Nahrungsergänzung

Vitamin B12: Was empfiehlt man bei veganer Ernährung?

Stuttgart - 31.05.2019, 14:15 Uhr

Vegane Ernährung ist ohne Frage gesund, aber Vitamin B12 muss supplementiert werden. (m / Foto: aamulya / stock.adobe.com)                                                                                                                                                                                                     

Vegane Ernährung ist ohne Frage gesund, aber Vitamin B12 muss supplementiert werden. (m / Foto: aamulya / stock.adobe.com)                                                                                                                                                                                                     


Wer keinerlei tierische Nahrungsmittel zu sich nimmt, sollte Vitamin B12 supplementieren. Das zweifelt wohl kaum einer an. Doch wie viel Vitamin B12 ist eigentlich notwendig? Welche Verbindung ist besser: Methyl- oder Cyanocobalamin? Und auf was muss man bei der Präparateauswahl sonst noch achten? Schließlich können auch Arzneimittel und Nahrungsergänzungsmittel tierische Bestandteile enthalten. 

Bei manchen Vitaminen und Mineralstoffen ist es für Menschen, die sich ausschließlich vegan ernähren, schwierig sie in ausreichendem Maß mit der Nahrung aufzunehmen – schwierig, aber nicht unmöglich. Wenn man auf die Auswahl der richtigen Lebensmittel achtet, sollte zum Beispiel die Zufuhr von Calcium, Proteinen oder Fettsäuren kein Problem darstellen. Anders ist die Lage bei Vitamin B 12. Denn in einer für den Menschen verfügbaren Form kommt Vitamin B12 fast nur in tierischen Lebensmitteln vor. 

Fermentierte Lebensmittel, wie Sauerkraut können durch die bakterielle Gärung Spuren des Vitamins enthalten. Ob es für den Menschen verfügbar ist, ist aber unklar. Außerdem sind die Mengen so gering, dass eine bedarfsdeckende Zufuhr nicht möglich ist. Auch andere Lebensmittel, die als natürliche Quellen beworben werden, eignen sich nach Ansicht der DGE nicht zur Deckung des täglichen Bedarfs. Bei Shiitake-Pilze kann die enthaltene Menge stark schwanken. Bei Meeresalgen ist die Bioverfügbarkeit unklar beziehungsweise ist eine inaktive Form enthalten. Außerdem muss der Iod-Gehalt beachtet werden. Denn man kann sich damit ohne weiteres eine Iodid-Dosis zuführen, die sonst der Iod-Blockade der Schilddrüse nach Reaktorunfällen vorbehalten ist. Andere Produkte enthalten Vitamin B12 nicht in einer Form, die der Mensch verwerten kann.

Vitamin-B12-Mangel macht sich oft erst nach Jahren bemerkbar

Somit ist für eine ausreichende Vitamin-B12- Versorgung die Einnahme eines Vitamin-B12-Präparats notwendig. Bei Vitamin B12 dauert es übrigens sehr lange, bis sich Mangelsymptome zeigen. Mit der Leber verfügt der Körper über einen Speicher, aus dem er lange zehren kann, sodass sich eine ungenügende Zufuhr oft erst nach Jahren bemerkbar macht. Weil viele Veganer vorher Vegetarier waren, ist davon auszugehen, dass die Vitamin-B12-Speicher in der Leber bereits von Beginn an nicht mehr voll waren und ein Abwarten von Monaten oder Jahren mit einem Mangelrisiko verbunden ist.

Die Bestimmung der Vitamin-B12-Spiegel durch den Hausarzt kann allerdings irreführend sein, da die Blutspiegel erst signifikant sinken, wenn die Speicher bereits nahezu entleert sind. Auch wenn mit dem Gesamt-Transcobalamin (Holo-TC) ein etwas aussagekräftigerer Parameter zur Verfügung steht, kann dennoch nicht garantiert werden, dass neurologische Mangelsymptome nicht bereits bei Spiegeln im Normbereich auftreten. Veganer sollten daher Vitamin B12 mit Monopräparaten in empfohlener Dosierung oder mit angereicherten Lebensmitteln supplementieren.

Wie viel und welche Form von Cobalamin?

Doch wie sollte man supplementieren? Diese Frage stellt sich insbesondere vor dem Hintergrund, dass es mittlerweile deutliche Hinweis darauf gibt, dass eine unkritische dauerhafte hochdosierte B12-Supplemtation das Lungenkrebsrisiko erhöht – also keineswegs völlig unproblematisch ist, was man ja bei wasserlöslichen Vitaminen lange Zeit glaubte. Bei der unspezifischen Supplementation ohne nachgewiesenen Mangel raten Experten, sich in der Dosierung zwischen der DGE-Zufuhrempfehlung – sie liegt bei 4 µg pro Tag – und der BfR-Höchstmengenempfehlung von 25 µg am Tag zu bewegen. Von der wissenschaftlichen Beratergruppe der International Vegetarian Union (IVU) werden folgende Mengen empfohlen:

  • einmal pro Tag mindestens 10 µg Vitamin B12 über Supplemente
  • zwei- bis dreimal pro Tag insgesamt 3 µg Vitamin B12 über angereicherte Lebensmittel
  • einmal pro Woche 2000 µg Vitamin B12 über Supplemente

Ob eine tägliche oder wöchentliche Gabe besser ist, ist nicht untersucht. Anders sieht es bei nachgewiesenem Mangel (Holo-TC, MMA) aus: Da können kurzfristig auch 1000 µg parenteral gegeben werden, um den Mangel rasch zu beheben. Ob Nahrungsergänzungsmittel (NEM) oder Arzneimittel spielt eigentlich keine Rolle, weil es sich dabei um eine formale Einordnung handelt, festgemacht an der Zweckbestimmung. Allerdings sind viele NEM deutlich höher dosiert als so manches Arzneimittel. 

