DAZ aktuell

Ex-ante erfüllt, und was dann? (Meinung)

Die 10. AMG-Novelle stellte den Pharmaherstellern eine Frist (31. Januar 2001) zum Nachreichen von Unterlagen im Nachzulassungsverfahren. Um die Nachzulassung von Arzneimitteln nicht zu einer unendlichen Geschichte werden zu lassen, hatte das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte verschiedene Vollzugsmaßnahmen angekündigt. So sollten beispielsweise die Ex-ante-Unterlagen bis zum 31. Januar in einer genau vorgeschriebenen elektronischen Form eingereicht werden, außerdem hat das Institut die Absicht geäußert, Nachzulassungsversagungen mit Sofortvollzug zu verbinden Ų Klagen der Hersteller hätten dann keine aufschiebende Wirkung mehr. Die mit Zulassungsfragen befasste Apothekerin Annette Eberz macht sich im folgenden Meinungsbeitrag aus Sicht der Industrie Gedanken zur mangelnden Partnerschaft zwischen Institut und Industrie.

Wahrscheinlich haben Sie sich die Frage "Ex-ante erfüllt, und was dann? erst in den letzen Tagen gestellt, nachdem für viele von Ihnen der ärgste Stress überwunden scheint. Herzlichen Glückwunsch dazu! Aber allzu sehr entspannen sollten Sie sich noch nicht, denn mit der Einreichung der Ex-ante-Unterlagen haben Sie allenfalls die formale Hürde für die Nachzulassung überwunden – ein Etappensieg, aber das Ziel ist noch nicht in Sicht.

Wenn es nach den Plänen der Behörde ginge, sollten bis dahin noch einige "Teilnehmer" disqualifiziert werden oder ausscheiden, sofern diese nicht bereits statt "ex-ante" zu erfüllen das freundliche Angebot des Verzichts auf die Nachzulassung wahrgenommen haben. Die Behörde hat ja auch zweifelsfrei klar gemacht, dass es nicht sein kann, sich durch Einreichung von "ex ante" länger "durchzumogeln" als durch den "ehrlichen" Verzicht. Im Jahre 2005 ist die Nachzulassung abgeschlossen, so hieß es vollmundig von Herrn Professor Schweim, noch wenige Wochen vor Weihnachten. Diese Aussagen lassen Schlimmes befürchten, der politische Druck auf das BfArM hat erheblich zugenommen.

Wenn man die Zahl der Gutachten zugrunde legt, die beim BfArM bzw. bei der Einlagerungsstelle in Leisnig eingegangen sind oder entsprechend den Hochrechnungen noch werden und dabei die klinischen Unterlagen und pharmakologischen Unterlagen als Teile 3 und 4 gänzlich unberücksichtigt lässt, kann von ca. 40.000 Gutachten ausgegangen werden. 20.000 klinische und dieselbe Zahl pharmakologischer Gutachten.

Selbst wenn alle Mitarbeiter des BfArM Schnelllesekurse abgewickelt hätten und diese Technik auch beherrschen würden, so kann man sich nicht vorstellen, dass ein Mitarbeiter mehr als zwei Gutachten pro Arbeitstag liest, bewertet, die fachliche Stellungnahme schreibt und den sonstigen bürokratischen Aufwand erledigt. Grob überschlagen würde 1 Mitarbeiter somit die Dauer eines Dornröschenschlafes, also 100 Jahre benötigen, um alle Gutachten lesen und zu bearbeiten. Bei 100 Mitarbeitern und gleiche Leistungsstärke vorausgesetzt, wäre dies allerdings schon in einem Jahr bewältigt!

So ähnlich muss die Rechnung des BfArM aussehen, wenn der angekündigte Zeitplan nicht ganz aus der Luft gegriffen sein soll. An dieser Rechnung lässt sich doch schon sehr deutlich ermitteln, wie die weitere Vorgehensweise im Amt aussehen wird: Im Internet (www.bfarm.de) unter Informationen aus dem Rechtsreferat finden Sie den geplanten Versagungsbescheid samt Begründung des Sofortvollzugs der Versagung. Das ist doch sehr nett vom BfArM, denn so wird Ihnen ermöglicht jetzt schon mit Ihren Rechtsberatern entsprechende Gegenmaßnahmen vorzubereiten.

Ich erwarte, dass anhand von Stoff-Indikationslisten die plausibelsten und die nach Ansicht der Behörde am wenigsten plausiblen Arzneimittel herausgefischt werden und in relativ kurzer Zeit Zulassungen mit Auflagen bzw. Versagungsbescheide herausgegeben werden. Damit wäre schon ein großer Anteil derjenigen Arzneimittel abgewickelt, deren Unterlagen sich im Archiv in Leisnig befinden. Dann bleibt da nun leider ein Sumpf, wo man wohl oder übel noch mal genauer hinschauen muss.

Nachzulassungsversagung am Fließband?

Wird uns das in den nächsten Monaten und Jahren begleiten? Treffen wird es all die Arzneimittel, die auch schon bei der Erstellung der Monographien leer ausgingen und auch bei der Benennung der Traditionsnummern große Probleme hatten: Kombinationen von mehreren arzneilich wirksamen Bestandteilen, Arzneimittel der Grenzgebiete und solche, deren Bestandteile mehreren therapeutischen Richtungen angehören.

Ein gefährlicher Weg für die Behörde, denn eines ist klar, die pharmazeutischen Unternehmer, die in den letzten Monaten viel Geld und Zeit in die Aufarbeitung ihrer klinischen Studien und des wissenschaftlichen Erkenntnismaterials ihrer Arzneimittel gesteckt haben, werden die Versagungsentscheidung" nicht schicksalsergeben hinnehmen, für viele dieser Arzneimittel wird es vor Gericht ein Wiedersehen mit dem Sachbearbeiter geben, der dann vielleicht zum ersten mal die Zeit haben wird bzw. haben muss!, nicht nur die Gutachten "quer zu lesen" sondern auch die dazugehörigen Studien einer gründlichen Prüfung zu unterziehen, wenn der Verwaltungsrichter nämlich die Plausibilität der Versagung überprüft. Nicht zuletzt aufgrund der neu ins Gesetz gekommenen Präklusionsregelung, wurde alles Erkenntnismaterial und sei es auch auf den ersten Blick auch nur am Rande von Bedeutung, auf die Reise geschickt.

Nur so kann auch meine Empfehlung sein, ein Versagungsbescheid ist noch lange nicht das "Aus", und auch ein Sofortvollzug kann mit Rechtsmitteln noch gestoppt werden. Prüfen Sie schnellstens mit Ihren Rechtsspezialisten alle formalen und inhaltlichen Aspekte, juristisch wie wissenschaftlich und wagen Sie dann den Schritt in das Klageverfahren.

Es mag sein, dass das BfArM die Nachzulassung in der angekündigten Zeit irgendwie vom Schreibtisch bekommt (was auch viele Optimisten bezweifeln), ein Abschluss für die Sachbearbeiter wird es noch lange nicht sein.

Apothekerin Annette Eberz, Hennef

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