Dermopharmazie

T. Müller-BohnVon der Grundlagenforschung zum Arzne

Am 28. März 2001 veranstaltete die Gesellschaft für Dermopharmazie (GD) in Zürich ihre 5. Jahrestagung. Etwa 140 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus Hochschule, Industrie, dermatologischer Praxis und Apotheke verfolgten ein vielfältiges Programm, das von grundsätzlichen Konzepten der Arzneistoffentwicklung über allgemeine dermatologische und dermopharmazeutische Fragen bis zu einzelnen Arzneistoffen führte. Durch die breite Themenpalette wurden Mediziner und Pharmazeuten gemeinsam angesprochen, wie es der Zielsetzung der GD entspricht. Als Tagungsleiter führte Priv.-Doz. Dr. Christian Surber, Basel, durch das Programm.

Paradigmenwechsel in der Arzneistoffentwicklung

Prof. Dr. Gerd Folkers, Zürich, führte mit einem Grundsatzvortrag in die Tagung ein. Er beschrieb den Paradigmenwechsel in der Arzneistoffentwicklung, der durch neue Technologien und neue biologische Modellkonzepte ermöglicht wurde. Die klassische Erfahrungsmedizin führt von der klinischen Pharmakologie über die fortlaufende Optimierung von Substanzen zu neuen Arzneimitteln. Der Erfolg dieses sehr heterogenen und kostenintensiven Weges ist kaum planbar, doch vermittelt er viele Informationen über die Eigenschaften, insbesondere die Toxizität der neuen Substanzen. Der neue Weg ist durch ein deterministisches Konzept geprägt und geht von einem Krankheitsbild aus, das auf seine genetische Korrelation hin untersucht wird. So wird das relevante Genprodukt identifiziert und ein geeigneter Ligand als Arzneimittel konstruiert. Doch sei die Methodik noch nicht gefestigt. Als großes Problem erweise sich die Targetvalidierung, d.h. die Frage, welche physiologische Relevanz eine bestimmte In-vitro-Genfunktion tatsächlich hat. Außerdem sind die so konstruierten Arzneimittel meist schlecht wasserlöslich und damit kaum bioverfügbar. Doch führt das Verfahren verhältnismäßig schnell und gezielt zu neuen Substanzklassen.

Bei der Auswahl geeigneter Wirkstoffe interessiert die Reaktion einzelner Zellen auf die Substanz. Dabei müssen Tausende von Proteinen unterschieden werden, die als Antwort auf die Substanz produziert werden können, was eine neue Form der Analytik hervorgebracht hat. Dieses Arbeitsgebiet wird mit dem Schlagwort Proteomics bezeichnet. Die Komplexität der Aufgabenstellung steigt weiter durch die Individualität der Menschen und durch deren ständige Interaktion mit ihrer Umgebung. Die dabei entstehenden positiven Rückkopplungen sind für das Leben grundlegend wichtig, aber schwer vorherzusagen, und bilden damit ein Problem für die Analyse der Reaktionsmuster von Zellen.

Mit der Genanalyse zu neuen Arzneimitteln

Über eine weitere neue Technologie, die genetische Analyse von Arzneimittelwirkungen, berichtete Prof. Dr. Thomas Ruzicka, Düsseldorf. Mithilfe der Genanalyse lassen sich molekulare "Fingerabdrücke" einzelner Zellen erstellen, die die gesamte aktive mRNA der Zelle darstellen. So wird nicht das Genom, sondern das jeweils aktive Transkriptom erfasst. Beim Vergleich zwischen verschiedenen Population können Unterschiede identifiziert werden, auch wenn die Gene selbst und ihre Eigenschaften noch gar nicht bekannt sind. Es können sogar quantitative Unterschiede im Grad der Genexpression festgestellt werden. Die Nucleotidsequenz der Gene muss dafür nicht bekannt sein.

Mit diesem Verfahren lässt sich der Einfluss von Umweltfaktoren auf die Haut untersuchen. Außerdem können krankheitsbezogene Wirkungen und die Effekte von Arzneimitteln erkannt werden. So wurde beispielsweise die Wirkung von UV-Strahlen auf epidermale Keratinozyten untersucht. Dabei wurden nicht nur UV-induzierte Gene erfasst, sondern auch Gene, die durch die UV-Strahlen repremiert werden. Dazu gehörte eine neu identifizierte Serin-Protease, die speziell bei Psoriasis stark überexpremiert ist. Außerdem wurden weitere Psoriasis-assoziierte Gene gefunden. In ähnlicher Weise können Wirkungen von Arzneimitteln auf die Zellen nachgewiesen werden. So führt das Verfahren zur Identifizierung neuer Gene und eröffnet neue Targets für die Arzneistoffentwicklung.

