Nach Rollout-Stopp in Westfalen-Lippe

DAV drängt auf rasche E-Rezept-Einlösung per eGK

Berlin - 04.11.2022, 14:30 Uhr

Anke Rüdinger vom DAV-Vorstand fordert in Sachen E-Rezept Klarheit seitens der Politik. (Foto: ABDA)

Anke Rüdinger vom DAV-Vorstand fordert in Sachen E-Rezept Klarheit seitens der Politik. (Foto: ABDA)


Nachdem die Kassenärztliche und die Kassenzahnärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe den Rollout-Prozess für das E-Rezept ausgesetzt haben, meldet sich jetzt auch der Deutsche Apothekerverband zu Wort. Vorstandsmitglied Anke Rüdinger macht klar: Die Möglichkeit, E-Rezepte mittels elektronischer Gesundheitskarte einzulösen, muss schnellstmöglich kommen. Für die Befürchtungen der Datenschützer hat der DAV kein Verständnis.

Die Gematik hält eisern fest an ihrem Ziel, das E-Rezept im kommenden Jahr flächendeckend einzuführen. Doch vor allem in der Ärzteschaft hat man weiterhin massive Probleme mit den elektronischen Verordnungen – auch wegen ihres Wegs zum Patienten und den Einlösemöglichkeiten. Die Gematik-App bekommen noch die wenigsten Versicherten zum Laufen, der alternative Papierausdruck des E-Rezept-Tokens ist für niemanden eine zufriedenstellende Lösung. Was einfach und praktikabel scheint, fällt bei den Datenschützern durch. 

So auch der Weg über die elektronische Gesundheitskarte (eGK). Und eben dies führte nun dazu, dass die Kassenärztliche und die Kassenzahnärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL, KZVWL) am gestrigen Donnerstag bekannt gaben, den Rollout-Prozess zu stoppen. Weitere Praxen, als die bisher schon beteiligten, sollen erst einmal nicht mehr akquiriert werden. Ohne die Aussicht auf einen baldigen Einsatz der eGK sieht die KVWL keine Chance, dass das Zielkriterium von 25 Prozent elektronischen Verordnungen eingehalten werden kann – und erst dann soll der Rollout in weiteren Regionen starten.

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Der Apothekerverband Westfalen-Lippe äußerte schon gestern Bedauern angesichts dieser Entscheidung. Zugleich betonte man hier, dass es mit jenen, die bereits an Bord des Projekts sind, weitergehe.

DAV: Apotheken setzen Bemühungen mit aller Kraft fort

Am heutigen Freitag meldet sich auch der Deutsche Apothekerverband (DAV) zu Wort. In einer Pressemitteilung heißt es: „Deutschlands Apotheken bekennen sich zur schnellstmöglichen Einführung des E-Rezepts in ganz Deutschland und setzen deshalb ihre Bemühungen in den beiden Testregionen Schleswig-Holstein und Westfalen-Lippe mit aller Kraft fort.“ Sie forderten alle Beteiligten im Gesundheitswesen auf, daran mitzuarbeiten, dass die eGK möglichst schnell als einfacher und patientenfreundlicher Weg zum Einlösen von E-Rezepten in Apotheken genutzt werden kann.

DAV-Vorstandsmitglied Anke Rüdinger betont: „Die Apotheken sind bundesweit bereit für das E-Rezept, nachdem sie sich in den vergangenen Jahren mit großem technischen, organisatorischen und personellen Aufwand darauf vorbereitet haben.“ Als Gesellschafter der Gematik setze sich der DAV seit langem dafür ein, dass das E-Rezept auch verlässlich und patientenfreundlich im Versorgungsalltag ankomme. Die eGK, die alle gesetzlichen Versicherten schon haben, müsse deshalb dringend als zusätzlicher Weg etabliert werden. Natürlich sei Datenschutz dabei wichtig, räumt Rüdinger ein. „Aber wer hier Bedenken hat, sollte auch konstruktive Vorschläge machen, wie man diese ausräumen kann. Sonst kommt die Digitalisierung im Gesundheitswesen nicht voran!“

Gematik arbeitet längst an Lösungen

Tatsächlich hatten der Bundesdatenschutzbeauftragte (BfDI) und das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) Lösungsvorschläge zur Behebung der von ihnen monierten Datenschutzlücken unterbreitet. Offenbar entsprechen diese jedoch nicht den Vorstellungen des DAV. Hier hat man ohnehin schon kein Verständnis für die Befürchtungen der Datenschützer, dass es bei der geplanten Nutzung der eGK zum Einlösen von E-Rezepten in Apotheken zu einem Datenmissbrauch kommen könnte. Der DAV verweist darauf, dass die Gematik und ihre Gesellschafter längst an Lösungen arbeiteten, damit Kriminelle gestohlene oder verlorene Gesundheitskarten nicht zum Einlösen von E-Rezepten der berechtigten Patienten missbrauchen können. Dass Apothekerinnen und Apotheker die einmal abgerufenen Daten einer Gesundheitskarte für spätere E-Rezepte speichern und damit die freie Apothekenwahl der Patienten verhindern, verbiete sich zudem durch das besondere Vertrauensverhältnis sowie strikte rechtliche Vorgaben, so der DAV.

