Arzneimittel und Therapie

Xenotransplantation: Endogene Retroviren vom Schwein auf den Menschen übertragb

Bei der Transplantation tierischer Organe auf den Menschen können pathogene Keime vom Tier möglicherweise die Artengrenze durchbrechen. Für endogene Retroviren vom Schwein lässt sich diese Gefahr noch nicht einschätzen.

Unter Xenotransplantation versteht man die Übertragung lebensfähiger Zellen, Gewebe oder Organe von einer Art auf eine andere. Beim Menschen könnte die Transplantation von Tierorganen den Mangel an geeigneten Transplantationsorganen verringern.

Angst vor neuen Infektionskrankheiten

Allerdings stehen ihrer breiten Anwendung zurzeit noch immunologische Barrieren und die Angst vor neuen Infektionskrankheiten im Weg. Prinzipiell können Krankheitserreger des Tieres nicht nur auf den Transplantat-Empfänger übertragen werden, sondern von ihm auch weiter verbreitet werden. Nach einer Organtransplantation treten aufgrund der immunsuppressiven Behandlung häufig Infektionskrankheiten auf. Bei der Xenotransplantation ist das Risiko wegen der eventuell erforderlichen noch stärkeren Immunsuppression und wegen der neuen Krankheitserreger vom Tier möglicherweise noch größer.

Problem endogene Retroviren

Für das Schwein existieren bereits Listen potenziell humanpathogener Keime. Viele Keime können durch sorgfältige Züchtung ausgeschlossen werden. Schwierig dürfte dies bei den endogenen Retroviren vom Schwein (porcine endogenous retroviruses, PERV) sein, die fest ins Erbgut der Tiere integriert sind und daher in allen Zellen vorkommen.

Drei Klassen dieser Retroviren (A, B und C) wurden bisher aus Schweinezellen isoliert. PERV sind für Schweine harmlos. Im Reagenzglas konnten endogene Retroviren vom Schwein auf menschliche Zellen übertragen werden. In vivo wurden Mäusezellen bereits infiziert. Bei Menschen, die mit lebendem Schweinegewebe behandelt wurden, konnte bisher keine Infektion nachgewiesen werden.

Das Risiko muss abgeschätzt werden

Wie hoch mag bei einer Transplantation von Schweinezellen auf den Menschen das Risiko für eine PERV-Infektion sein? Hier sind verschiedene Möglichkeiten denkbar:

  • Die Übertragung auf Menschen und andere Primaten bleibt aus oder ist mit heutigen Untersuchungsmethoden noch nicht nachweisbar.
  • Die Übertragung erfolgt. Es kommt aber nur zu einer vorübergehenden Virämie. Die Virus-DNA wird nur in das Genom besonders empfindlicher Zellen integriert. Eine spätere Reaktivierung ist nicht ausgeschlossen.
  • Die Übertragung findet statt, wird aber durch den großen Überschuss an Viren überdeckt, die von zirkulierenden oder transplantierten Schweinezellen freigesetzt werden.

Bisher fehlt der Nachweis, ob Menschen sich durch die Transplantation von Schweinezellen tatsächlich mit endogenen Retroviren infizieren können. Studien mit gereinigtem, also zellfreiem Virus müssen die Übertragbarkeit auf den Menschen klären.

Literatur: Fishman, J. A.: Infection in xenotransplantation. Br. Med. J. 321, 717-718 (2000).

Spenderorgane von speziell dafür gezüchteten Tieren, vor allem Schweinen, könnten den derzeitigen Mangel an geeigneten Transplantationsorganen verringern. Noch sind aber nicht alle Risiken geklärt: Bei der Transplantation tierischer Organe auf den Menschen können pathogene Keime vom Tier möglicherweise die Artengrenze durchbrechen. Für endogene Retroviren vom Schwein lässt sich diese Gefahr noch nicht einschätzen.

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