Start am 1. September

KV Westfalen-Lippe bleibt beim E-Rezept-Rollout an Bord

Traunstein - 23.08.2022, 16:45 Uhr

Während die Kassenärzte in Schleswig-Holstein aus dem E-Rezept-Rollout aussteigen, will man in Westfalen-Lippe daran festhalten. (b/Foto: picture alliance / FotoMedienService | Ulrich Zillmann)

Während die Kassenärzte in Schleswig-Holstein aus dem E-Rezept-Rollout aussteigen, will man in Westfalen-Lippe daran festhalten. (b/Foto: picture alliance / FotoMedienService | Ulrich Zillmann)


In Westfalen-Lippe startet am 1. September wie geplant der Rollout des E-Rezepts. Dabei setzt die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL) vor allem auf das Einlösen der Verordnungen über die elektronische Gesundheitskarte (eGK).     

Der Rollout des E-Rezepts startet am 1. September in zwei Regionen: in Schleswig-Holstein und Westfalen-Lippe. Doch seit gestern ist klar: Die Kassenärztliche Vereinigung Schleswig-Holstein (KVSH) macht einen Rückzieher. Hintergrund ist, dass das in Schleswig-Holstein wohl gebräuchliche Versenden des Tokens über eine unverschlüsselte E-Mail nicht den Ansprüchen der Landesdatenschutzbeauftragten genügt und die KV offenbar nicht willens ist, auf andere mögliche Übertragungswege zurückzugreifen.

Doch wie sieht es in Westfalen-Lippe aus? Hier bleibt man – zumindest vorerst – „weiter an Bord“, heißt es in der Pressemeldung der KVWL. „Wir respektieren natürlich die Entscheidung unserer Kolleginnen und Kollegen aus Schleswig-Holstein, allerdings werden wir vorerst nicht aus dem Projekt aussteigen. Wir sind weiterhin davon überzeugt, dass es bei der Digitalisierung des Gesundheitswesens besser ist, auf dem Fahrersitz zu sitzen und den Kurs mitzubestimmen – damit wir möglichst unfallfrei durch diese Entwicklung kommen“, sagt Thomas Müller, Vorstand der KVWL und unter anderem für IT und Digitalisierung zuständig. Zum Start der Rollout-Phase am 1. September seien in Westfalen-Lippe rund 250 Praxen dabei, im Anschluss daran soll die Anzahl der Teilnehmer sukzessive gesteigert werden.

Einlösen des E-Rezepts mit der eGK ist „unverhandelbar“

Dabei sei unverhandelbar, so Müller weiter, dass es für ein digitales Angebot wie das E-Rezept nur eine digitale Lösung zur Übertragung geben könne. „Den Weg dafür haben wir mit dem Einsatz der elektronischen Gesundheitskarte bereits aufgezeigt.“ Die KVWL stellt dazu konkrete Forderungen auf: „Wir erwarten von der Gematik, dem Bundesgesundheitsministerium und den Apothekenverwaltungssystem-Herstellern, dass das E-Rezept spätestens in drei Monaten mit der eGK übertragen und eingelöst werden kann. Das ist die Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Einführung des E-Rezepts und nicht verhandelbar.“

Bis es so weit ist, bekommen Patienten in Westfalen-Lippe auch Papierausdrucke. In einer Ende Juli aktualisierten Anweisung auf der Website der KVWL wird erklärt, wie die Ärzte nach dem Erstellen, Signieren und Abschicken des E-Rezepts vorgehen sollen:

  • Die Patientin oder den Patienten fragen, ob sie die E-Rezept-App nutzen. Ist das der Fall, erhalten diese eine Information in ihrer App, dass ein E-Rezept für sie zur Verfügung steht und in der Apotheke eingelöst werden kann.
  • Patientinnen und Patienten, die die App nicht nutzen, erhalten einen Token-Ausdruck. Dieser enthält Informationen zu bis zu drei Verordnungen. Die aufgedruckten Data-Matrix-Codes können in der Apotheke eingescannt werden. Der Token-Ausdruck wird automatisch vom PVS erstellt, nicht unterschrieben und kann im Format A5 oder A4 in Schwarz-Weiß in der Praxis gedruckt werden.

KVSH lehnt Ausdruck als Übergangslösung ab

Während die KVWL damit Papierausdrucke als Übergangslösung akzeptiert, macht die KVSH keinen Hehl aus ihrer ablehnenden Haltung. Auf ihrer Website steht dazu: „Bedenken Sie dabei, dass Sie damit zwar ihre Prozessorganisation umstellen und üben können, Sie ansonsten für sich und Ihr Personal aber keinen Mehrwert erzielen, weil bei Massenanwendung mehr Zeit-, Druck- und Papierressourcen verbraucht werden.“ Und: „Mit einem Ausdruck erleichtern Sie ggf. zwar die Rezeptabrechnung für Apotheken, wir halten dies allerdings nicht für eine Aufgabe der Praxen.“

Abzuwarten bleibt, wie es nun weitergeht. Denn die Gematik hat als Voraussetzung für den Rollout des E-Rezepts in weiteren Regionen drei Erfolgskriterien für Schleswig-Holstein und Westfalen-Lippe festgelegt. Eines davon ist, dass von der Gesamtzahl aller Verordnungen verschreibungspflichtiger Arzneimittel in jeweils beiden Gebieten 25 Prozent als E-Rezepte ausgestellt werden müssen. Doch wie sieht es aus, da die Kassenärzte in Schleswig-Holstein nun nicht mehr dabei sind?

Gematik: Erfolgskriterien sind weiter gültig

Auf Anfrage antwortet die Pressestelle der Gematik, dass die in der Gesellschafterversammlung festgelegten Erfolgskriterien weiterhin gültig seien. „Das weitere Vorgehen wird mit den Gesellschaftern der Gematik geklärt“, heißt es. Zudem äußert sich die Pressestelle zu den derzeit möglichen Übermittlungswegen für E-Rezepte: „Die Rahmenbedingungen, unter denen der Rollout in den Regionen geschieht, sind unverändert wie zu dem Zeitpunkt, als der Rollout vereinbart wurde: Es gab und gibt die E-Rezept-App und den Ausdruck des E-Rezepts als Weg, ein E-Rezept einzulösen.“

Eine klare Absage geht dagegen an die in Schleswig-Holstein bevorzugte Übermittlung des Tokens per E-Mail: „Darüber hinaus waren SMS oder E-Mail nie als sichere Einlösewege des E-Rezepts Bestandteil der Gematik-Spezifikationen, sondern eine individuelle, von nur sehr wenigen Herstellern angebotene Entwicklung der Software-Industrie. Die Gematik hat in der Vergangenheit bereits diesbezüglich auf Regulierungsbedarfe hingewiesen.“


Dr. Christine Ahlheim (cha), Chefredakteurin AZ
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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