Randnotitz

Der Robin Hood der Kassen

Es wäre eine Provinzposse, wenn es dabei nicht um die Arzneimittelsicherheit ginge und wenn nicht die Gefahr bestünde, dass Größeres ins Rollen kommt: der Fall des streitbaren Landarztes Bertel Berendes. Der als Spardoktor bekannt gewordene Mediziner, der von Patienten nicht gebrauchte, zurückgebrachte Arzneimittel an andere Patienten verteilt, um Kosten zu sparen, wurde Ende Oktober des vergangenen Jahres in einem Zivilprozess vor dem Oberlandesgericht Hamm freigesprochen. In der Verhandlung ging es allerdings nicht um Aspekte der Arzneimittelsicherheit. Der Wettbewerbssenat des OLG prüfte seinerzeit nicht, ob ein Arzt nach dem Arzneimittelrecht befugt sei, Arzneimittel an Patienten abzugeben, es standen vielmehr nur wettbewerbsrechtliche Fragen an. Berendes machte denn auch munter weiter und ließ sich auch nicht durch eine vom Landratsamt gegen ihn verhängte Geldbuße von 5000 DM abhalten.

Mitte Februar verurteilte ihn ein Detmolder Gericht erneut zu einer Geldbuße von 5000 DM. Doch das scheint den streitbaren Landarzt, den Robin Hood der Krankenkassen, kalt zu lassen. Er will auch weiterhin "einwandfreie Medikamente an seine Patienten weitergeben", Kosten für die Krankenkassen sparen und sich dafür einsetzen, dass das Gesetz geändert wird. Er hat mittlerweile eine große Zahl von Sympathisanten unter Patienten und Arztkollegen. Auch einige Politiker aus SPD und FDP sollen seine Aktion begrüßen, und Rückenstärkung erhält er von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und der Ärztekammer Westfalen-Lippe.

Da sollte man jetzt wachsam sein: Noch lässt sich das Spargebahren des Landarztes als Tat eines Einzelkämpfers abtun. Wenn jedoch dieses Verhalten die Diskussion in Richtung Dispensierrecht für Ärzte in Gang bringt, um vermeintliche Einsparungen bei der Arzneitherapie zu realisieren, dann läuft da etwas schief. Ich meine, wir sollten hier genügend stichhaltige Argumente haben, dass dieser Unsinn vom Tisch kommt. Vor allem: Wenn Ärzte sinnvoll verordneten, dürfte es kaum ein unverbrauchtes Arzneimittel geben.

Schließlich dürfte man doch auch Wege finden, um das rechtswidrige Verhalten eines Arzte wirkungsvoll zu unterbinden! Wenn man es schon nicht bei der Internetapotheke DocMorris schafft, die trotz Verbote munter weiter aus den Niederlanden liefert... Oder steuern wir auf eine Arzneidistributionsanarchie zu?

Peter Ditzel

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