Ascomycine gegen Dermatitis

Als Beispiel für eine neue dermatologisch relevante Substanzklasse stellte Prof. Dr. Anton Stütz, Wien, die antiinflammatorisch wirkenden Ascomycine vor. Diese leiten sich vom Ascomycin ab, das erstmals aus Streptomyces hygroscopicus var. ascomyceticus isoliert wurde. Es bindet an Macrophilin-12, inhibiert Calcineurin und hemmt die Aktivierung von T-Zellen. Außerdem unterdrückt es die Synthese und Freisetzung inflammatorischer Zytokine, insbesondere IL-2, IL-4 und IL-10.

Aus mehr als 400 Ascomycin-Derivaten wurde eine Substanz mit der Bezeichnung SDZ-ASM-981 für die weitere Untersuchung ausgewählt. Sie ist im Tierversuch sowohl bei topischer als auch bei oraler Gabe gegen Hautentzündungen wirksam, soll aber im Gegensatz zu Ciclosporin und FK 506 erstaunlicherweise nur zu geringer systemischer Immunsuppression führen.

Inzwischen wurde SDZ-ASM-981 als Creme im Rahmen von Studien an über 2000 Patienten mit atopischer Dermatitis, darunter auch an Kindern ab einem Alter von drei Monaten, erfolgreich eingesetzt. Dabei wurde keine Hautatrophie festgestellt. Außerdem wurde die Substanz oral gegen mittelschwere bis schwere chronische Plaque-Psoriasis erfolgreich getestet.

Was ist Recht bei Kosmetika?

Eine ganz andere dermopharmazeutische Thematik stellte Prof. Dr. Peter Elsner, Jena, in seinem Überblick über aktuelle Aspekte der Kosmetik-Gesetzgebung der EU vor. Diese basiert derzeit auf dem 6. Amendment (Council Directive 93/35 EEC) der europäischen Kosmetikdirektive 76/768 EEC. Als besonders problematische Neuerung sei die angestrebte Abschaffung von Tierversuchen für Kosmetika anzusehen, da dies mit dem Verbraucherschutz kollidiert. Ursprünglich war ein Verbot der Tierversuche bis zum 30. Juni 2000 vorgesehen, doch wurde der Termin auf 2005 verschoben, was nach Auffassung von Elsner kaum einzuhalten sein dürfte. Um das geplante Ziel zu erreichen, solle die Europäische Kommission die Entwicklung, Validierung und nicht zuletzt die rechtliche Akzeptanz von Versuchsmethoden ohne lebende Tiere fördern.

Als wichtige Neuerung erwähnt das 6. Amendment erstmals den Begriff der "Wirksamkeit" von Kosmetika, die durch geeignete Daten zu belegen ist. Doch bleibe offen, mit welchen Methoden die Wirksamkeit geprüft werden solle. Ein weiteres praktisches Problem liege im Umgang mit Duftstoffen. Diese müssen bisher nicht deklariert werden, doch seien in der Praxis viele Duftstoff-Allergien zu verzeichnen. Es seien bereits 24 wichtige Allergene aus gängigen Duftstoffen isoliert worden. Daher sollten die Konsumenten durch eine geeignete Deklaration informiert werden.

Effekte durch Arzneiträger

Den Vortragsblock zur pharmazeutischen Technologie eröffnete Tagungsleiter Priv.-Doz. Dr. Christian Surber, Basel, mit Ausführungen zur Theorie der Vehikel. Er unterschied biopharmazeutische, pharmazeutisch-technologische, kosmetische, pharmakologische, physikalische und klinische Eigenschaften von Arznei- trägern. Bei allen Effekten ist stets zu fragen, ob diese auf den Eigenschaften eines einzelnen Hilfsstoffes oder auf der Phasenstruktur des Vehikels insgesamt beruhen.

