ZDF-Magazin Frontal: Angebrochene Arzneimittel, weiterverwenden statt in den Mü

(diz). Jährlich werfen Patienten angebrochene oder auch ungeöffnete Arzneimittelpackungen im Wert von rund 4 Mrd. Euro auf den Müll. Das ZDF-Magazin Frontal befasste sich am 8. März mit der Frage, ob es hier Sparmöglichkeiten gibt und Verluste vermeidbar sind. Unter den "Experten" kam auch der landläufig bekannte Landarzt Dr. Berendes ("Spardoktor") zu Wort, der angebrochene oder von Patienten zurückgegebene Arzneimittelpackungen an andere Patienten weitergibt.

Rund 4700 Tonnen Arzneimittel, so hieß es in der Sendung, wandern Jahr für Jahr in den Müll. Oft sind die Packungen originalverpackt, das Verfallsdatum nicht abgelaufen. Doch Arzneimittel dürfen laut Gesetz, wenn sie bereits in den Händen von Patienten waren, nicht an andere Patienten weitergegeben werden. Nach vorliegenden Studien, so wird Professor Karl Lauterbach, Institut für Gesundheitsökonomie in Köln und Berater von Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt, zitiert, müsse man davon ausgehen, dass jede fünfte Packung entweder angebrochen oder ungeöffnet auf dem Müll landet.

Lauterbach: "Das ist ein Verlust von jährlich ungefähr 4 Mrd. Euro." Nach Ansicht des Ökonomen wären davon etwa 2 Mrd. Euro durchaus vermeidbar. Eine Sparmöglichkeit wird beispielsweise in Seniorenheimen gesehen. Sterbe ein Bewohner des Seniorenheims, werde dessen Arzneimittelfach leergeräumt, die Arzneimittel vernichtet. Viele dieser Präparate, so suggeriert das Magazin, könnten bei anderen Heimbewohnern angewendet werden, unangebrochene Packungen wegzuwerfen könnten selbst Pfleger des Heimes nur schwer nachvollziehen.

Landarzt Berendes steht weiterhin zu seiner Vorgehensweise, von Patienten zurückgegebene Arzneimittel an andere kostenlos weiterzureichen. Für diese Vorgehensweise sei der "Spardoktor" bereits verklagt worden, wegen eines Formfehlers jedoch einer Verurteilung entgangen.

ABDA-Präsident Friese wird von Frontal dazu befragt, warum ein solcher Arzt den Widerstand der Apotheker hervorruft. Friese: "Weil nicht eindeutig geklärt wird, geklärt ist, ob dieses zurückgebrachte Arzneimittel überhaupt den Sicherheitsinteressen des Kunden, des Patienten gerecht wird. Es kann nicht sein, dass dieses Arzneimittel ohne Prüfung wieder in den Kreislauf zurückkommt."

Dieser Ansicht widerspricht der Freiburger Klinikarzt Prof. Dr. Franz Daschner, der auf die lange Haltbarkeit der Arzneimittel und die umfangreichen Haltbarkeitstests, die sich Arzneimittel vor der Zulassung unterziehen müssen, hinweist. Daschner: "Ich frage mich, wo das Problem ist, wenn ein normaler Bürger das [Arzneimittel] in seinem Badezimmer aufbewahrt, die ja keine Sauna ist. Noch niemand hat nachgewiesen, dass die Medikamente wirklich Schaden leiden." Anders sehe die Lage in Krankenhäusern aus. Im Gegensatz zu Ärzten und Heimen dürften sie unangebrochene Arzneimittel, die nicht mehr benötigt werden, in die eigene Apotheke zurückführen und erneut ausgeben. Daschner unterstützt diese Vorgehensweise. Für ihn als Hygieniker und Umweltmediziner gebe es keinen Grund, "ordentlich verpackte Medikamente, die immer noch wirksam sind und deren Verfallsdatum nicht abgelaufen ist, wegzuwerfen. Das ist eine Verschwendung von Ressourcen."

Frontal befragte auch das Gesundheitsministerium. Es bestätigte die Ansicht der Apotheker, dass es aus Sicherheitsgründen nicht erlaubt sei, angebrochene Medikamentenpackungen weiterzugeben. Diese Regelung diene dem Schutz der Patientinnen und Patienten, die man nicht aufs Spiel setzen wolle. Im Gegensatz dazu glaubt der SPD-Gesundheitspolitiker Karl-Hermann Haack, dass man es auf diesem Gebiet mit Machtgruppen zu tun habe. Zu den mächtigsten Gruppen gehöre der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie, die Apothekerschaft und die Ärzteschaft, die sich zu einem "Negativbündnis" zusammenschlossen um Strukturwandel, in diesem Fall die Neuordnung des Arzneimittelmarktes, zu verweigern.

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