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Bevölkerungsbefragung: Hohe Bereitschaft für mehr Eigenverantwortung und Selbs

BERLIN (diz). Die Bevölkerung möchte auf Qualität und Quantität medizinischer Leistungen nicht verzichten, ist aber alternativ bereit, im Bereich leichter Erkrankungen durch mehr Eigenverantwortung und Selbstmedikation Kosten im Gesundheitsbereich einzusparen. Dieses Ergebnis steht im Mittelpunkt einer Bevölkerungsbefragung, die Mitte August im Auftrag des Bundesfachverbandes der Arzneimittel-Hersteller (BAH) von der GPI-Kommunikationsforschung bei rund 1000 GKV-Versicherten durchgeführt wurde.

Die Ausgaben der gesetzlichen Krankenkassen übersteigen die Einnahmen. Ein neues Defizit der gesetzlichen Krankenversicherung bahnt sich auch in diesem Jahr an, so dass bereits von Beitragserhöhungen die Rede ist. Mit einer Budgetierung allein lassen sich die steigenden Kosten im Gesundheitswesen nicht mehr in den Griff bekommen. Bereits heute wird darüber nachgedacht, den Leistungskatalog der Krankenkassen abzuspecken, um Geld für lebensnotwendige Leistungen im Gesundheitswesen zur Verfügung zu haben.

Vor diesem Hintergrund initiierte der Bundesfachverband der Arzneimittel-Hersteller eine Bevölkerungsbefragung, um zu erfahren, ob und inwieweit die Versicherten bereit sind, auf Gesundheitsleistungen der gesetzlichen Krankenkassen zu verzichten, um das System finanzierbar zu halten, oder ob sie beispielsweise durch mehr Eigenverantwortung zu Kosteneinsparungen beitragen wollen.

Keine Leistungseinschränkungen

Rund 60 Prozent der Befragten lehnen es ab, das Kostenproblem im Gesundheitssystem durch Einschränkungen bei den Leistungen lösen zu wollen. 65 Prozent der Bevölkerung allerdings erkennen, dass sich die momentane Entwicklung zu einer Zweiklassenmedizin ohne eine neue grundlegendere Form des Gesundheitswesens in Zukunft noch verstärken wird. Während 73 Prozent nicht dafür sind, dass Ärzte über finanzielle Anreize (z. B. höheres Einkommen) zu einem kostenbewussteren Verhalten bewegt werden sollen, sind 70 Prozent der Befragten dafür, dass Patienten über finanzielle Anreize zu einem kostenbewussteren Verhalten im Bereich von Arzneimitteln angehalten werden sollten.

Gerade im Bereich der Arzneimittel sei, so das Umfrageergebnis, eine stärkere private Beteiligung des Patienten am ehesten möglich, am wenigsten dagegen im Krankenhaus.

Bei leichten Beschwerden Kosten selbst übernehmen

Interessant sind die Antworten auf die Frage, wie die Finanzierungslücke im Gesundheitssystem geschlossen werden könnte. Auf keinen Fall sind die Befragten damit einverstanden, die Qualität von Gesundheitsleistungen abzusenken, um Kosten zu sparen. Auch sollten teuere medizinische Leistungen nicht weniger durchgeführt werden. Eine Anhebung der zu zahlenden GKV-Beiträge wird nur von 12,5 Prozent der Befragten befürwortet. Doch nahezu 70 Prozent können sich vorstellen, dass zur Kosteneinsparung der Patient bei der Behandlung von leichten Beschwerden einen hohen Anteil der Kosten übernimmt.

Elemente aus der privaten Krankenversicherung werden von vielen befürwortet, so plädieren zum Beispiel rund 52 Prozent der Befragten dafür, Wahltarife auch bei der GKV einzuführen, und 73 Prozent sprechen sich für Beitragsrückerstattungen am Jahresende aus.

Dass Ärzte bei der Verordnung von Arzneimitteln sparen müssen, hat bereits jeder Dritte der Befragten bei einem der letzten Arztbesuche selbst erfahren. Eine Positivliste allerdings, die die Therapiefreiheit des Arztes einschränkt, wird mehrheitlich (rund 77 Prozent) abgelehnt.

Gefragt nach Alternativen zum Arzneimittelbudget sprechen sich die meisten dafür aus, dass statt dessen Patienten bei leichteren Gesundheitsstörungen ihre Arzneimittel selbst kaufen sollen, der Arzt dafür aber bei ernsteren Erkrankungen mehr Spielraum für die Verordnung von wichtigen Arzneimitteln hat.