Für die Produkteigenschaften ist aber die Struktur der Zubereitung nicht in der Verpackung, sondern nach der Anwendung maßgeblich. Denn die Strukturmatrix kann sich wesentlich verändern, sobald die Zubereitung auf die Haut aufgetragen wird. So verdunstet das Wasser, insbesondere aus O/W-Zubereitungen, und oft bleibt nach kurzer Zeit nur noch die Ölphase auf der Haut. Dieser Effekt kann die Wirkstoffkonzentration vergrößern und damit die Absorption verstärken. Wenn der Wirkstoff aber ausfällt, kehrt sich der Effekt um und der Wirkstoff ist nicht mehr verfügbar. In der Praxis können Interaktionen des Vehikels sowohl mit der Haut als auch mit dem Wirkstoff bedeutsam werden.

Oft ist die aufgetragene Menge für den Effekt wesentlich. So sollten Sonnenschutzmittel in einer Konzentration von 2 mg pro Quadratzentimeter Haut aufgetragen werden, um eine Wirkung in Höhe des angegebenen Lichtschutzfaktors zu erreichen. Doch in der Realität würden meist nur etwa 0,5 bis 1 mg pro Quadratzentimeter Haut aufgetragen und diese meist noch ungleichmäßig verteilt. Dann ist die tatsächliche Schutzwirkung viel geringer als erwartet.

Penetrationsorientierte Vehikeloptimierung

Prof. Dr. Claudia S. Leopold, Leipzig, stellte Untersuchungen zur kutanen Wirkstoffpenetration vor. Je nach Wirkstoff kann die Passage durch das Stratum corneum oder durch die hydrophile Epidermis geschwindigkeitsbestimmend sein. Die Geschwindigkeit wird durch den Wirkstoff, das Vehikel und ggf. durch Penetrationsbeschleuniger beeinflusst.

Die Wirkstoffpenetration kann anhand der Konzentration der applizierten Zubereitung oder durch Messung der Effekte bestimmt werden, beispielsweise Hautrötung bei Nicotinaten oder Hautabblassung bei Glucocorticoiden. Als Wirkungsparameter könnte theoretisch die maximale Wirkung herangezogen werden, doch ergaben sich im Experiment keine auswertbaren Dosis-Wirkungs-Kurven. Als geeignetere Parameter erwiesen sich die Dauer des Effektes und der Reziprokwert der Latenzzeit bis zum Eintritt des Effektes. Dies galt jedoch weitgehend nur unter stationären Bedingungen, d. h. bei konstanter Wirkstoffkonzentration, wie sie mit Suspensionssalben oder Lösungssalben hoher Konzentration zu erreichen ist. Dann lassen sich Dosis-Wirkungs-Kurven simulieren, die als Grundlage für die penetrationsorientierte Optimierung des Trägersystems dienen können.

Trägersysteme der Zukunft

Perspektiven für die Entwicklung neuer Trägersysteme für dermale Zubereitungen stellte Prof. Dr. Reinhard Neubert, Halle, vor. Entwicklungsziele sind insbesondere das Drug-Targeting und die kontrollierte Arzneistoffabgabe. Vorteile für Nanoemulsionen sieht Neubert im Schutz der Wirkstoffe vor Abbaureaktionen, in der kontrollierten Wirkstoffabgabe und im guten Solubilisierungsvermögen, allerdings wird die Penetration nicht erhöht. Ähnliche Vor- und Nachteile bieten die multiplen Emulsionen.

Unter den Liposomen würden besonders die Transfersomen in der Literatur kontrovers diskutiert. Ihnen wird große Flexibilität zugeschrieben. Außerdem sollen sie die Penetration von Problemwirkstoffen wie Proteinen und Peptiden verbessern. Für Mikroemulsionen sprechen das gute Lösungsvermögen für Wirkstoffe und das gute Penetrationsvermögen, problematisch ist dagegen der hohe Emulatoranteil. Daher sollten möglichst hautverträgliche Tenside eingesetzt werden.

Wie mild ist die Reinigung?

Die gute Hautverträglichkeit ist auch ein wichtiges Argument für die Auswahl von Hautreinigungsmitteln, das in den Produktanpreisungen meist hinter dem vorrangigen Reinigungszweck zurücktritt. Doch ist das Ausmaß der Hautirritation oft nur schwer zu objektivieren. Meist dienen hierzu In-vivo-Tests. Eine einfache in vitro durchführbare Alternative stellte Dr. Bernard Gabard, Egerkingen (Schweiz), mit der Corneosurfametrie vor. Das Verfahren beruht auf einer photometrischen Vermessung der Produkte im Vergleich zu Wasser. So lässt sich ein Irritationsindex bestimmen, der zwischen 0, d. h. der Irritation durch Wasser entsprechend, und 1, d. h. sehr aggressiv liegen kann.

