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E-Rezept per Arzt-App: Ist das rechtens?

06.02.2024, 07:00 Uhr

Arztpraxen bieten teilweise Patient*innen an, E-Rezepte über Apps zu empfangen, die mit der Praxissoftware verknüpft sind. (Foto: IMAGO / Jochen Tack)

Arztpraxen bieten teilweise Patient*innen an, E-Rezepte über Apps zu empfangen, die mit der Praxissoftware verknüpft sind. (Foto: IMAGO / Jochen Tack)


Das E-Rezept ruft Goldgräberstimmung hervor. Alle wollen irgendwie mitmachen. So kündigt gefühlt täglich ein weiterer Player im Markt an, das Card-Link-Verfahren zur Verfügung zu stellen. Und auch die Anbieter von Arztsoftware sind fleißig dabei, den Patient*innen den Empfang von E-Rezepten aus den Praxen zu ermöglichen. Den Vorstellungen des Bundesgesundheitsministeriums, wie ein Rezept übertragen werden sollte, entspricht das allerdings nicht. 

Der Bundesrat hat am vergangenen Freitag grünes Licht für ein Gesetz zur Beschleunigung der Digitalisierung des Gesundheitswesens (Digital-Gesetz – DigiG) und für das Gesetz zur verbesserten Nutzung von Gesundheitsdaten (Gesundheitsdatennutzungsgesetz – GDNG) gegeben. Damit werden unter anderem neue Möglichkeiten für den Abruf von E-Rezepten geschaffen – zu den bereits bestehenden: also dem Papierausdruck, der Gematik-App und dem Stecken der elektronischen Versichertenkarte in der Apotheke. So sollen künftig elektronische Verordnungen über die Patientenakten-Apps von Krankenkassen abgerufen werden können – ab 2025 muss die elektronische Patientenakte (ePA) für alle Patient*innen eingerichtet werden, sofern sie nicht widersprechen. Auch das sieht das neu beschlossene Gesetz vor. Die Kassen halten diesen Zeitplan allerdings für ambitioniert. 

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Außerdem kann es zusätzliche Möglichkeiten geben, dass Versicherte Token direkt an Apotheken übermitteln (§ 360 Absatz 16 SGB V-neu). Dafür gelten allerdings strenge Auflagen, zum Beispiel hinsichtlich des Datenschutzes, und es dürfen keine Apotheken oder Gruppen von Apotheken bevorzugt sowie Zusatzdienste angeboten werden, die zu einer Einschränkung der freien Apothekenwahl führen.

BMG: E-Rezept vom Arzt zum Patienten nur über die TI

Was bereits jetzt und auch künftig nicht vorgesehen ist, ist die Übertragung von E-Rezepten und Zugangstoken von der Arztpraxis an einen Versicherten außerhalb der Telematikinfrastruktur (TI). Darauf weist das Bundesgesundheitsministerium (BMG) in einem Schreiben hin, das unter anderem an den Bundesverband Gesundheits-IT adressiert ist. 

Anlass für das BMG, nochmals auf die rechtlichen Rahmenbedingungen hinzuweisen, waren demnach Hinweise, dass es verschiedene Angebote im Markt gibt, die zurzeit noch nicht den geplanten Regelungen entsprechen. Das Schreiben ist auf den 29. Januar 2024 datiert. Dort findet sich neben dem Hinweis auf die bereits etablierten und nun mit dem Digitalgesetz beschlossenen Übertragungswege und deren Rahmenbedingungen folgende Aussage:


„Für alle Fälle der elektronischen Übermittlung von E-Rezepten und Zugangstoken, die nicht von den Ausnahmen in § 360 Absatz 16 SGB V-neu erfasst sind, ist verpflichtend die TI zu verwenden. Dies gilt auch für die Übermittlung von der Arztpraxis an einen Versicherten und im Übrigen auch schon vor dem Inkrafttreten des Digital-Gesetzes.“

Schreiben des BMG vom 29. Januar 2024


Das BMG zielt damit offenbar auf Angebote ab, die von Anbietern von Praxisverwaltungssystemen in den Markt gebracht werden, wie Clickdoc von CGM und arzt-direct von Tolmedo/Zollsoft. Der Plattformanbieter Gesund.de plant Vergleichbares mit Medatixx. Ab Sommer 2024 will man einen solchen Service zur Verfügung stellen. 

Patient*innen können dann mit den entsprechenden Apps E-Rezepte aus der Arztpraxis empfangen und diese an Apotheken weiterleiten. Zudem bieten die Apps die Möglichkeit, Termine zu vereinbaren oder mit der Arztpraxis zu kommunizieren. Digitalaffine Arztpraxen weisen ihre Patient*innen bereits aktiv auf diese Möglichkeit hin, beispielsweise indem sie auf ihren Webseiten direkt auf die jeweiligen Apps verlinken. Den Vorstellungen des BMG entspricht dieser Übertragungsweg für E-Rezepte aber ganz offensichtlich nicht.

Makelverbot und Diskriminierungsfreiheit: Weitere offene Fragen

Abgesehen von dem Problem der E-Rezeptübermittlung außerhalb der TI gibt es bei diesen App-Angeboten auch noch weitere ungeklärte Punkte. So verstoßen möglicherweise einzelne Anbieter gegen das Makelverbot, weil Apotheken dort nur gegen Gebühr gelistet werden. Und auch die Frage der Diskriminierungsfreiheit wird Jurist*innen in Zukunft sicher noch beschäftigen.


Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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2 Kommentare

Quelle

von Uwe Schnabel am 08.02.2024 um 15:22 Uhr

Kann die Autorin bitte die Quelle (das BMG Schreiben) verlinken, um den LeserInnen zu erlauben, die Schlüsse nachvollziehen oder eigene Schlüsse ziehen zu können? Vielen Dank.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Wehrhafte Pharmazie

von Jörg Wemsewitz am 06.02.2024 um 10:46 Uhr

Und wer kümmert sich um die ganzen Glücksritter? Die ABDA, der DAV, die BAK oder gar das BMG selbst. Ich bin gespannt, befürchte aber das hier das Prinzip gelten wird, wer lang genug Recht bricht, bekommt Recht.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

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