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Eine Frage, die immer wieder auftaucht, ist die, inwiefern sich die verschiedenen Cobalamin-Alternativen unterscheiden und, ob Methylcobalamin Cyanocobalamin vorzuziehen ist. Eines der propagierten Argumente gegen das „künstliche“ Cyanocobalamin ist unter anderem, dass dieses erstens selbst unwirksam sei und zunächst in die Wirkform Methyl- oder Adenosylcobalamin umgebaut werden müsse, was unnatürlich sei. Laut Professor Martin Smollich ist diese Behauptung zwar richtig, aber in der Praxis irrelevant. Die Annahme, dass eine derartige Umwandlung unnatürlich sei, wird dadurch widerlegt, dass auch das in Lebensmitteln hauptsächlich vorkommende Hydroxocobalamin selbst unwirksam ist und zunächst metabolisiert werden muss. Cyanocobalamin werde seit Langem erfolgreich in der Prävention und Therapie des Vitamin-B12-Mangels eingesetzt. Außerdem sei Cyanocobalamin preiswert herzustellen und chemisch-physikalisch stabiler als die anderen Formen, so Smollich.

Er verweist zudem auf das bei den US-amerikanischen National Institutes of Health (NIH) angesiedelten „Office of Dietary Supplements“, das auf seiner Homepage in Form sogenannter „Health Professional Fact Sheets“ viele nützliche und vor allem seriöse Informationen zu Nahrungsergänzungsmitteln bietet. Das Fakten-Blatt gebe ebenfalls an, dass die vorliegende Evidenz keine Unterschiede der einzelnen Varianten vermuten lässt.

Ein Unterschied besteht laut Smollich aber tatsächlich bei parenteraler Applikation, wo Hydroxocobalamin eine bessere Depotwirkung aufweist als Cyanocobalamin. Dieser Effekt sei jedoch nur in der Anfangstherapie akuter Mangelzustände relevant; in der Langzeitbehandlung sollten zwischen Hydroxocobalamin und Cyanocobalamin keine wesentlichen Unterschiede im Resorptions- und Retentionsverhalten bestehen. 

Achtung tierische Bestandteile!

Ein weiterer Punkt, der bei der Auswahl eines geeigneten Präparates zu beachten ist, ist der, dass viele Präparate tierische Bestandteile enthalten, zum Beispiel Lactose oder Gelatine. Auch Stearate können tierischen Ursprungs sein. In pharmazeutischen Produkten sind sie allerdings meist pflanzlichen Ursprungs. Mittlerweile werben viele Hersteller damit, dass ihre Produkte „vegan“ sind. Insbesondere bei Nahrungsergänzungsmitteln findet sich ein Hinweis darauf sogar im Namen. Zudem gibt es technische Hilfsmittel, wie die Datenbank „whatsin my meds“. 

Vieles zu hoch dosiert

Monopräparate, deren Gehalt der BfR-Empfehlung für Nahrungsergänzungsmittel entspricht, sind allerdings kaum erhältlich, bei Kombipräparaten stimmt zwar die B12-Dosis, dafür sind andere, möglicherweise unnötige Substanzen enthalten. So bleibt die einmal wöchentliche Gabe höher dosierter Präparate (z.B. Vitamin B12 von Pure Encapuslations). Aber auch Tropfen stellen eine gute Variante dar, die sich bedarfsgerecht dosieren lässt (z. B. B12-ASmedic® Tropfen oder B12-Tropfen-Ankermann®). 



Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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1 Kommentar

Individuell Nährstoffe checken lassen!

von Tania G. am 28.07.2019 um 21:35 Uhr

Man kann einfach nicht pauschal sagen, dass jeder Veganer und jede veganerin einen bestimmten Mangel aufweist und deswegen unbedingt das oder jenes supplementieren muss. Was Sinn macht, sind Blutbilder in regelmäßigen Abständen, vor allem zu Beginn der Umstellung auf z.b. vegan Kost - und weiters eine streng individuelle Analyse von etwaigen Nährstoffmängeln - sofern gegeben natürlich. Was ich von Anfang an gemacht hab waren eben halbjährliche Blutbilder (inklusive z.B. Abfrage von B12 und Eisen, aber das kann man dann auch individuell wählen, was man sich gerne genau anschauen möchte) und parallel dazu bin ich persönlich auf Plantoflexx gestoßen - ein Fragebogen, der dann einem anzeigt, welche Nährstoffe zu wenig vorhanden sind. sehr persönlich und individuell wiederum gestaltet. fand ich praktisch, vor allem wenn man Gerade erst auf vegan oder vegetarisch umgestellt hat :) mit diesen Tipps und Steps sollte eigentlich nichts schief gehen.

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