Bei sehr milden Produkten mit einem Irritationsindex unter 0,1 war keine Dosis-Wirkungs-Beziehung feststellbar. Bei weniger milden Zubereitungen stellte sich eine deutliche Dosis-Wirkungs-Beziehung heraus. Außerdem korrelierten die Ergebnisse mit etablierten In-vivo-Messmethoden wie dem Ellenbeugen-Waschtest und dem Seifenkammertest.

Mit In-vivo-Tests lassen sich sehr aggressive Produkte meist schnell erkennen, doch sind zur Unterscheidung eher milder Produkte lange und damit teure Versuchsreihen nötig. Hier verspricht die Corneosurfametrie einen besonderen Vorteil, da sie auch für milde Produkte gute Ergebnisse liefert und nur geringen Aufwand erfordert.

Rückfettung nur mit sehr hohem Ölanteil

Mit einem weiteren Aspekt der Hautirritation durch Reinigungsmittel befasste sich Prof. Dr. Wolfgang Gehring, Karlsruhe, der die Rückfettung untersucht hatte. Der Wachvorgang führt zu einem Verlust an Hornschichtfeuchtigkeit und erhöht den transepidermalen Wasserverlust. Um diesen Effekten entgegenzuwirken, werden vielen Hautreinigungsmitteln rückfettende Inhaltsstoffe zugesetzt.

Doch stellte Gehring bei Zubereitungen mit 3% Cetiol HE oder 7,5% Isopropylmyristat als Rückfetter in einer In-vitro-Untersuchung keine rückfettende Wirkung fest. Dabei wurden stets Zubereitungen in Konzentrationen mit gleicher Reinigungskraft verglichen. Mit 5% Cetiol HE sei die irritierende Wirkung der Zubereitung sogar gesteigert worden. Auch Duschöle hätten die Haut entfettet, doch ließe sich der transepidermale Wasserverlust durch die Formulierung vermindern. Mit einer Duschcreme mit 50% Ölanteil sei der Verlust an Hornschicht minimiert und der entfettende Effekt verhindert worden.

Hautschutz wirksamer als Pflege

Die Wirksamkeit von Hautschutzmitteln, wie sie bei vielen beruflichen Tätigkeiten eingesetzt werden, untersuchte Andreas Klotz, Krefeld. Üblicherweise wird empfohlen, gegen hydrophile Schadstoffe W/O-Emulsionen oder Fettsalben und gegen lipophile Schadstoffe O/W-Emulsionen einzusetzen. Doch sei jüngst mit einer multiplen Emulsion vom Typ W/O/W eine gute Schutzwirkung festgestellt worden. In einem okklusiven Irritationstest habe diese im Vergleich zu klassischen Hautschutzzubereitungen und Vaseline die beste Schutz- und Regenerationswirkung erzielt.

Zudem wurde die Anwendung der Produkte vor und nach Einwirkung der schädigenden Substanzen untersucht. Dabei war die Anwendung vor der Einwirkung vorteilhaft. Demnach beruht der Effekt tatsächlich auf einer Schutzfunktion und nicht auf der Pflege der irritierten Haut.

Verjüngung durch Irritation

Doch kann die Irritation der Haut möglicherweise auch Vorteile bieten, wie Prof. Dr. Isaak Effendy, Marburg, darstellte. Er untersuchte die Frage nach dem Wirkprinzip von Substanzen zur Glättung und "Verjüngung" der Altershaut. Dazu werden Vitamin-A-Säure und Fruchtsäuren eingesetzt. Diese Substanzen und auch Vitamin-D-Analoga führen zu ähnlichen Hautirritationen wie Natriumlaurylsulfat, das als typisches Irritans gilt und dafür auch häufig als Vergleichssubstanz genutzt wird. Die Hauthydratation wird verringert und der transepidermale Wasserverlust vergrößert. Möglicherweise korrelieren gerade diese irritierenden Wirkungen mit der Proliferation von Epidermiszellen und führen zu einer Neubildung der Haut, d. h. zur gewünschten "Verjüngung".

