AVP-Insolvenzverfahren startet früher

Noventi sichert sich das Geschäft mit den Krankenhausapotheken

Stuttgart - 15.10.2020, 07:00 Uhr

„Ich bin erfreut, dass wir den Krankenhausapotheken, die eine große Gläubigergruppe bilden, künftig einen sicheren Abrechnungsweg bieten können“, erklärte Noventi-Chef Dr. Hermann Sommer nach Übernahme des AvP-Geschäftszweigs. (s / Foto: Noventi)

„Ich bin erfreut, dass wir den Krankenhausapotheken, die eine große Gläubigergruppe bilden, künftig einen sicheren Abrechnungsweg bieten können“, erklärte Noventi-Chef Dr. Hermann Sommer nach Übernahme des AvP-Geschäftszweigs. (s / Foto: Noventi)


Eine weitere Übernahme von Geschäftsteilen des insolventen Apothekenrechenzentrums AvP steht fest: In seiner gestrigen Sitzung hat der vorläufige Gläubigerausschuss grünes Licht gegeben, das Dienstleistungsgeschäft mit den Krankenhausapotheken zu verkaufen. Ab November wird Noventi das Segment übernehmen. Zum Kundenkreis gehören unter anderem die Apotheken der Charité Berlin, des LMU Klinikums München sowie des UKE Hamburg. Außerdem wird aus einem internen Schreiben bekannt: Das Insolvenzverfahren bei der AvP Deutschland GmbH soll schon am 1. November 2020 eröffnet werden.

Bis zur Eröffnung eines Insolvenzverfahrens beim Apothekenrechenzentrum AvP können Geschäftszweige und Mitarbeiter neue Eigentümer beziehungsweise Arbeitgeber finden. Das ARZ Haan verkündete bereits vor zwei Wochen, dass man mit sofortiger Wirkung die Rezeptverarbeitung von Sanitätshäusern und sonstigen Gesundheitsdienstleistern übernehmen wolle.

Im DAZ-Live-Talk hatte der vorläufige Insolvenzverwalter des Apothekenrechenzentrums AvP, Dr. Jan-Philipp Hoos, zuvor gesagt, dass es in der Branche einige Interessenten gebe, die Teile des angeschlagenen Konzerns übernehmen würden. Nach Informationen von DAZ.online finden daher seit Wochen geheime Bieterverfahren für die Übernahme von AvP-Geschäftszweigen statt. Zu den Interessenten zählen natürlich die anderen Apothekenrechenzentren, aber auch weitere, solvente Unternehmen aus der Apothekenbranche wurden bereits kontaktiert.

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Nun wurde am Mittwoch bekannt, dass der vorläufige Gläubigerausschuss grünes Licht gegeben hat, das Dienstleistungsgeschäft mit den Krankenhausapotheken zu verkaufen. Ab November wird der Apothekendienstleister Noventi das Geschäft übernehmen. Das Rezept-Abrechnungsvolumen in diesem Segment beträgt ca. 
3 Milliarden Euro – das entspricht nach Angaben von Noventi der Hälfte aller Krankenhausapotheken Deutschlands. Der Kundenkreis besteht aus über 100 Krankenhausapotheken. Dazu gehören unter anderem die Apotheken der Charité Berlin, des LMU Klinikums München sowie des UKE Hamburg. Aus Branchenkreisen ist zu erfahren, dass Noventi im Rahmen dieser Akquisition einen zweistelligen Millionenbetrag investiert – eine Summe, die sich wohl innerhalb von zehn Jahren amortisieren soll.

Insolvenzverfahren startet schon Anfang November

„Wir freuen uns sehr, dass der vorläufige Gläubigerausschuss dem Vertrag mit Noventi zugestimmt hat“, betont der vorläufige Insolvenzverwalter Dr. Jan-Philipp Hoos in einer Mitteilung. „Hierdurch können wir einen wichtigen Geschäftsbereich von AvP erhalten und den Kunden eine langfristige Perspektive mit einem strategischen Partner bieten.“ Noventi-Chef Dr. Hermann Sommer erklärt: „Ich bin erfreut, dass wir den Krankenhausapotheken, die eine große Gläubigergruppe bilden, künftig einen sicheren Abrechnungsweg bieten können.“ Die AvP-Beschäftigten, die bislang die Krankenhaus-Apotheken betreut haben, sollen in weiten Teilen zu Noventi wechseln können. 

Der Verkauf an Noventi soll es der AvP Deutschland GmbH ermöglichen, die Gehälter der verbleibenden Mitarbeiter über den 1. November 2020 hinaus zahlen zu können. Dies geht aus einem internen Mitarbeiterschreiben hervor, das DAZ.online vorliegt. In dem Schreiben heißt es weiter, dass daher das Insolvenzverfahren für die AvP Deutschland GmbH bereits am 1. November 2020 eröffnet werden soll. Bei den übrigen AvP-Gesellschaften soll es aber nach wie vor erst um den 1. Dezember 2020 herum zur Eröffnung kommen. Die Gehälter dieser betroffenen Mitarbeiter seien bis dahin über die Zahlung des Insolvenzgeldes gesichert.

Nach wie vor suchen der vorläufige Insolvenzverwalter Hoos sowie der von der Bankenaufsicht BaFin eingesetzte AvP-Geschäftsleiter Ralf R. Bauer nach weiteren Interessenten. Das Mitarbeiterschreiben schließt ab mit der Perspektive, dass man davon ausgehe, in der ersten Novemberhälfte mitzuteilen, ob die Suche erfolgreich war und wie sich die weitere Beschäftigung in der AvP-Gruppe darstellt.


Dr. Armin Edalat, Apotheker, Chefredakteur DAZ
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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