Knapp ein Drittel könnte sich allerdings auch eine prozentuale Rezeptgebühr von beispielsweise 15 Prozent des Arzneimittelpreises vorstellen mit einer Obergrenze von maximal 20,- DM. Eine Anhebung der Rezeptgebühr pro verschriebenem Medikament um beispielsweise zusätzlich 5,- DM können sich dagegen nur knapp 7 Prozent der Befragten vorstellen.

Mehr eigenverantwortliche Entscheidungen

Eine überwältigende Mehrheit, nämlich rund 85 Prozent sind der Auffassung, dass prinzipiell mehr Patienten rezeptfreie Arzneimittel für leichte Gesundheitsstörungen selbst in der Apotheke kaufen sollten, um damit Geld für die Behandlung ihrer Krankheiten zu sparen.

In diesem Zusammenhang trauen sich - auch unter Nutzung der Beratungsmöglichkeiten in der Apotheke - über drei Viertel mehr eigenverantwortliche Entscheidungen bei rezeptfreien Arzneimitteln zu als dies zum heutigen Zeitpunkt von ihnen getroffen werden. Bei dem restlichen Drittel, die sich dies nicht zutrauen, beruht dies, so die Umfrage, in erster Linie darauf, dass sie zu wenig über rezeptfreie Arzneimittel und deren Anwendung wissen und sich zu wenig mit leichten Gesundheitsbeschwerden auskennen. Hier besteht bei knapp zwei Dritteln dieses Personenkreises ein hoher Informationsbedarf.

Wie die Umfrage weiter zeigte, könnte eine höhere finanzielle Beteiligung der Patienten zu einem größeren Kostenbewusstsein im Umgang mit Arzneimitteln führen. Davon sind immerhin 70 Prozent überzeugt. Auch die Compliance, die Bereitschaft zu einer vorschriftsmäßigen Anwendung, dürfte bei selbstgekauften Arzneimitteln höher liegen (65 Prozent).

Denkbar: ein Selbstmedikationsbudget

Die Umfrage des BAH konfrontierte die Befragten auch mit einer neuen denkbaren Variante im System der gesetzlichen Krankenversicherung, dem Selbstmedikationsbudget. Dies bedeutet, dass in der GKV pro Patient ein bestimmtes Budget mit einem Höchstsatz zur Verfügung steht, das der Patient für selbstgekaufte rezeptfreie Arzneimittel in Anspruch nehmen kann. Die gekauften Arzneimittel würden dann durch die GKV rückerstattet werden. Eine solche Maßnahme könnte - so das Ergebnis der Bevölkerungsbefragung - am ehesten dazu führen, dass Patienten mehr Arzneimittel in der Apotheke selbst kaufen (rund 40 Prozent). Am zweitehesten könnte man sich noch vorstellen, dass GKV-Beiträge am Jahresende als Prämien zurückgezahlt werden, wenn die Inanspruchnahme während des Jahres nur gering war.

Kastentext: BAH-Bevölkerungsbefragung

Das Fazit der BAH-Bevölkerungsbefragung zur Akzeptanz von Reformvorschlägen in der Bevölkerung:

  • Die Bevölkerung lehnt im Zusammenhang mit Kosteneinsparungen eine bewusste Absenkung bei Qualität und Quantität medizinischer Leistungen strikt ab.
  • Sie ist alternativ bereit, im Bereich leichter Erkrankungen durch mehr Eigenverantwortung und Selbstmedikation Kosten im Gesundheitsbereich einzusparen.
  • Finanzielle Anreize verschiedener Arten sind nach Meinung der Befragten sinnvoll wie wirksam, um die Nachfrage nach Gesundheitsleistungen zu steuern.
  • Drei von vier Befragten trauen sich ab sofort, unter der Einbeziehung der Beratungsmöglichkeit in den Apotheken, mehr eigenverantwortliche Entscheidungen bei rezeptfreien Arzneimitteln zu.
  • Die Bevölkerung erkennt grundsätzlich die Notwendigkeit von Reformen im Gesundheitswesen.

Die Bevölkerung möchte auf Qualität und Quantität medizinischer Leistungen nicht verzichten, ist aber alternativ bereit, im Bereich leichter Erkrankungen durch mehr Eigenverantwortung und Selbstmedikation Kosten im Gesundheitsbereich einzusparen. Dieses Ergebnis steht im Mittelpunkt einer Bevölkerungsbefragung, die Mitte August im Auftrag des Bundesfachverbandes der Arzneimittel-Hersteller (BAH) von der GPI-Kommunikationsforschung bei rund 1000 GKV-Versicherten durchgeführt wurde.

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