Superfoods-Beratungswissen – Teil 8

Zeolith – schwammige Versprechen

Stuttgart - 02.12.2020, 10:44 Uhr

Teurer Dreck: Die Kilopreise von Zeolith reichen bis zu 250 Euro pro Kilogramm. (Foto: ExQuisine / stock.adobe.com)

Teurer Dreck: Die Kilopreise von Zeolith reichen bis zu 250 Euro pro Kilogramm. (Foto: ExQuisine / stock.adobe.com)


Ist Zeolith ein gesundheitbringendes Wunder? Beworben wird das Vulkangesteinspulver als Superfood für Allerlei: Detox-Zwecke, zum Abnehmen und gegen Corona. Die kristalline Aluminium-Silikat-Verbindungen vermag aufgrund ihrer großen Oberfläche sicher zahlreiche Stoffe zu adsorbieren – vielleicht aber auch wichtige Substanzen, die der Körper eigentlich benötigt. Was sagt die Wissenschaft zu Zeolith?

Selbsternannte Experten empfehlen, Zeolith-Pulver in Joghurt einzurühren oder in Wasser aufgeschlämmt zu trinken. Wer mit dem Geschmack nicht klar kommt, könne auch Kapseln einnehmen. Ziel soll eine „Entgiftung von innen“ sein, neudeutsch „Detox“. Wie ein Schwamm würde das Naturmaterial Umweltgifte, schädliche Mikroorganismen (Schimmelpilze, Viren!) sowie Radioaktivität aufsaugen, sicher binden und aus dem Körper ausleiten.

„Lebenskraft durch Urgestein“

Mit Marketing-Aussagen wie „Biologischer Rostschutz“und „Lebenskraft durch Urgestein“ werden Zeolith-Pulver und -Kapseln als Medizinprodukte, selbstverständlich „vegan, laktosefrei, glutenfrei, sojafrei und ohne Zuckerzusatz“, vermarktet – mit Zufriedenheitsgarantie. Besonders wertvoll sollen Klinoptilolith-Zeolithe sein, die noch zusätzlich gebundene Mineralien enthalten. Diese sollen vor allem verhindern, dass Aluminium im Körper freigesetzt wird. 

Beratungswissen

Superfood

Auf einem  „Gesundheitsportal“ wird sogar versprochen, dass schädliches Aluminium aus dem Körper entfernt wird, ebenso wie Schwermetalle und Gifte aller Art. Das soll allen Krankheiten vorbeugen, selbstverständlich auch beim Abnehmen und gegen Krebs helfen. Dass zurzeit auch noch ein Schutz vor Corona-Viren suggeriert wird und in sozialen Netzwerken kursiert, offenbart Skrupellosigkeit. Ein Hersteller distanziert sich zwar von dieser Aussage aufgrund der „wissenschaftlichen Faktenlage“, empfiehlt aber trotzdem die Einnahme von Zeolith als „präventive Maßnahme“ zur Entlastung des Stoffwechsels.

Die Fakten 

Zeolithe sind kristalline Aluminium-Silikat-Verbindungen, die in der Natur vorkommen, aber auch synthetisch hergestellt werden können. Aufgrund ihrer mikroporösen Gerüststruktur und ihrer großen inneren Oberfläche eignen sie sich dazu, Stoffe zu adsorbieren. Sie werden industriell in vielfältiger Weise als Adsorbenzien und Ionenaustauscher eingesetzt. Im Haushalt haben sie zum Beispiel ihren Platz als Kalkbinder in Wasch- und Reinigungsmitteln, als Feuchtigkeitsadsorber für Geschirrspülmaschinen und als Geruchsneutralisierer in Katzenstreu. In der EU sind Zeolith und Klinoptilolith als Futterzusatz, Fließhilfsstoff und Bindemittel zugelassen. Tierfutter enthält Zeolithe mit der Absicht, Schwermetalle und Schimmelpilze zu binden. Die Komplementärmedizin verwendet sie als pharmazeutische Hilfsstoffe.

Vor ungefähr zwanzig Jahren kam ein Nahrungsergänzungsmittel aus gemahlenem Zeolith auf den Markt mit wissenschaftlich unbewiesenen und haltlosen Gesundheitsversprechen. Inzwischen dürfen Zeolith- und Klinoptilolith-Produkte in Deutschland nicht mehr als Nahrungsergänzungsmittel verkauft werden, sie sind allerdings als Medizinprodukte im Handel.