Rüdinger: Politik muss Klarheit schaffen

„Wir brauchen die Gesundheitskarte, damit Millionen Menschen endlich die Vorteile des E-Rezeptes nutzen können. Die Politik ist gefordert, hier Klarheit zu schaffen“, so Rüdinger abschließend.

Ganz so schnell wird es aber vermutlich nicht gehen. In einer Mitteilung der Gematik hieß es am gestrigen Donnerstag, „ab Mitte 2023“ werde die Einführung der eGK „zusätzlich beschleunigt“. „Dann sollen auch mit der elektronischen Gesundheitskarte E-Rezepte in den Apotheken einfach und sicher eingelöst werden können.“ Datenschutzrechtliche Überraschungen sollte man künftig hoffentlich ausschließen können. Laut Gematik steht sie zur Entwicklung der notwendigen technischen Lösung im engen Austausch mit den Gesellschaftern, dem BfDI und dem BSI.


Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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9 Kommentare

Konstruktiver Datenschutzvorschlag, bitte sehr!

von Andreas P. Schenkel am 05.11.2022 um 16:13 Uhr

Datenschutz bietet das Gematik-System überhaupt nicht. Zwar werden die Gesundheitsdaten verschlüsselt übertragen, aber die Verarbeitung erfolgt unverschlüsselt, wie der Chaos Computer Club ausführt, und die Verarbeitung erfolgt auf einer veralteten, unsicheren Technologie, die zudem bereits mehrfach erfolgreich angegriffen wurde.

https://www.ccc.de/de/updates/2022/erezept-mangelhaft
https://www.ccc.de/de/updates/2022/zentral-gespeicherte-patientendaten

Die Einschätzung von Frau Rüdinger ist dementsprechend falsch und von weitgehender Unkenntnis der technische Sachlage geprägt. Wer sich jedoch derart umfassend zum Datenschutz der gematik-Anwendungen äußert und sich zugleich dreist anmaßt, im Namen von "Deutschlands Apotheken" zu sprechen, der sollte keine solchen Aussagen tätigen, die den vorliegenden Fakten nicht standhalten können!

Mein konstruktiver Vorschlag hierzu lautet: Bis auf weiteres müssen die Gesundheitsdaten lokal gespeichert werden: Die gematik-Services sollenn keine Datenübertragung von Patientendaten über irgend ein Netz zulassen. Stattdessen verbleiben die Patientendaten in der Arztpraxis. Und sie werden zusätzlich auf einem Datenträger im Besitz des Patienten gespeichert, sei es eine Karte (eGK) oder ein USB-Stick für mehr Datenvolumen. Das eRezept kann damit besonders sicher übertragen werden, nämlich in die Apotheke gebracht und dort ausgelesen werden. Ohne Datenleitung. Ohne QR-Code. Ohne zentrale Speicherung und ohne unsichere, angreifbare zentrale Verarbeitung. Mit besserer Ausfallsicherheit, weil nicht auf netzgestützte Verarbeitung angewiesen.

Die Erkenntnisse des Chaos Computer Clubs lassen nur einen Schluss zu: Sobald Patientendaten oder Arzneiverordnungen derzeit die Arztpraxis per Datenleitung verlassen haben und auf einer gematik-Infrastruktur angekommen sind, ist keine Datensicherheit mehr vorhanden. Das ganze ist teurer Schrott, der seine Ziele hinsichtlich Datensicherheit und Patientenschutz klar verfehlt.

Ein komplettes Neu-Errichten mit sicherem Datenfluss-Design ist nötig, die derzeitigen technischen Verfahren sind untragbar.

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Personalie

von ecke2 am 05.11.2022 um 12:40 Uhr

Frau Rüdinger ist doch nur eine Strohfrau für eine kleine ABDA Riege. Wie sie nach Herrn Bienfait in Berlin zur BAV Vorsitzenden gemacht wurde ohne Legitimation der Apothekenverbandsmitglieder war damals schon unglaublich.

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Wie dumm muss man sein

von Gert Müller am 04.11.2022 um 22:27 Uhr

Ich dachte Cannabis wäre noch nicht freigegeben. Es ist unglaublich ! Für wen spricht diese Ausgeburt der Ahnungslosigkeit? Für Frau Peters, Herrn Eper, Herr Schmitz und Herrn CR 31 bestimmt nicht.

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AW: Wie dumm muss man sein

von Anita Peter am 05.11.2022 um 15:31 Uhr

Nein mit Personen, die bis heute nicht verstanden haben, dass man mit politischer Speichelleckerei nicht vorankommt, bin ich nicht einverstanden.
Solche Personen verhandeln dann auch noch Verträge für uns aus. Kannste Dir nicht ausmalen.....

