Bei niedriger Dosierung

Morphin für COPD-Patienten – geringes Atemdepressionsrisiko

Stuttgart - 19.10.2020, 07:00 Uhr

Bei einer aktuellen randomisierten, doppelblinden und placebokontrollierten Studie erhielten die Patienten der Morphingruppe vier Wochen lang zweimal täglich oral 10 mg Morphin mit verzögerter Freisetzung. Bei Bedarf konnte nach ein bis zwei Wochen auf eine dreimal tägliche Gabe erhöht werden. (c / Foto: Sherry Young / stock.adobe.com) 

Bei einer aktuellen randomisierten, doppelblinden und placebokontrollierten Studie erhielten die Patienten der Morphingruppe vier Wochen lang zweimal täglich oral 10 mg Morphin mit verzögerter Freisetzung. Bei Bedarf konnte nach ein bis zwei Wochen auf eine dreimal tägliche Gabe erhöht werden. (c / Foto: Sherry Young / stock.adobe.com) 


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Gleichzeitig lagen die gefürchteten PaCO2-Werte in beiden Gruppen zwar wie erwartet höher als in der Placebogruppe, aber nur minimal (Zunahmen: Gesamtgruppe 1,19 mmHg, Subgruppe 1,84 mmHg). Es kam auch zu keinerlei Komplikationen – im Gegenteil. Darauf verweist u. a. der erhobene Wert „Atemnot innerhalb der letzten 24 Stunden“. In der Gesamtgruppe hatte sich die Atemnot minimal, also klinisch nicht relevant, gebessert. Bei den schwerer Erkrankten hingegen linderte Morphin deutlich vor allem die schlimmste Atemnot (-1,33 Punkte). Deshalb folgern die Autoren der Studie, dass gerade Patienten mit fortgeschrittener COPD von Morphin profitieren. Die Angst der Ärzte vor einer Atemdepression sei unbegründet. Schließlich wurden im Studienverlauf höchstens milde Nebenwirkungen beobachtet.

Dieser Text ist als erstes in der Printausgabe der DAZ 42/2020 im Original erschienen. 

Die Autoren der Studie halten eine weitere Untersuchung mit längerer Verlaufskontrolle für angezeigt, um die Ergebnisse zu erhärten. Dazu sollten nur Patienten mit mMRC-Grad III bis IV aufgenommen werden, da sie am besten von Morphin zu profitieren scheinen. Außerdem benötigen sie es dringender. Wie aber sollen sich Ärzte verhalten, solange noch geforscht wird?

Option bei schwerer Atemnot

Der US-amerikanische Geriater Eric Widera gibt eine Empfehlung ab: „Opioide sollten weder wahllos noch als erstes Mittel verordnet werden.“ Jedoch sei ihr Einsatz hilfreich bei schwerer chronischer Atemnot (ab mMRC-Grad III). Dies hätten im Übrigen schon fünf frühere Studien gezeigt. Vielleicht läuten Wideras klare Worte das Ende der jahrzehntealten Morphin-Debatte ein.

Literatur

[1] Verberkt C et al. Effect of Sustained-Release Morphine for Refractory Breathlessness in Chronic Obstructive Pulmonary Disease on Health Status: A Randomized Clinical Trial. JAMA Internal Medicine 2020; 180: E1-E9.

[2] Widera E. The Role of Opioids in Patients With Chronic Obstructive Pulmonary Disease and Chronic Breathlessness. JAMA Internal Medicine 2020; 180: E1-E2.



Dr. Manuela Rassaus, Wissenschaftsjournalistin
redaktion@daz.online


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