Die Seite 3

Editorial

Ausverkauf der Pharmazie?

Zuerst ging es der Pharmazie an der Humboldt-Universität in Berlin an den Kragen, dann der Pharmazie in Heidelberg - und jetzt kommt ein Gutachten des Ministeriums für Wissenschaft, Bildung und Kultur zu dem Beschluß, es sei empfehlenswert, "Teile der Pharmazie an der Universität des Saarlandes in die Schwerpunkte Biomedizinische Wissenschaften und Materialien/Werkstoffe zu verlagern und gleichzeitig die Apothekerausbildung sowie die übrigen Teile aufzugeben". Diese Empfehlung, würde sie umgesetzt, käme einem Aus für das Fach Pharmazie im Saarland gleich. Das Gutachten stellt allerdings nicht nur die saarländische Pharmazieausbildung in Frage, sondern ruft erneut die Diskussion über eine Verlagerung der Pharmazie von der Universität an die Fachhochschule ins Leben.

Was ist los in Deutschland? Warum soll in einem hochzivilisierten Land, das wirtschaftlich und wissenschaftlich gesehen zu den führenden Nationen dieser Erde gehört, ein wichtiges Gebiet unseres Gesundheitswesens von den Universitäten verbannt werden? Die Pharmazie an der Universität Saarbrücken gehört zwar neben den Studienzweigen Pharmazie in Jena und Leipzig zu den kleinsten unter Deutschlands pharmazeutischen Fakultäten. Dennoch, so macht auch eine Stellungnahme der Fachschaft Pharmazie der Universität des Saarlandes deutlich (siehe Seite ...), wird dort effektiv und kostengünstig gearbeitet. Die allgemeine schlechte finanzielle Lage der saarländischen Uni darf die für diese Empfehlung des Ministeriums zuständige "Experten-Kommission" nicht dazu verleiten, auf Kosten der Pharmazie sparen zu wollen. Haben sich die sogenannten Experten, die von Seiten der Deutschen Forschungsgemeinschaft im pharmazeutischen Bereich nicht einmal als sachverständige Experten anerkannt sind, etwa unter dem Zwang Sparpotentiale aufdecken zu müssen, ein "kleines" Fach herausgepickt, von dem man sich wenig Widerstand erwartet? Oder versucht man auf der Welle mitzureiten, die die pharmazeutische Ausbildung von der Universität an die Fachhochschule drücken will? Ich bin überzeugt davon, dies wird nicht gelingen.

Unsere Gesellschaft braucht den an einer Hochschule wissenschaftlich ausgebildeten Apotheker - und nicht den Apotheker als Handwerker oder Logistikingenieur. Gerade die zukünftigen Aufgaben und Ausrichtungen des Apothekerberufs - Pharmaceutical Care und Klinische Pharmazie - verlangen mehr denn je das akademische Arbeiten. Sie sind tragfähige Standbeine des Faches Pharmazie, die im übrigen von allen Politikern einstimmig begrüßt werden.

Wenn die Universität des Saarlandes unter Geldnot leidet, kann man dafür nicht ein kleines Fach wie die Pharmazie verantwortlich machen. Wenn die Sachverständigenkommission das Fach Pharmazie in Saarbrücken mit nur vier Professoren für "stark unterausgestattet" hält, so kann dies nicht der Pharmazie angelastet werden. Immerhin qualifiziert dieser Studienzweig trotz knapper Personalausstattung die Studierenden kostengünstig und schnell für einen Beruf qualifizieren, dessen Absolventen auf dem Arbeitsmarkt sofort eine Anstellung bekommen. Also: Einem Ausverkauf der Pharmazie, der damit durch die Hintertür eingeläutet werden soll, muß energisch Paroli geboten werden.

Wie wichtig die Ausrichtung des Apothekerberufs als Berater und Informant in Sachen Gesundheit und Arzneimittel ist, zeigt auch ein Blick nach England. In einem Land, das schon seit langem mit einer starken Kommerzialisierung der Pharmazie - sprich Apothekenketten - lebt, entdeckt man jetzt mehr und mehr die Bedeutung der Beratungs- und Kundengespräche. Die größten Apothekenketten entwickeln zur Zeit neue Konzepte, die den Apotheker als den Berater in den Mittelpunkt stellen. Auch dies ist ein Hinweis darauf, daß die Rolle des Apothekers in Zukunft verstärkt die Beratung in den Mittelpunkt stellt, eine Leistung, für die die universitäre Ausbildung unabdingbar ist.

Ihr Peter Ditzel

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