Feuilleton

Ausstellung: Von der Einlieferung bis zum Präparat

Über "Neues aus der Präparationswerkstatt" berichtet eine Sonderausstellung, die noch bis zum 2. Dezember im Naturkundemuseum Leipzig zu sehen ist. Gezeigt werden präparierte Tiere - von "Tamrin", dem letzten Löwen im Raubtierhaus des Leipziger Zoos, bis zum Zwerghamster. Ferner werden unterschiedliche Präparationsverfahren vom Abguss bis zur Dermoplastik erläutert. Die komplette Dokumentation eines Tierfunds gewährt einen Einblick in die wissenschaftliche Auswertung und deren Nutzung im Interesse bedrohter Arten.

Erst überfahren,dann ins Museum

Eine Trümmerfraktur des Schädels, Frakturen des Beckens und des 4. Lendenwirbels sowie Rupturen und Quetschungen von Leber, Nieren und Milz werden als Todesursache des Fischotters genannt. Bei der Sektion war an den inneren Organen bereits der Fäulnisprozess eingetreten. Aufgrund des "mäßigen" Erhaltungszustands waren weder die Fertilität noch die Anzahl der Plazentanarben bestimmbar. Der Ernährungszustand des Kadavers war normal. Als das Tier auf der Straße von Torgau nach Döbern in der Nähe einer Brücke überfahren wurde, befand es sich bereits im Winterhaarwechsel.

Am 27. August 1998 wurde der Kadaver gefunden und dem Naturkundemuseum Leipzig übergeben. Dort wurde der Fund zunächst in das Eingangsbuch eingetragen und nach der Untersuchung katalogisiert. Die komplette Dokumentation ist gegenwärtig in der Sonderausstellung zu sehen, die einen weniger bekannten Aspekt des Präparierens und Sammelns, nämlich die wissenschaftliche Auswertung der Daten, aufzeigen will.

Jedes Jahr werden fünf bis sieben tote Fischotter im Naturkundemuseum als einziger dazu autorisierter Institution im Regierungsbezirk Leipzig eingeliefert, berichtet Michael Meyer. In den meisten Fällen werde er durch die Untere Naturschutzbehörde, die Jagdverbände oder aber den Naturschutzbund über die Funde informiert. Der Diplom-Museologe vermutet, dass jedes Jahr mindestens ein Dutzend weitere Exemplare von Lutra lutra im Straßenverkehr getötet werden.

Im Leipziger Naturkundemuseum werden grundsätzlich alle Funde angenommen. Dort werden sie präpariert oder - wenn die Verwesung schon fortgeschritten ist - zumindest ihre Knochen in die Sammlung integriert. Für die wissenschaftliche Auswertung sind ausschließlich Objekte geeignet, deren Fundort bekannt ist. Bei bedrohten Spezies wie dem Fischotter wird auch ein Sektionsprotokoll angefertigt.

Der Fischotter kehrt zurück

Funde von Lutra lutra sind deshalb wertvoll, weil diese Art seit etwa einem Jahrzehnt die ehemaligen Lebensräume im Regierungsbezirk Leipzig wieder besiedelt. Zwar sei der Fischotter in der Region nicht ausgestorben, jedoch viele Jahre nicht mehr als Standwild anzutreffen gewesen, so Meyer. Mit der Regenerierung der Gewässer verbreiteten sich wieder Kleinfischarten, welche die Hauptnahrung der Spezies bilden.

Als 1990 durch das Landesamt für Geologie und Umwelt ein Artenschutzprogramm entwickelt wurde, begann Meyer im Regierungsbezirk Leipzig die Verbreitung der Fischotter zu beobachten. Heute seien mit zwölf ständig besetzten Ottervorkommen alle ehemaligen Lebensräume wieder besiedelt. Eines der Hauptziele ist nun, die Tiere vor dem Verkehrstod zu bewahren. Dabei ist der Bau von tiergerechten Brücken hilfreich.

Fischotter wandern nämlich in Fließgewässern und können in einer Nacht bis zu zehn Kilometer zurücklegen. Dabei ist die Uferstruktur eine wichtige Orientierungshilfe. Wird diese durch einen Brückenpfeiler abrupt unterbrochen, gehen die Tiere an Land. Deshalb wird der Bau von Brücken, unter denen sich der Uferstreifen fortsetzt, empfohlen. Sichere Indizien für wandernde Fischotter sind Markierungen an den Brücken. Auch gibt es Handlungsbedarf, wenn im Straßenverkehr in der Nähe von Brücken häufig Tiere getötet werden.

Fischotter erfüllen eine wichtige biologische Funktion, weil sie sich überwiegend von kranken oder verletzten Fischen, Lurchen oder Bisamratten ernähren. Als größte heimische Marderart bilden sie das letzte Glied der Nahrungskette. Weil die Tiere nachtaktiv und sehr unstet sind, werden sie kaum lebend angetroffen. Wichtige Hinweise für ihr Vorkommen sind ihre Losungen und Fährten.

Seeadler mit Quecksilbervergiftung

Mit kriminalistischem Spürsinn sei durch den Fund eines erkrankten Seeadlers bei Torgau sogar nachgewiesen worden, dass Saatgut mit Quecksilber gebeizt worden war, schildert Meyer einen anderen Fall aus der Praxis. Nach dem Tod war das Tier in das Naturkundemuseum eingeliefert worden. Die Sektion hatte keinen eindeutigen Befund zur Todesursache ergeben.

In der Landesuntersuchungsanstalt für Veterinär- und Untersuchungswesen habe sich dann aber herausgestellt, dass der Seeadler an einer Quecksilbervergiftung gestorben war. Vermutlich hatte er Wildgänse oder Krähen erbeutet. Diese wiederum hatten gebeiztes Getreide gefressen, aber überlebt.

Kastentext: Ausstellungsdaten

Naturkundemuseum Leipzig, Lortzingstraße 3, 04105 Leipzig, Tel. (03 41) 98 22 10, Fax (03 41) 9 82 21 22. Geöffnet dienstags bis donnerstags 9 bis 18 Uhr, freitags 9 bis 13 Uhr, samstags und sonntags 10 bis 16 Uhr.

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.