Digitalisierung

Weiterer Anbieter von Gesundheits-Apps insolvent

Berlin - 01.06.2023, 15:16 Uhr

Körperliche Betätigung, überwacht von der Gesundheits-App. (Foto: IMAGO / Blue Jean Images)

Körperliche Betätigung, überwacht von der Gesundheits-App. (Foto: IMAGO / Blue Jean Images)


Seit September 2020 können digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) verordnet werden. Das Geschäft mit den Apps gestaltet sich allerdings schwierig: Jetzt ist mit Aidhere bereits der dritte Anbieter insolvent gegangen.

Erneut hat ein Anbieter von digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGA) Insolvenz angemeldet: Aidhere erklärte am 25. Mai in einer Pressemitteilung, dass zwei Tage zuvor Antrag auf Eröffnung eines diesbezüglichen Verfahrens beim Amtsgericht Hamburg gestellt wurde. Erforderlich sei das geworden, nachdem durch eine Entscheidung der Schiedsstelle der ursprüngliche Vergütungsbetrag für die DiGA Zanadio um mehr als die Hälfte reduziert wurde, so das Unternehmen. Wie Handelsblatt Inside berichtet, ist dies schon die dritte Insolvenz eines DiGA-Anbieters. Zuvor gingen bereits Rehappy (App für Schlaganfallpatienten) und Newsenselab (M-sense Migräne) in Konkurs.

Zanadio ist eine App zur digitalen Behandlung von Adipositas und war Ende Oktober 2020 vorläufig ins DiGA-Verzeichnis aufgenommen worden. Die Kosten für Apps in dem Verzeichnis werden von den Kassen erstattet. Die vorläufige Aufnahme erfolgt, wenn ein positiver Versorgungseffekt noch nicht nachgewiesen werden konnte. Verlangt wurden für die App laut Handelsblatt zu dem Zeitpunkt 499,80 Euro pro Versicherten im Quartal.

Im Mai 2022 wurde die Anwendung nach der Erprobungsphase und dem Nutzennachweis dann dauerhaft im Verzeichnis aufgenommen. Kann der DiGA-Anbieter in der Erprobungsphase den Preis noch selbst bestimmen, haben im Anschluss allerdings die Krankenkassen ein Wörtchen mitzureden. Da es zu keiner Einigung mit dem Spitzenverband kam, setzte ein Schiedsgericht den Preis nun bei 218 Euro an. In der Konsequenz bedeutet dies aber nicht nur eine sehr viel geringere Vergütung – da der Preis rückwirkend ab Oktober 2021 gilt, warten auch Rückzahlungen auf das Unternehmen. Laut Handelsblatt geht es um einen Bruttobetrag von mehr als 10 Millionen Euro.

Das Schiedsgericht habe die Entscheidung in dem Wissen getroffen, dass der neue Vergütungsbetrag und die daraus drohenden Rückzahlungsansprüche für das Unternehmen wirtschaftlich nicht zu stemmen seien, heißt es in der Pressemitteilung von Aidhere. Zudem seien unter den neuen Umständen auch Risikokapitalgeber nicht mehr bereit gewesen, die Sanierungsbemühungen zu begleiten.

Ernüchternde Bilanz

Der GKV-Spitzenverband hatte bereits Anfang des Jahres eine ernüchternde Bilanz zu zwei Jahren DiGA vorgelegt. „Mit viel Vorschusslorbeeren sind DiGA in die Versorgung gestartet. Aber den Erwartungen sind sie bisher nicht gerecht geworden“, erklärte damals Stefanie Stoff-Ahnis, Vorstand beim GKV-Spitzenverband. Insbesondere der Zusammenhang zwischen Preishöhe und Nutzen sei oft nicht erkennbar. Durchschnittlich lägen die Herstellerpreise für eine DiGA bei 500 Euro pro Quartal – und das, obwohl sie meist nur als zusätzliche Maßnahme zur bestehenden Versorgung genutzt würden.

Laut Aidhere sind bereits erste Sanierungsmaßnahmen zwischen dem vom Amtsgericht Hamburg bestellten Insolvenzverwalter und der Geschäftsführung veranlasst worden. Um das Unternehmen zu retten und möglichst vollständig die 150 Mitarbeiter:innen halten zu können, sei ein Investorenprozess eingeleitet worden. Es gebe zudem bereits „positive Signale von Interessenten zu den angelaufenen Sanierungsbemühungen“. Das Unternehmen informiert auch darüber, dass die Anwendung weiterhin verfügbar ist und verordnet werden kann.


Matthias Köhler, Redakteur DAZ.online
redaktion@daz.online


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