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Kritik am BfArM und an der 10. AMG-Novelle (BPI-Fachabteilung Selbstmedikation

FRANKFURT/MAIN (ral). Auf der Mitgliederversammlung der Fachabteilung Selbstmedikation des Bundesverbandes der Pharmazeutischen Industrie e. V. (BPI) sprach der Vorsitzende Christian Heller am 14. März 2001 über gesetzliche Änderungen und Bestrebungen der Regierung, die einen Einfluss auf die Situation der pharmazeutischen Industrie haben oder zumindest haben könnten.

Ex-ante-Unterlagen sind Belastung

Heller ging zunächst auf die 10. AMG-Novelle ein. Diese habe zu einer Verschärfung der Nachzulassungen seit dem Juli 2000 geführt, wobei insbesondere die Vorlagepflicht der so genannten "ex-ante-Unterlagen" eine erhebliche Belastung darstelle. Kritik übte Heller in diesem Zusammenhang am Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), das das Prozedere durch den Erlass einer Verordnung zur elektronischen Einreichung der ex-ante-Unterlagen zusätzlich erschwert habe. "Bezeichnenderweise war das BfArM selber bis Mitte Januar nicht in der Lage, zumindest den Eingang elektronisch zugesandter Unterlagen zu bestätigen. Um so mehr war es für die pharmazeutischen Unternehmer eine zusätzliche Erschwernis, dieser Einreichungsverordnung fristgemäß zu entsprechen."

Zahlen schwer nachvollziehbar

Trotz dieser Erschwernis sei es schlecht nachvollziehbar, dass nach Ablauf der ex-ante-Frist beim BfArM von lediglich 9000 eingereichten Nachzulassungsanträgen die Rede gewesen sei. Bis Ende letzten Jahres, so Heller, wäre noch von einem Nachzulassungsvolumen von ca. 19 000 Präparaten gesprochen worden. Ob es sich bei der Differenz von 10 000 Anträgen durchgängig um Schubladenprodukte der pharmazeutischen Industrie handele, die nicht weiter fortgeführt werden sollten, bleibe nun den weiteren statistischen Mitteilungen des BfArM vorbehalten.

Hinweis in Packungsbeilage ist diskriminierend

Weitere Kritik übte Heller an dem laut § 109 Abs. 1 AMG ab dem 1. August 2001 in die Packungsbeilage aufzunehmenden Hinweis "dass das Arzneimittel nach den gesetzlichen Übergangsvorschriften sich im Verkehr befindet, die behördliche Prüfung auf pharmazeutische Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit jedoch noch nicht abgeschlossen ist." Diese Kennzeichnung führe zu einer erheblichen Diskriminierung von Originalarzneimitteln. Der BPI verfolge daher rechtliche und politische Bestrebungen, den Text zu Fall zu bringen. Allerdings sei zu befürchten, dass aufgrund der wenigen verbleibenden Zeit eine gesetzliche Klarstellung nicht mehr erreicht werden könne.

Zugabe oder Werbegabe?

Auswirkungen auf die pharmazeutische Industrie hat laut Heller auch die im vergangenen Mai endgültig verabschiedete EG-Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr, die so genannte E-Commerce-Richtlinie. Im Zuge dieser Richtlinie solle sowohl die Rabattregelung als auch die Zugabeverordnung gestrichen werden. In dem Regierungsentwurf sei nunmehr eine Streichung in § 7 Heilmittelwerbegesetz (HWG) vorgesehen, der zufolge Werbegaben nicht mehr abgegeben werden dürfen, die als Zugabe zulässig wären. Dies, so Heller, würde jedoch nicht zu einer Erleichterung, sondern zu einer Verschärfung bei der Abgabe von Zugaben führen. Der BPI habe hierauf in einem Kommentar gegenüber dem Gesetzgeber hingewiesen.

Endgültige Gesetzesformulierung abwarten

Die Bundesregierung vertrete scheinbar die Auffassung, dass im Bereich der an die Öffentlichkeit gerichteten Heilmittelwerbung ein strengerer Maßstab anzulegen sei als im allgemeinen Werberecht.

