Gesundheitspolitik

Rückschlag für E-Rezept-Rollout in Westfalen Lippe

KVWL und KZVWL ziehen Konsequenzen aus Datenschutzproblemen

ks | Die Kassenärztliche und die Kassenzahnärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe haben den Rollout-Prozess für das E-Rezept bis auf Weiteres ausgesetzt. Wie sie am vergangenen Donnerstag mitteilten, ist die Entscheidung die Konsequenz daraus, dass der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI) sowie das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) den Einsatz der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) zur E-Rezept-Einlösung ablehnen. 

Die Datenschützer hatten schon Anfang Oktober klargestellt, dass sie die hierzu vorgelegte Spezifikation der Gematik für nicht datenschutzkonform halten. Unmöglich ist der Weg via eGK aus ihrer Sicht zwar nicht – doch um dort hinzukommen, sind allerdings Änderungen am E-Rezept-Fachdienst und den Apothekenverwaltungssystemen nötig. Für die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL) war ein zeitnaher eGK-Einsatz jedoch „Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Einführung des E-Rezepts und nicht verhandelbar“.

Schon zum Rollout-Start in West­falen-Lippe und Schleswig-Holstein am 1. September hatte die KV Schleswig-Holstein ihren Rückzug erklärt, weil die dortige Datenschutzbeauftragte den offiziell nicht vorgesehenen, aber häufig praktizierten Weg der E-Rezept-Übertragung per E-Mail oder SMS aus datenschutzrechtlichen Gründen untersagt hatte. Die KVWL blieb zwar am Ball, machte aber deutlich, dass sie von der Gematik, dem Bundesgesundheitsministe­rium (BMG) und den Apothekenverwaltungssystem-Herstellern erwarte, dass das E-Rezept spätestens in drei Monaten mit der eGK übertragen und eingelöst werden kann. Doch daraus wird nichts. Das Veto der Datenschützer werde dazu führen, dass das für das weitere stufenweise Rollout bestimmte Erfolgskriterium, 25 Prozent aller Verordnungen in den Pilotregionen elektronisch auszustellen, nicht erreicht werden könne, heißt es nun von der KVWL. Ihr Vorstand Thomas Müller erklärte: „Es ist für die Ärzteschaft nicht zumutbar, noch bis Mitte des nächsten Jahres nahezu ausschließlich papiergebundene E-Rezepte auszustellen. Wir fordern erneut eine rein digitale Lösung – nur dann kann eine Fortsetzung des Rollouts durch die KVWL erfolgen.“

Auch die Kassenzahnärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe (KZVWL) will den Rollout aus diesem Grund bis auf Weiteres nicht mehr unterstützen. Michael Evelt, stellvertretender KZVWL-Vorstandschef, sagte: „Die E-Rezept-App der Gematik, bisher die einzige digitale Möglichkeit zur Einlösung, ist kaum verbreitet, in unseren Praxen ist fast ausschließlich der Tokenausdruck auf Papier die Realität“. Dass der BfDI nach Jahren der Planung jetzt die eGK als Einlöseweg für E-Rezepte ablehne, sei nicht nachvollziehbar und unverhältnismäßig.

Foto: imago images/photothek

Keine weitere Akquise von Praxen

Konkret heißt das: Die bereits rund 250 Arztpraxen und 450 Zahnarztpraxen, die zu Projektbeginn dabei waren, können zwar weiter machen. Die weitere Akquise von Praxen setzen KVWL und KZVWL aber erst einmal aus.

Die KV Schleswig-Holstein unterstützt den Ausstieg in Westfalen-Lippe. „Wir fordern komplett digitale Lösungen für das E-Rezept, die für alle Patienten, Praxen und Apotheken leicht umsetzbar sind und jeden Verordnungsweg nachvollziehen“, erklärt deren Vorstandsvor­sitzende Monika Schliffke. „Die Gematik-App ist diese Lösung nicht.“

Bedauern beim AVWL

Der Apothekerverband Westfalen-Lippe bedauert indessen, dass vorläufig keine zusätzlichen Praxen akquiriert werden, sodass der Rollout nun etwas langsamer vorankommen wird als erhofft. „Da die bereits am Rollout betei­ligten Praxen aber nach wie vor E-Rezepte ausstellen, können die Apotheken vor Ort den Prozess weiterhin aktiv und intensiv begleiten, Erfahrungen mit E-Rezepten sammeln, Probleme im Prozess aufdecken und im konstruktiven Austausch mit allen Akteuren Lösungen finden“, heißt es seitens des Verbandes.

Auch bei der Gematik äußert man Bedauern. Schließlich habe der Rollout in Westfalen-Lippe seit September 2022 in der Praxis bestätigt, dass das E-Rezept funktioniere. Durch die konstruktive Zusammenarbeit der KV, der beteiligten Ärzte und der Softwarehersteller hätten die E-Rezept-Module in der Zeit weiter verbessert werden können. Was die eGK-Problematik angeht, erklärt die Gematik, dass die Einführung der eGK ab Mitte 2023 „zusätzlich beschleunigt“ werde. „Dann sollen auch mit der elektronischen Gesundheitskarte E-Rezepte in den Apotheken einfach und sicher eingelöst werden können“. Zur Entwicklung einer dafür notwendigen technischen Lösung stehe man im engen Austausch mit den Gesellschaftern, dem BfDI und dem BSI. Grundsätzlich hält die Gematik am Ziel der flächendeckenden Einführung des E-Rezepts in 2023 fest. |

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