Nicht meine Standesvertretung

von Linda F. am 04.11.2022 um 20:46 Uhr

Gegen die Interessen der Apotheken vor Ort, gegen die Vernunft und völlig von der Realität abgekoppelt - ein Armutszeugnis!
Das E-Rezept funktioniert nicht mal in der Theorie. Das Konzept wurde sowohl vom Chaos Computer Club als auch von diversen Datenschützern gleich mehrfach komplett zerlegt.
Wer vor diesem Hintergrund die „schnellstmögliche Einführung des E-Rezepts in ganz Deutschland“ fordert und dazu noch behauptet, dass sich die Apotheken dazu bekennen würden, muss in einer Parallelwelt leben. An Inkompetenz ist das jedenfalls kaum zu überbieten!

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Noch inkompetenter geht es nicht!

von Aristide Reidel am 04.11.2022 um 19:30 Uhr

Sehr geehrte Frau Rüdinger,
Ihren Ausführungen kann ich nur widersprechen. Die Vorteile eines E-Rezeptes existieren nur für Versand-Apotheken. Die vollversorgende Apotheke vor Ort hat, wie die Arztpraxen, nichts davon. Die elektronische Ausstellung von Rezepten führt zu einer vermehrten Umgehung der Verschreibungspflicht, zu einem Mehrgebrauch von Arzneimitteln also zu Vorgängen, die durch unser aktuelles System kontrolliert werden können. Die Sicherheit der Arzneimittelversorgung wird untergraben. Dazu kommt die Verschiebung von Umsätzen ins Ausland, dies schädigt, die Infrastruktur vor Ort. Patient, Arzt und Apotheke werden auch bei Einhaltung der DSGVO immer gläserner. Seit Jahren fordere ich zur Umsetzung des digital-elektronischen Datenaustauschs sichere Soft- und Hardware, sowie ein sicheres Intranet für systemrelevante Strukturen. Das bedeutet im Klartext: Ein deutsches oder europäisches Betriebssystem, das so programmiert ist, dass es maximale Sicherheit gewährleistet, Apothekensoftware, die sicher ist, Haftung der Softwarefirmen für die Datensicherheit und Versorgungssicherheit. Zur Zeit haften die Apothekeninhaberinnen und -inhaber mit ihrem Privatvermögen. Die Versorgung muss in Kriegs- und Katastrophenzeiten gesichert sein. Stromausfall, darf kein Problem sein. Jederzeit müssen wir in der Lage sein, unseren Job bei Kerzenschein und mit einem Bleistift zu machen. Das Versagen der Gematik und unserer Standesorganisationen bei der Einführung des E-Rezeptes ist eklatant. Jede Organisation, die Mitglied der Gematik ist, muss überwachen, dass die Datensicherheit auf der Soft- und Hardwareebene zu jeder Zeit gesichert ist. Ich habe im Studium gelernt, dass man Qualität in einen Prozess oder in ein Produkt hineinarbeiten muss, man kann sie nicht hinterher hineinprüfen! Wo haben ABDA, DAV und BAK diese Aufgabe erfüllt? Schieben Sie das jetzt nicht auf die Gematik. Es ist absolut peinlich für unseren Berufsstand, dass diese Probleme nicht laufend überwacht wurden. Wo ist da die transparente Dokumentation der Validierung und Überwachung aller Prozesse? Wir müssen alle dankbar sein, dass die Datenschutzbeauftragten ihre Arbeit ordentlich machen. Wer würde die Kosten tragen, die ein wirklich sicheres System mit sich bringt? Bei jedem PC, bei jedem Tablett, und bei jedem Smartphone, das mit meinem Apothekensystem kommuniziert, muss die Sicherheit der Daten im Betrieb geschützt und gewährleistet sein! Was wir zur Zeit auf dem Markt haben, ist an den realen Anforderungen gemessen einfach nur Spielzeug. Ihre Aussagen sind unprofessionell und falsch. Das ganze Projekt ist chaotisch und konzeptlos.
Hochachtungsvoll A. Reidel

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E-Rezept

von Roland Mückschel am 04.11.2022 um 16:50 Uhr

Ich glaube ich bin im falschen Film.
Warum fordert eine Frau Rüdinger, Vertreterin meiner
Interessen, das Gegenteil von dem was ich will.
Bin ich in der Minderheit?

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DAV: Apotheken setzen Bemühungen mit aller Kraft fort

von Karl Friedrich Müller am 04.11.2022 um 16:50 Uhr

nee - Der DAV setzt fort, die Apotheken können gut ohne leben. Nach wie vor ignoriert der DAV alle Gegenargumente. Ich frage mich da schon, wo die wirklichen Interessen des DAV liegen. Ich denke nicht, dass die doof sind, wie behauptet, sondern agieren aus starken Eigeninteressen, um es mal so zu formulieren, die mit den Apotheken nichts zu tun haben oder gar einer Vertretung der Apotheken.
Die Standesvertretung agiert inzwischen wie die gesamte Politik. Gegen das Volk, gegen jede Vernunft

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Es stimmt also

von Conny am 04.11.2022 um 16:42 Uhr

…die Uni Bonn hat in ihrer letzten Studie festgestellt , dass jede dritte Abda Delegierte genauso doof ist wie die anderen beiden

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