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Nahrungsergänzungsmittel: Halb Lebensmittel, halb Arzneimittel?

Nahrungsergänzungsmittel haben sich in den letzten 10 Jahren einen enormen Markt erobert. Nicht selten sind sie, unter gezielter Ausnutzung von Gesetzeslücken, aber auch allzu oft unter Verstoß gegen geltende Gesetze und Vorschriften, so aufgemacht, daß sie den Anschein von Arzneimitteln erwecken.

Tatsächlich gibt es für Nahrungsergänzungsmittel keine Rechtsdefinition. Diese wurde zwar mit einem deutschen Richtlinienvorschlag für die Codex-Alimentarius-Kommission 1992 und mit einem EG-Diskussionsentwurf versucht, jedoch konnte letztendlich kein Konsens erzielt werden. Somit gibt es keine Zulassung für Nahrungsergänzungsmittel. Zur rechtlichen Beurteilung derartiger Produkte sind daher in erster Linie das Landes-, Bundes- und EU-Recht heranzuziehen. Danach sind Arzneimittel Erzeugnisse im Sinne des §2 des AMG (incl. die "fiktiv zugelassenen Arzneimittel") und Lebensmittel sind Erzeugnisse im Sinne des ß1 des Lebensmittel- und Bedarfsgegenstände-Gesetzes. Nach deutschem Recht können Lebensmittel keine Arzneimittel sein. Nach EU-Recht hingegen können aber Erzeugnisse, die keine Heilwirkung haben, als Arzneimittel beurteilt werden, wenn sie als solche bezeichnet werden. Dies kann auch für Lebensmittel gelten. Ebenso ist es möglich, daß ein Produkt in einem Mitgliedsstaat als ein Lebensmittel und in einem anderen Mitgliedstaat als Arzneimittel beurteilt werden kann. Derartige Erzeugnisse können auch in Deutschland auf den Markt gebracht werden, da Produkte, die in einem der Mitgliedsländer zugelassen sind, auch in den übrigen Mitgliedsstaaten nach EU-Recht §47a im Rahmen des freien Warenverkehrs verkehrsfähig sind. Es sei denn, es bestehen gesundheitliche Bedenken. So ist z. B. ein Nahrungsergänzungsmittel mit Bromzusatz (der die Testosteronbildung anregen soll!) in der BRD nicht verkehrsfähig. Die weitere direkte Beurteilung des Produktes kann dann anhand der nachfolgenden Kriterien vorgenommen werden: Verkehrsbezeichnung: Liegt ein bereits definiertes Lebensmittel, oder ein zugelassenes Arzneimittel vor ? Zweckbestimmung des Herstellers: Lebensmittelcharakter (=LM) haben Angaben zur Ernährung, Erfrischung, oder zum Genuß. Arzneimittelcharakter (=AM) haben hingegen Angaben und Hinweise zur Heilung, Vorbeugung, Linderung, sowie krankheitsbezogene Angaben. Aufmachung: Tabletten, Dragees, Ampullen, Tropfen, Verzehr mit dem Teelöffel = AM. Zusammensetzung und Dosierung: Sind Zutaten mit Arzneimitteleigenschaften vorhanden? Liegen die Dosierungen und Gehalte von Wirkstoffen im therapeutischen Bereich? Einnahmehinweise; verzehren, essen, trinken = LM; anwenden, einnehmen, Kur = AM. Werbemaßnahmen: Informationen zur Ernährung und Bedarfsdeckung = LM; Pressemitteilungen, Kuren, Alterung , Dankschreiben = AM. Vertriebsweg: Lebensmitteleinzelhandel = LM; Apotheke, Praxis von Ärzten, Zahnärzten und Heilpraktikern = AM. Im Zweifelsfall sollte man sich an die örtlichen Überwachungsbehörden und Untersuchungsämter wenden. Insgesamt wird die Überwachung zunehmend erschwert, da verschiedene Produkte über neue Vertriebswege, u. a. Masseure, Kosmetikinstitute, Hausparties, Arztpraxen, Heilpraktiker oder per Versand angeboten und verkauft werden.

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