann durch Flüssigkeitsersatz und Antibiotika gut behandelt werden, wenn diese Medikamente rechtzeitig zur Verfügung stehen. Todesfälle können in medizinisch schlecht versorgten Gegenden vorkommen.

Die Impfung mit einem oralen Lebendimpfstoff und dem früheren Injektionstotimpfstoff wird von der WHO wegen unzuverlässigem Schutz nicht mehr empfohlen. Dagegen kann im Einzelfall (z. B. Mitarbeiter von Hilfsorganisationen bei Katastrophen) mit dem oralen Totimpfstoff Dukoral (Schutzrate 80 – 85%) geimpft werden. Eine Indikation zur Impfung ist auch eine erfolgte Magenresektion, da Hypochlorhydrie die Infektion begünstigt. Geeignete Hygienemaßnahmen können die Cholera dagegen zuverlässig verhindern, sodass Reisende kaum in Gefahr sind.

Tollwut Die Tollwut kommt in vielen Ländern der Dritten Welt vor und wird meist über Tierbisse (vorwiegend streunende Hunde und Füchse, aber auch Fledermäuse!) übertragen. In den letzten Jahren wurde in Deutschland kein Erkrankungsfall mehr gemeldet. Eine Therapie nach Ausbruch der Tollwut gibt es nicht, jede Erkrankung verläuft immer tödlich! Reisende sind durch Bisse von unbekannten Tieren in Endemiegebieten gefährdet, selbst das Ablecken kann bei einer Hautverletzung zur Infektion führen.

Zur Tollwutimpfung stehen uns heute mehrere gut verträgliche Impfstoffe zur Verfügung. Die Impfung kann sowohl präexpositionell (vorbeugend) als auch postexpositionell (nach einem Tierbiss) zuverlässig durchgeführt werden, allerdings steht der Impfstoff nicht in allen Ländern zur Verfügung. Empfohlen wird die vorbeugende Impfung allen Langzeitreisenden mit erhöhtem Risiko für Tierbisse. Nach einem Biss von einem unbekannten Tier muss die postexpositionelle Impfung so rasch wie möglich durchgeführt werden. Touristen sollten einen direkten Kontakt zu unbekannten Tieren meiden.

Kastentext: Reiselust in Zahlen

Die Reiselust der Deutschen ist ungebrochen: Von den 63,3 Mio. touristischen Reisen des Vorjahres führten 44,9 Mio. (70,8%) ins Ausland. 27,5 Mio. Reiseziele lagen in südlichen und östlichen Ländern, davon 4,6 Mio. in anderen Kontinenten, in denen mit einem erhöhten Gesundheitsrisiko zu rechnen ist.

Quelle

Nach Vorträgen von Dr. Michael Hölscher: München, Prof. Dr. Matthias Frosch, Würzburg; PD Dr. Tomas Jelinek, München; Dr. Jürgen Ringwald, Erlangen, Dr. Patricia Schlagenhauf, Zürich, Dr. Klaus J. Volkmer, Buchholz, Dr. Peter Hartmann, München.

Das Tropeninstitut der Universität München informierte auf einer Fortbildungsveranstaltung über Aktuelles bei der Entwicklung von Impfstoffen und Medikamenten gegen Krankheiten, die insbesondere in den Tropen verbreitet sind und bei den Reisenden häufig zu Gesundheitsproblemen führen. Auch Empfehlungen zur Prophylaxe der Reisethrombose wurden gegeben.

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