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Ärzte auf Protestkurs

BONN (im). Die niedergelassenen Ärzte sind auf Konfrontationskurs gegenüber der neuen Regierung gegangen. Sie beschlossen eine bundesweite Aktion zur Information der Patienten über das neue Vorschaltgesetz. Höhepunkt soll ein Aktionstag am 18. Dezember sein, wenn der Bundesrat über die Gesetzesvorlage befindet. Bis auf einen Notdienst soll an dem Tag die Mehrheit der Arztpraxen geschlossen werden, beschlossen die Vertreter der 110000 Vertragsärzte am 6. Dezember in Köln.


Im Mittelpunkt der Aktion stehe die Aufklärung der Patienten über die drohenden Einschränkungen von Gesundheitsleistungen ab dem 1. Januar 1999 sowie über die Gefährdung von Arbeitsplätzen in der ambulanten Medizin, hieß es auf der Vertreterversammlung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV). Im Arzneimittelbereich werde das Vorschaltgesetz dazu führen, daß 72 Millionen gesetzlich Krankenversicherte vom Fortschritt in der medikamentösen Therapie weitgehend abgeschnitten werden. Die Budgets würden im kommenden Jahr auf den Stand des Jahres 1992 zurückgeworfen. Am 2. Dezember hatte der Gesundheitsausschuß des Bundestags bei der abschließenden Beratung beschlossen, als Budget für Arznei-, Verband- und Heilmittel das um 7,5 Prozent erhöhte Budget von 1996 zu nehmen (siehe AZ Nr. 50 vom 7.Dezember).
Die KBV verweist darüber hinaus auf die Auswirkungen auf die Arztpraxen durch das Vorschaltgesetz. Zuletzt seien bei der äußerst hektischen Beratung im Gesundheitsausschuß Mittel in Höhe von 700 Millionen Mark entzogen worden, während den Krankenhäusern eine Ausgabensteigerung von 2,4 Milliarden Mark erlaubt worden sei. Die Kassenärzte forderten Bundestag und Bundesrat auf, das Gesetz nicht in der Form zu beschließen.

Kein Platz für Innovationen


In seinem Bericht zur Lage warnte der Vorsitzende der KBV Dr. Winfried Schorre vor zu harten Einschnitten im Arzneimittelbereich. Der Sektor mit seinen erheblichen Einsparungen solle erneut als Sparzitrone ins Zentrum der Budgetierungsmaßnahmen gestellt werden. Schorre kritisierte die Bezugnahme auf 1996 scharf. Seit Jahren sei zum Beispiel eine rasante Innovationsdynamik bei der Arzneibehandlung schwerer Erkrankungen sichtbar. Da die Innovationskomponente wissenschaftlich mit rund vier Prozent pro Jahr angegeben werde, sei die 7,5prozentige Erhöhung für einen Drei-Jahres-Zeitraum noch nicht einmal geeignet, nur diese Komponente abzubilden. 1992 hätten die Arzneiausgaben bei 33,9 Milliarden Mark gelegen, 1999 sollten sie nach der Vorstellung der Politik nur 33,6 Milliarden Mark erreichen. Während hier 300 Millionen Mark nach sieben Jahren weniger zur Verfügung stünden, seien die Krankenhausausgaben im selben Zeitraum um 18 Milliarden Mark gewachsen.
Die Ärzte müßten nicht, wie die Bundesregierung glauben machen wolle, nur eine Milliarde Mark bei Arznei-, Verband- und Heilmitteln einsparen, sondern 3,6 Milliarden Mark angesichts der 1999 zu erwartenden Ausgaben. Dabei sei der aktuell niedrige Anteil der Medikamente an den Gesamtausgaben der GKV kaum noch zu unterschreiten, meinte Schorre.
Er warf der Politik die Schwächung der ambulanten Versorgung zugunsten der Kliniken vor. Damit müsse im kommenden Jahr die Krankenbehandlung im ambulanten Sektor auf das medizinisch Notwendige konzentriert werden.

Kritik von Kassen


Unterdessen haben die Spitzenverbände der gesetzlichen Krankenkassen den geplanten bundesweiten Aktionstag der Kassenärzte scharf abgelehnt. Es sei nicht nachvollziehbar, daß die Mediziner die Versorgung gefährdet sähen, obwohl für die ambulante Versorgung de facto mehr Geld als bisher zur Verfügung stehe, argumentierten die Kassen in einer gemeinsamen Erklärung am 7. Dezember in Bonn.
Die Androhung, die medizinischen Leistungen zu begrenzen, sei nicht akzeptabel. Die Leistungsmenge müsse sich ausschließlich am Behandlungsbedarf der Patienten orientieren. Das geplante Arzneimittelbudget stelle ausreichende Mittel für eine medizinisch notwendige rationale Arzneiversorgung sicher, so die Krankenkassen. Zudem sollten nach den jetzt vorliegenden Plänen die Ausgaben für Arzthonorare nicht gesenkt werden, sondern der Honorarzuwachs an die Entwicklung der Einnahmen der GKV angepaßt werden. Die ärztliche Gesamtvergütung steige seit Jahren stärker als die Bruttoeinkommen der Beschäftigten. Es sei Aufgabe der Kassenärztlichen Vereinigungen, die Gesamtvergütung an alle Kassenärzte gerecht zu verteilen.l

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