DAZ aktuell

Kein Verstoß gegen § 23 Apothekengesetz: Bundesgerichtshof kassiert Stange-U

KARLSRUHE (cr). Der Bundesgerichtshof (BGH) hat das Urteil des Landgerichts Bielefeld gegen den Mindener Apotheker Günter Stange aufgehoben. Die Bielefelder Richter hatten Stange im Oktober 2000 für schuldig befunden, eine illegale Apothekenkette aufgebaut und betrieben zu haben. Dafür wurde er zu einer Freiheitsstrafe von 12 Monaten auf Bewährung und einer Geldstrafe in Höhe von DM 180 000,— verurteilt. Mit seinem jetzigen Revisionsurteil (siehe AZ Nr. 18 vom 29. April) widerspricht der Bundesgerichtshof der Bielefelder Entscheidung: Stange habe keine so genannten Strohmannapotheken betrieben, so dass seine Verurteilung wegen Verstoßes gegen § 23 Apothekengesetz aufzuheben sei. Allerdings liegt es nach Auffassung der Karlsruher Richter nahe, dass der Mindener Apotheker auf rechtswidrige Art und Weise als Stiller Teilhaber an Geschäften von ihm abhängiger Apotheken partizipiert habe. Durch ein engmaschiges Netz verschiedenster Miet-, Leasing-, Marketing- und anderer Verträge hatte Stange insgesamt 12 Apotheken eng an sich gebunden.

Während der rund 11/2-stündigen Verhandlung wertete das Karlsruher Gericht Stanges Aktivitäten im Zusammenhang mit den 12 Apotheken als "unzulässige wirtschaftliche Einflussnahme". Nach § 8 Satz 2 ApoG sind nämlich "Beteiligungen an einer Apotheke in Form einer Stillen Gesellschaft und Vereinbarungen, bei denen die Vergütung für dem Erlaubnisinhaber gewährte Darlehen oder sonst überlassene Vermögenswerte am Umsatz oder am Gewinn der Apotheke ausgerichtet ist, insbesondere auch am Umsatz oder Gewinn ausgerichtete Mietverträge, unzulässig". Allerdings handelt es sich bei einem Verstoß gegen § 8 Satz 2 ApoG lediglich um eine Ordnungswidrigkeit, nicht um eine Straftat. Deshalb hob der Bundesgerichtshof das Urteil des Landgerichts Bielefeld auf und verwies das Verfahren zur neuerlichen Verhandlung an das für Ordnungswidrigkeiten zuständige Amtsgericht Minden.

Stange kein "Betreiber" der 12 Apotheken

Ein Verstoß gegen § 23 ApoG konnte dem Angeklagten nach Auffassung der Karlsruher Richter nicht nachgewiesen werden. Zwar seien die von Stange instruierten approbierten Apotheker nicht in allen apothekenrelevanten Entscheidungen frei gewesen; in ihre pharmazeutischen Kernaufgaben, d. h. Bestellung, Auswahl und Abgabe von Arzneimitteln, habe sich der Angeklagte jedoch nicht eingemischt. Deshalb könne der Mindener Apotheker auch nicht als "Betreiber" der 12 anderen Apotheken angesehen werden.

In ihrer mündlichen Urteilsbegründung betonten die Richter, dass mit ihrer Entscheidung keine Aussage zur Frage der verfassungs- und europarechtliche Zulässigkeit des Fremd- und Mehrbesitzverbotes verbunden sei. Da Stange nach Auffassung des Gerichts keine Apothekenkette betrieben hatte, bestand für das Gericht kein Anlass, hierzu Stellung zu nehmen. Wann das Gericht seine schriftlichen Begründung des Stange-Urteils veröffentlicht, ließ der 4. Strafsenat offen. Erfahrungsgemäß ist damit in sechs bis acht Wochen zu rechnen.

Stange: "Vorwürfe gegen mich haben sich als haltlos erwiesen"

Gegenüber der DAZ zeigte sich Stange über die Entscheidung des Bundesgerichtshofs erleichtert. "Die Vorwürfe der Berufsvertretung", so Stange, "haben sich in zentralen Punkten als haltlos erwiesen. Das BGH-Urteil stellt für mich einen zentralen Meilenstein dar. Mir wurde Schaden in Millionenhöhe zugefügt und ich wurde mit Kübeln von Dreck überschüttet. In den wesentlichen Punkten fühle ich mich rehabilitiert."

Eine – auch außergerichtliche – Gesamtlösung der zahlreichen anhängigen Verfahren im Zusammenhang mit seinem "Fall" schloss Stange nicht von vornherein aus – allerdings setze dies voraus, dass die ABDA auf ihn zukomme. Andernfalls müsse das anhängige Verfahren "mit allen Konsequenzen" bis zum Ende durchgefochten werden. Entsprechendes gelte für die von ihm in die Wege geleiteten Schadensersatzklagen gegen die ABDA.

Metzger: "Urteilsbegründung abwarten"

In einer kurzen Stellungnahme zum Stange-Urteil des Bundesgerichtshofs betonte der Präsident der Bundesapothekerkammer, Johannes M. Metzger, dass vor einer endgültigen Stellungnahme zunächst die schriftliche Urteilsbegründung des Gerichts abgewartet werden müsse. Zufrieden sei er damit, dass die Rechtmäßigkeit und der Bestand des apothekenrechtlichen Fremd- und Mehrbesitzverbots in dem Karlsruher Verfahren keine Rolle gespielt habe.

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