Aufsaugen, binden, ausleiten 

Dass mikroporöse Substanzen mit großer Oberfläche im menschlichen Körper eine Saug- und Bindekraft entfalten und mineralische Substanzen wieder ausgeschieden werden, ist unbestritten. Auch die traditionelle Heilerde, in Deutschland als freiverkäufliches Arzneimittel im Handel, besteht aus Aluminium-Silikaten sowie Mineralien wechselnder Zusammensetzung. Sie wird innerlich bei Verdauungsstörungen und gegen Sodbrennen eingesetzt. Das Adsorbens Aktivkohle steht auf der Liste der wichtigen Antidote und Notfallarzneimittel. In der Apotheke ist man vertraut mit dem Hinweis, dass Heilerde und Aktivkohle auch die Wirkstoffe von Arzneimitteln binden und damit deren Wirksamkeit beeinträchtigen können. Die gleiche Aussage würde für Zeolith-Produkte gelten. Ob sich der Käufer dieses – sicher meist im Internet erworbenen – „Wundermittels“ dessen bewusst ist, sei dahingestellt.

Aluminium-Silikate adsorbieren ebenso wie medizinische Kohlepräparate völlig unspezifisch. Im Vergiftungsfall oder bei einer akuten Verdauungsstörung nimmt man das in Kauf. Doch bei einer Dauereinnahme zur ständigen „Entgiftung“ werden dem Körper eben auch Vitamine und Mineralstoffe, sekundäre Pflanzenstoffe und lebenswichtige Arzneimittel entzogen.

Achtung, Aluminium!

Im Zusammenhang mit der innerlichen Anwendung von Bentonit als sogenannte „Lehmkur“ zum Abnehmen wurde in der pharmazeutischen Fachpresse die Gefahr einer zu hohen Aufnahme von Aluminium diskutiert. Auch Bentonit besteht aus Aluminium-Silikaten sowie weiteren Mineralien. Bentonit war früher in der EU als Lebensmittelzusatzstoff zugelassen, diese Zulassung besteht jedoch seit 2014 nicht mehr. Denn die Aufnahme von Aluminium darf pro Woche 1 mg pro kg Körpergewicht nicht überschreiten – das empfiehlt die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit EFSA. Aus Sicht des Bundesamtes für Risikobewertung besteht zum Gefährdungspotenzial von Aluminium weiterer Forschungsbedarf.

Was Vulkangestein nicht kann 

Das Portal der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen urteilt eindeutig: Zeolithe und Klinoptilolith-Produkte unterstützen weder das Immunsystem noch die Krebstherapie und eignen sich nicht als „Detox“-Mittel. Sie sind nicht in der Lage, gezielt Toxine aus dem Körper zu entfernen. Sie können weder den Verdauungsapparat „reinigen“ noch die Leber „entlasten“. Sie sind auch keine Quelle für Silicium und Kieselsäure. Sie schützen nicht vor Elektrosmog, verzögern nicht den Alterungsprozess und steigern nicht die Leistung. Gesundheits- und krankheitsbezogene Behauptungen sind in keiner Weise wissenschaftlich belegt.

Teuer erkauft

Die Kilopreise von Zeolith reichen von preisgünstigen ca. 15 Euro bis zu 250 Euro pro Kilogramm. Häufig wird mit einer CE-Kennzeichnung geworben, was aber kein Qualitätssiegel darstellt, sondern nur belegt, dass der Hersteller die gesetzlichen Bestimmungen in der EU einhält. Es gibt im Internet zweifelhafte Hinweise zu den Angeboten wie „Bio-Natur-Plus“, „extra-fein gemahlen“, „schadstoffgeprüft“, „in der Spiralstrahlmühle aktiviert“, „laborgeprüft“, „tribomechanisch mikronisiert“, „ohne chemische Zusätze“, „aus europäischem Abbau“. Man muss auf den Verkaufsportalen genau hinschauen, ob man Produkte technischer Art für den Einsatz bei Pflanzen und Tieren oder zur innerlichen Anwendung beim Menschen erwirbt. Das ist oft erst auf den zweiten genauen Blick erkennbar. Der kleine Hinweis „vet.“ als Abkürzung für veterinärmedizinisch dürfte für den Verbraucher auch nicht auf Anhieb verständlich sein. Schaut man sich zum Beispiel das veterinärmedizinische Präparat näher an, steht im Beipackzettel, dass es auch zur Anwendung am Menschen einsetzbar ist. Eine rechtliche Grauzone?

Auf einen Blick 

  • Zeolithe sind kristalline Aluminium-Silikat-Verbindungen, die sich aufgrund ihrer mikroporösen Gerüststruktur und ihrer großen inneren Oberfläche dazu eignen, Stoffe zu adsorbieren.
  • Versprochen wird eine „entgiftende“ und „reinigende“ Wirkung im Körper. Dabei wird übersehen, dass Zeolithe nicht nur „böse“ Stoffe binden, sondern auch „gute“. Erwünschte Arzneimittelwirkungen werden beeinträchtigt!
  • Alle Werbeaussagen zu Zeolith-Produkten sind wissenschaftlich nicht belegt. Was das Gefährdungspotenzial von Aluminium betrifft, besteht weiterer Forschungsbedarf.


Reinhild Berger, Apothekerin
redaktion@daz.online


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