Fliegenlarven gegen Wunden

Prof. Dr. Theo Rufli, Basel, stellte ein Konzept zur biochirurgischen Versorgung chronischer Wunden, insbesondere des Ulcus cruris, vor. Das Verfahren beruht auf Erkenntnissen aus dem ersten Weltkrieg, nach denen Wunden, die von Fliegenlarven befallen waren, sich nicht infizierten und gut heilten. Dafür sind die Verdauungssäfte der Fliegenlarven verantwortlich, insbesondere wohl die enthaltenen proteolytischen Enzyme, möglicherweise auch Zytokine. Sie führen zu einer guten Wundreinigung, wobei zwischen lebendem und nekrotischem Gewebe strenger unterschieden wird als dies mit chirurgischen Maßnahmen möglich wäre.

Das Verfahren wird heute mit gezielt kultivierten Fliegen durchgeführt, deren Larven im Alter von einem Tag sterilisiert werden. Die Larven verbleiben etwa 3 Tage auf der Wunde, die später gut verheilt. Da sich die Larven mit ihrer dornigen Oberfläche auf der Wunde stark bewegen, ist das Verfahren sehr schmerzhaft und erfordert oft den Einsatz von Opiaten. Außerdem besteht die Gefahr der bakteriellen Kontamination der Larven, die zu einer Sepsis führen kann. Die Logistik der Züchtung und Kontrolle der Larven ist daher sehr aufwendig, doch mache das Verfahren die chirurgische Versorgung überflüssig. Die Akzeptanz bei den Patienten sei erstaunlich hoch.

Ökonomische Vorteile für das Tissue Engineering

Das Ulcus cruris war auch Gegenstand des Vortrages von Priv.-Doz. Dr. Matthias Augustin, Freiburg, der sich speziell mit den pharmakoökonomischen Effekten beschäftigte. Er verglich die konventionelle Versorgung solcher Wunden mit der Keratinozyten-Transplantation, einem Verfahren des Tissue Engineering. Dabei werden autologe Keratinozyten des Patienten kultiviert und später transplantiert. Innerhalb eines Jahres wurden Heilungsraten von 54% erreicht, was für Problempatienten beachtlich sei.

Eine Erhebung der Kosten ergab für die konventionelle Therapie des Ulcus cruris DM 15 000 bis DM 30 000 pro Patient und Jahr. Die mittleren jährlichen direkten Kosten des Bioengineerings liegen zwischen DM 8000 und DM 20 000. Ambulante Transplantationen und sinkende Rezidivraten reduzieren die Kosten und verbessern zugleich die Outcome-Daten. So lässt sich mithilfe des Bioengineerings auch die Lebensqualität der Patienten verbessern. Doch steht eine aussagekräftigere inkrementelle Kosten-Effektivitäts-Analyse noch aus, da hierfür nicht genügend Vergleichsdaten existieren.

Wirksamkeitsnachweis für Dexpanthenol

Die übrigen Vorträge befassten sich mit Fragestellungen zu einzelnen Wirkstoffen oder Produkten. So berichtete Dr. Frank Rippke, Hamburg, über das altbekannte Dexpanthenol, für das nun ein Wirksamkeitsnachweis aus einer kontrollierten Humanstudie vorliegt.

Schon vor zwei Jahren hatte sich eine 3%ige Dexpanthenol-Zubereitung in einem humanen epidermalen Saugblasenmodell als vorteilhaft erwiesen. Dabei diente der transepidermale Wasserverlust als Maß für die Barrierefunktion der Haut. Nun wurde mit einer 5%igen W/O-Emulsion an 20 Probanden in einem doppel-blinden, randomisierten und vehikel-kontrollierten Versuch eine signifikante Beschleunigung der epidermalen Regeneration gezeigt. Die Heilung wurde um etwa einen Tag verkürzt.

Glucocorticoide im Vergleich

Das atrophogene Potenzial topischer Glucocorticoide untersuchte Dr. Karl-Heinz Nietsch, Bad Soden. In einer Studie an 24 Probanden wurde eine 0,1%ige Mometasonfuroat-Salbe mit einer 0,25%igen Prednicarbat-Salbe und einer 0,1%igen Betamethason-17-valerat-Salbe verglichen.

