Zusatzvorräte

Lieferengpässe: Niederländer legen „eiserne Arzneimittel-Reserve“ an

Remagen - 12.11.2019, 08:59 Uhr

In den Niederlanden müssen Hersteller und Großhändler ab dem kommenden Jahr eine nationale Arzneimittelreserve aufbauen, damit es in Apotheken seltener zu Lieferengpässen kommt. (Foto: imago images / Steinach)

In den Niederlanden müssen Hersteller und Großhändler ab dem kommenden Jahr eine nationale Arzneimittelreserve aufbauen, damit es in Apotheken seltener zu Lieferengpässen kommt. (Foto: imago images / Steinach)


Ab dem nächsten Jahr müssen Großhändler und Pharmahersteller in den Niederlanden eine „eiserne Reserve“ an Arzneimitteln aufbauen, um das Land besser gegen Lieferengpässe zu wappnen. Die Zusatzvorräte sollen den Bedarf für fünf Monate decken.

Die Briten betreiben Brexit-bedingt eine Vorratshaltung an Arzneimitteln. Auch die Niederländer greifen jetzt zu einer solchen Maßnahme. Sie wollen damit unabhängiger von Versorgungsengpässen werden. Die neue „eiserne Reserve“ soll jeweils für fünf Monate reichen. Die zusätzlichen Lagerbestände sollen nicht nur für bestimmte, sondern für alle Arzneimittel angelegt werden. Die Vorratsbildung soll im nächsten Jahr beginnen und stufenweise umgesetzt werden. Das soll durchschnittlich zwei Jahre dauern. Die Maßnahme kostet nach Angaben des Gesundheitsministeriums rund 25 Millionen Euro. Sie soll 85 Prozent der vorübergehenden Verknappungen abfangen können, so die Hoffnung.

Angebot und Nachfrage besser abstimmen

Die zusätzlichen Lagerbestände werden bei Firmen und Großhändlern aufgebaut. Der niederländische Minister für die medizinische Versorgung Bruno Bruins will dazu mit verschiedenen Parteien Vereinbarungen treffen. Sie sollen gemeinsam festlegen, mit welchen Arzneimitteln am besten begonnen werden kann. Außerdem sollen sie Vorkehrungen treffen, mit denen eine unnötige Vernichtung von Arzneimitteln verhindert werden soll. Daneben führt der Minister Gespräche mit Unternehmen, Großhändlern, Apothekern und Krankenversicherern über die Finanzierung der Lagerbestände. Neben einer intensivierten Zusammenarbeit sollen die Parteien sich auch darum bemühen, die Nachfrage nach Arzneimitteln besser vorherzusagen, um Angebot und Nachfrage optimal aufeinander abzustimmen.

Das kostet etwas, spart aber auch

Die Bevorratung koste zwar Geld, bringe aber auch Gewinn, weil Apotheker und Großhändler im Falle eines Mangels weniger Zeit für die Suche nach alternativen Arzneimitteln aufwenden müssten, gibt das Ministerium als Begründung für die Initiative an. Außerdem müsse nicht auf teurere Ersatzmedikamente ausgewichen werden. „Ich denke, dass in einem Land wie den Niederlanden, in dem die Gesundheitsversorgung einen hohen Standard aufweist, Medikamente immer verfügbar sein müssen“, stellt Minister Bruins fest. „Die Konstruktion dieser eisernen Reserve verhindert, dass Patienten mit leeren Händen an der Apothekentheke stehen. Sie reduzieren einen Großteil der Defizite. Darüber hinaus kann sich der Apotheker mehr auf die Patientenversorgung konzentrieren als auf die tägliche Suche nach anderen Arzneimitteln.“

Europäischer Ansatz muss ebenso verfolgt werden

Neben dieser nationalen Initiative hält Bruins den europäischen Ansatz jedoch für ebenso wichtig, um die Defizite strukturell anzugehen. Europa sei zunehmend abhängig von der Tatsache, dass die Herstellung von Rohstoffen und Arzneimitteln in immer weniger Ländern außerhalb Europas stattfindet, so seine Auffassung. Er tausche sich daher mit anderen europäischen Mitgliedstaaten aus, um die Produktion nach Europa zurückzubringen.


Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


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