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Erwartung der Industrie: Nachzulassung – Behörde am Zug

BONN (im). Zur Überraschung für die Fachwelt lag die Zahl der Anträge zur Nachzulassung nach dem Januar-Stichtag deutlich niedriger als zuvor geschätzt. Die pharmazeutische Industrie erwartet jetzt die zügige Beendigung durch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) in Bonn.

Da die Zulassungsbehörde selbst bis Ende 2005 den Abschluss der Nachzulassung prognostiziert hatte, müsste das Verfahren angesichts der jetzt bekannten sehr viel niedrigeren Zahl an Anträgen noch schneller beendet sein, vertraten Dr. Rose Schraitle und Dr. Mark Seidscheck vom Bundesfachverband der Arzneimittel-Hersteller (BAH) am 16. Mai vor Journalisten in Bonn.

Noch im Jahr 2000 war das BfArM von bis zu 20 000 Anträgen im Nachzulassungsstau ausgegangen, so Schraitle, Zulassungsexpertin des BAH. Tatsächlich lägen nach Information der Behörde jedoch 7300 Anträge vor. Dies sei die Bilanz nach dem 1. Februar dieses Jahres. Bis Ende Januar 2001 mussten die pharmazeutischen Unternehmen definitiv entschieden haben, ob sie für ihre Präparate die "normale" Nachzulassung oder die spezielle Nachzulassung als traditionelles Arzneimittel anstreben oder ganz darauf verzichten wollten. Dies war eine Neuregelung der zehnten Novelle des Arzneimittelgesetzes, die seit Juli 2000 gilt.

Ein weiterer Punkt darin war, dass die bisherige "2004-Regelung" (bei Verzicht auf Nachzulassung Verkehrsfähigkeit bis 2004) gestrichen wurde, das heißt, auch diese Präparate kamen wieder ins normale Nachzulassungsprozedere. Durch deren Rückkehr ins Verfahren ergab sich die Schätzung von rund 20 000 noch zu bearbeitender Präparate vor dem Januar-Stichtag.

Weniger Anträge

Erstaunen riefen beim BAH die anschließend veröffentlichten Zahlen des BfArM hervor, da nach diesen Angaben rund 7000 fiktive Zulassungen einfach versickert wären. Denn neben den 7300 eingereichten Anträgen auf Nachzulassung war bei 5200 Präparaten der Verzicht auf deren fiktive Zulassung bekannt, zusammen also das Schicksal bei 12 500 Präparaten (und nicht bei 20 000) absehbar. Nur zu einem Teil der etwa 7000 "verschwundenen" fiktiven Zulassungen wurde im Verband vermutet, dass die Hersteller diese nie genutzt, sondern nur in der Schublade liegen hatten. Für die Arzneimittel, deren Hersteller auf die fiktive Zulassung verzichteten, wird eine zweijährige Abverkaufsfrist eingeräumt, die voraussichtlich ab dem 1. Juli 2001 beginnt.

BfArM im Wort

Schraitle appellierte an das BfArM, die eigene Ankündigung der Nachzulassung im Konsens mit der Industrie jetzt einzulösen. Die Behörde solle die Anträge mit Augenmaß bearbeiten mit dem Ziel, erhaltenswerte Präparate durch das Verfahren zu bringen. Es gehe nicht an, Marktbereinigung um jeden Preis zu betreiben. Ob es zu einer Partnerschaft zwischen Behörde und Industrie kommt, die der Chef der Behörde, Professor Harald Schweim, öffentlich als Ziel ausgegeben hatte, wird in Herstellerkreisen bezweifelt. Hier wird die Auffassung vertreten, nach Leistung des Beitrags zur Entlastung der Behörde durch die Industrie sei nun das BfArM am Zug.

In diesem Zusammenhang wiederholte die Zulassungsexpertin des BAH die Kritik der Firmen an den restriktiven Maßnahmen zu Jahresbeginn, die im Widerspruch zur postulierten Partnerschaft stünden. Erst Ende letzten Jahres habe das BfArM Änderungen im Verfahren angekündigt und den Unternehmen nur eine vierwöchige Frist zur elektronischen Einreichung gelassen, welche verpflichtend vorgeschrieben wurde.

Dieser Zeitraum sei viel zu knapp gewesen, da einige Firmen die Unterlagen nur in schriftlicher Form vorliegen hatten, zunächst das spezielle Programm zur Einreichung oder externe Serviceunternehmen dazu organisieren mussten. Im großen Stil habe die Behörde damals Anträge der Firmen auf Befreiung von dieser Verpflichtung mit dem Hinweis auf externe Dienstleister abgewiesen. Das war "völlig überzogen", heißt es im BAH dazu, ebenso wie die Ankündigung der Behörde, Versagungen in der Nachzulassung sofort vollziehen zu wollen. Üblicherweise haben Hersteller nach Erhalt eines Versagungsbescheids die Möglichkeit zur Klage mit aufschiebender Wirkung, so die Information des BAH.

Der Verband hebt dagegen positiv das Vorgehen des Bundesinstituts für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin hervor, welches den Firmen beispielsweise bei Anträgen auf Verlängerung der Zulassung eine Frist bis Ende Dezember 2001 einräumte und dies rechtzeitig Anfang Januar dieses Jahres bekannt gab.

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