Demgegenüber habe der Gesundheitsausschuss des Bundesrats kritisiert, dass in einem Gesetz, das Wettbewerbsnachteile deutscher Marktteilnehmer beseitigen soll, ausgerechnet der Arzneimittelsektor zusätzliche Nachteile hinnehmen müsse. Es bleibe nun abzuwarten, wie die endgültige Gesetzesformulierung zur Änderung des § 7 HWG lauten wird.

DocMorris verstößt gegen deutsches Recht

Noch gravierender als auf das Rabattgesetz und die Zugabeverordnung wirke sich die E-Commerce-Richtlinie jedoch auf den Versandhandel von Arzneimitteln aus. Zwar nehme die Richtlinie keinen direkten Einfluss auf die rechtlichen Anforderungen der Mitgliedstaaten in Bezug auf die Lieferung oder Beförderung von Waren, allerdings sehe sie außerdem das Herkunftslandprinzip vor, nach dem der Anbieter lediglich dem Rechtssystem unterworfen wird, in dem er niedergelassen ist. Das Problem, dass nationale Verbotsschriften im internationalen Raum schlecht oder überhaupt nicht durchsetzbar sind, werde durch die Richtlinie nicht gelöst. Diese Erfahrung werde auch durch die unterschiedlichen Gerichtsentscheidungen zur Internetapotheke DocMorris bestätigt. Heller betonte, er persönlich teile die Auffassung des Landgerichts Frankfurt, nach der es sich bei der Tätigkeit von DocMorris um einen Verstoß gegen das Arzneimittelgesetz und das Heilmittelwerbegesetz handelt. Es bleibe nun abzuwarten, wie die Rechtsmittelverfahren ausgehen.

Erfreuliches zum Schluss

Nach der vorausgegangenen Kritik nannte Heller noch zwei für die Pharmaindustrie erfreuliche Urteile. So hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass es sich bei Johanniskraut-Präparaten nicht um Psychopharmaka im pharmakologischen Sinn handelt, was in der Folge bedeutet, dass Johanniskraut-Präparate nicht unter das Publikumswerbeverbot fallen. Heller dazu: "Das Urteil ist insoweit von grundsätzlicher Bedeutung, als es für Johanniskraut-Arzneimittel die Möglichkeit eröffnet, Publikumswerbung zu betreiben, ohne generell der Gefahr ausgesetzt zu sein, wegen eines Verstoßes gegen das Publikumswerbeverbot angegriffen zu werden."

Erfreulich ist laut Heller auch ein Urteil des Oberverwaltungsgerichtes Berlin, dem zufolge das BfArM in dem vorliegenden Fall keine Befugnis zur Anordnung von Alkohol-Überdosierungshinweisen im Wege einer Auflage hat.

Positionspapier in Vorbereitung

Heller ging zum Schluss noch auf einen für die Fachabteilung Selbstmedikation wichtigen Punkt ein - auf die Vorbereitung eines Positionspapiers zur Liberalisierung des HWG. Eine zentrale Forderung dieses Papiers sei die Streichung des § 10 Abs. 2 HWG, der die Werbung für Arzneimittel zur Behandlung von Schlafstörungen untersagt. "Die entsprechende EG-Richtlinie untersagt lediglich eine Bewerbung von Arzneimitteln zur Behandlung von chronischer Schlaflosigkeit. Eine solche Indikation könnte im HWG jedoch ohne weiteres in die Krankheitsliste des § 12 aufgenommen werden", erläuterte Heller. Im § 12 HWG selbst soll positiv geregelt werden, dass künftig der ernährungsbedingt erhöhte Cholesterinspiegel, die Arteriosklerose einschließlich ihrer Ursachen sowie der Arteriosklerose-Prophylaxe und bei den Harn- und Geschlechtsorganen die gutartige Prostatvergrößerung beworben werden dürfen.

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