Investorenbetriebene Medizinische Versorgungszentren

Zahnärzte fordern von Lauterbach Investoren-Regulierung

Berlin - 23.01.2024, 13:45 Uhr

Will Bundesgesundheitsminister Lauterbach zum Handeln bewegen: KZBV-Chef Martin Hendges. (Foto: KZBV/Knoff)

Will Bundesgesundheitsminister Lauterbach zum Handeln bewegen: KZBV-Chef Martin Hendges. (Foto: KZBV/Knoff)


Bundesgesundheitsminister Lauterbach hatte es bereits im Dezember 2022 versprochen: Er will den Aufkauf von Arztpraxen durch Investoren stoppen. Die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung und die Bundeszahnärztekammer haben ihn nun erneut daran erinnert – denn geschehen ist bislang nichts.

Das Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz (GVSG) soll unter anderem helfen, Menschen in armen Regionen oder Stadtteilen in gesundheitlichen und sozialrechtlichen Fragen zu unterstützen. Das soll beispielsweise durch die Gesundheitskioske geschehen – was Apotheker- und Ärzteschaft heftig kritisieren.

In dem vergangene Woche bekanntgewordenen Referentenentwurf ist aber auch vorgesehen, dass die Kassen nicht mehr die Kosten für Homöopathie übernehmen. Neu ist auch die Entbudgetierung von Hausärzten.

Und die Investoren-MVZ?

Im Gesetz finden sich überdies Regelungen zu Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) – nicht aber in Bezug auf die Frage von fachfremden Investoren. In erster Linie soll Kommunen die MVZ-Gründung erleichtert werden. Die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) und die Bundeszahnärztekammer (BZÄK) forderten am Dienstag Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) deshalb erneut auf, die von versorgungsfremden Investoren betriebenen MVZ (sogenannte iMVZ) „endlich wirksam zu regulieren“.

Seit Jahren würden Private-Equity-Gesellschaften und andere große Finanzinvestoren in die vertragszahnärztliche Versorgung drängen und häufig kleine und marode Krankenhäuser aufkaufen, um sie dann „lediglich als gesetzlich notwendiges Vehikel zur Gründung von iMVZ und großer iMVZ-Ketten zu nutzen“, heißt es in einer Pressemitteilung der Verbände. Mittlerweile liege der Anteil der iMVZ an allen zahnärztlichen MVZ bei 30,4 Prozent (3. Quartal 2023), mit weiter steigender Tendenz.

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Profit, Pleiten und Patientenwohl

Der Vorsitzende des KZBV-Vorstandes, Martin Hendges, erklärte demnach, es sei lange bekannt, „dass die rein renditeorientierten zahnärztlichen iMVZ kaum etwas zur Versorgung auf dem Lande beitragen. Ihr Anteil an der Versorgung vulnerabler Gruppen ist auch deutlich geringer als bei herkömmlichen Praxen“. Eigene Analysen von Abrechnungsdaten würden zudem eine Tendenz zu Über- und Fehlversorgungen in iMVZ gegenüber den bewährten Praxisformen zeigen.

„Vergewerblichung des Gesundheitswesens stoppen“

Er fordert, „die fortschreitende Vergewerblichung des Gesundheitswesens endlich wirksam zu stoppen“. Konkrete Vorschläge dazu würden „seit Langem auf dem Tisch“ liegen: „Ein räumlicher und – das ist wichtig – auch fachlicher Bezug eines Trägerkrankenhauses muss gesetzlich zur Voraussetzung der Gründungsbefugnis eines Krankenhauses von iMVZ gemacht werden. Darüber hinaus ist zur Herstellung erforderlicher Transparenz die Schaffung von iMVZ-Registern und die Verpflichtung für iMVZ Betreiber, auf Praxisschildern und Websites Angaben über Träger- und Inhaberstrukturen zu machen, dringend erforderlich.“ 

Schlechte Work-Life-Balance und Behandlungsqualität

BZÄK-Präsident Christoph Benz betont laut Pressemitteilung: „Die Zahnmedizin in Deutschland braucht keine fachfremden Investoren, die sich in ohnehin meist gut versorgten kaufkraftstarken Regionen niederlassen, um dort ihre Renditeversprechen zu erfüllen.“ Behandler in iMVZ stünden oft „unter einem enormen Umsatzdruck“, die schlechte Work-Life-Balance wirke sich auch auf die Behandlungsqualität aus.

Studien zu Private-Equity im Gesundheitswesen

Erst in August hatte ein internationales Forscherteam in einer Meta-Studie belegt, dass die Beteiligung von Private-Equity-Unternehmen (PE) im Gesundheitswesen auch im internationalen Maßstab Patienten und Kostenträger teuer zu stehen kommt. Positive Auswirkungen hingegen waren kaum zu finden – im Gegenteil.

„Finanzwende Recherche“ kam in einer im Mai veröffentlichten Studie zu dem Schluss, dass die steigende Beteiligung von Private-Equity-Firmen an Arztpraxen in Deutschland die Qualität der medizinischen Versorgung und die Versorgungssicherheit als Ganze gefährde. Es wird konstatiert, dass das „Übergreifen der kurzfristigen Renditelogik der Finanzmärkte auf andere Bereiche“ auch vor dem Gesundheitssektor nicht haltmacht.

Lauterbach wollte Riegel vorschieben

Lauterbach hatte bereits Ende Dezember 2022 erklärt: „Ich schiebe einen Riegel davor, dass Investoren mit absoluter Profitgier Arztpraxen aufkaufen.“ Noch im ersten Quartal 2023 sollte das diesbezügliche Gesetz vorliegen – passiert ist allerdings seither nichts, was auch in der aktuellen Pressemitteilung von KZBV und BZÄK kritisiert wird.

Bundesländer preschen voran

Aus diesem Grund haben Bayern, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein im Mai 2023 einen Entschließungsantrag im Bundesrat eingereicht, der die „Schaffung eines MVZ-Regulierungsgesetzes“ zum Ziel hat, da durch die iMVZ Risiken „für eine flächendeckende, umfassende Versorgung“ bestünden.

Die Bundesländer forderten unter anderem ein bundesweites MVZ-Register und eine Kennzeichnungspflicht für Träger und Betreiber. Um „Konzentrationsprozesse“ und „Monopolisierungstendenzen“ zu „begrenzen“, sollten Krankenhäuser nur in einem Umkreis von 50 Kilometern MVZ gründen können. Zudem soll die Unabhängigkeit der ärztlichen Berufsausübung in MVZ vor dem Einfluss von „Kapitalinteressen“ geschützt werden. 


Matthias Köhler, Redakteur DAZ.online
redaktion@daz.online


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