Bei einer Prüfung der Hautdicke mittels Sonographie führte die letztgenannte Zubereitung nach 36 Tagen zu einem Verlust von 24% der Hautdicke. Dagegen ergaben sich für Mometason 17% und für Prednicarbat 13%. Teleangiektasien oder klinisch erkennbare Atrophien wurden nur unter Mometason und Betamethason, aber nicht unter Prednicarbat gefunden.

Vorsicht vor Wundermitteln

Prof. Dr. Andreas J. Bircher, Basel, beschrieb eine bemerkenswerte Erfahrung mit einem vermeintlichen "Wundermittel" gegen atopische Dermatitis. Patienten in Basel berichteten über gute Erfolge mit einem Phytokosmetikum, das über 30 deklarierte Inhaltsstoffe, darunter viele potenzielle Allergene, enthielt. In einer randomisierten doppelblinden Pilotstudie über vier Wochen waren diese Erfahrungen bestätigt worden. Doch stellte sich später heraus, dass die Zubereitung Triamcinolonacetonid als illegalen und nicht deklarierten Inhaltsstoff enthielt. Dabei sei die gute Wirkung in der geringen Dosis von nur 16 bis 40 Mikrogramm pro Gramm Zubereitung erstaunlich gewesen. Doch sollte diese Erfahrung in erster Linie die Skepsis gegenüber vermeintlich hochwirksamen "Wundermitteln" verstärken.

Zitat

Die Natur ist unser Modell von ihr. Valentin Braitenbach, zitiert von Prof. Dr. Gerd Folkers

Das Wichtigste in Kürze:

  • Die Analysen des Proteoms und des Transkriptoms von Zellen bilden Schlüsseltechnologien für die Arzneistoffentwicklung der Zukunft.
  • Ascomycine haben sich in Studien als wirksam gegen atopische Dermatitis erwiesen und dabei erstaunlich geringe Nebenwirkungen gezeigt.
  • Duftstoffe haben beachtliches allergenes Potenzial, müssen aber in Kosmetika nicht im Einzelnen deklariert werden.
  • Für Effekte von Arzneiträgern topischer Zubereitungen ist die Struktur nach der Anwendung entscheidend, die durch die Haut wesentlich beeinflusst wird.
  • Sonnenschutzmittel sollten in Konzentrationen von 2 mg Zubereitung pro Quadratzentimeter Haut angewendet und gleichmäßig verteilt werden, um die deklarierten Lichtschutzfaktoren zu erreichen.
  • Die Corneosurfametrie bildet eine praktikable In-vitro-Methode zur Bestimmung der hautirritierenden Eigenschaften von topischen Zubereitungen.
  • Verschiedene rückfettende Zusätze in Hautreinigungsmitteln erfüllten in einer In-vitro-Untersuchung ihre Aufgabe nicht, doch mit sehr hohen Ölanteilen in Duschcremes konnte ein rückfettender Effekt gezeigt werden.
  • Hautschutzzubereitungen sollten vor dem Einfluss irritierender Substanzen angewendet werden, da ihr Effekt über die nachträgliche Pflege hinausgeht.
  • Für die Behandlung schwer heilender Wunden können sterile Fliegenlarven eingesetzt werden. Das Verfahren ist aufwendig und schmerzhaft, aber erfolgreich und erübrigt chirurgische Maßnahmen.
  • Eine Alternative zur Behandlung schwer heilender Wunden bildet die autologe Keratinozyten-Transplantation. Bei schwerem Ulcus cruris ist dies kostengünstiger als eine langwierige klassische Wundversorgung.
  • Eine W/O-Emulsion mit 5% Dexpanthenol hat im kontrollierten Humanversuch eine beschleunigte epidermale Regeneration gezeigt.
  • Das atrophogene Potenzial von Prednicarbat erwies sich in einer Studie als geringer als das von Mometason und Betamethason-17-valerat.

Am 28. März 2001 veranstaltete die Gesellschaft für Dermopharmazie (GD) in Zürich ihre 5. Jahrestagung. Etwa 140 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus Hochschule, Industrie, dermatologischer Praxis und Apotheke verfolgten ein vielfältiges Programm, das von grundsätzlichen Konzepten der Arzneistoffentwicklung über allgemeine dermatologische und dermopharmazeutische Fragen bis zu einzelnen Arzneistoffen führte. Durch die breite Themenpalette wurden Mediziner und Pharmazeuten gemeinsam angesprochen, wie es der Zielsetzung der GD entspricht.

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