Ende eines langen Rechtsstreits

Falsche PZN: Apothekerin muss 1000 Euro Vertragsstrafe zahlen

Berlin - 04.04.2019, 07:00 Uhr

Mit Lieferproblemen bei Rabattverträgen müssen Apotheken umgehen können. (j / Foto: imago)

Mit Lieferproblemen bei Rabattverträgen müssen Apotheken umgehen können. (j / Foto: imago)


Weil sie im Sommer 2011 die PZN für ein nicht verfügbares Metoprolol-Rabattarzneimittel auf Kassenrezepte druckte, obwohl sie ein anderes Präparat abgab, muss eine Apothekerin der AOK Baden-Württemberg nun 1000 Euro Vertragsstrafe zahlen. Dieser aktuellen Entscheidung des Oberlandesgerichts Stuttgart ging ein langer Rechtsstreit bis vor das Bundessozialgericht voraus. Zuvor hatte die AOK von der Apothekerin eine Vertragsstrafe von 6.560 Euro eingefordert.

Manche Apotheker mögen sich noch erinnern: In der sechsten Tranche ihrer bundesweiten Rabattverträge hatten die AOKen für den Wirkstoff Metoprolol ein Unternehmen bezuschlagt, das diesen Wirkstoff noch gar nicht im Sortiment hatte: Betapharm. Als die Verträge zum 1. Juni 2011 anliefen, hatten die AOKen mit dem Deutschen Apothekerverband (DAV) daher eine Friedenspflicht vereinbart. Bis Ende August 2011 durften Apotheken ein vergleichbares Präparat abgeben, ohne eine Retaxation zu fürchten.

Dennoch kam es zu Problemen: Denn zahlreiche Apotheken – rund 1200 sollen es gewesen sein – gaben zwar ein anderes Metoprolol-Präparat ab, druckten aber die PZN der gar nicht erhältlichen Betapharm-Produkte aufs Rezept. So rechneten sie die Rezepte auch ab – und erhielten die entsprechende Vergütung. Das gefiel der AOK Baden-Württemberg ganz und gar nicht. Sie sah hier Falschabrechnungen. Nachdem sie sich zuvor mit DAV und dem Landesapothekerverband (LAV) Baden-Württemberg in Verbindung gesetzt hatte, sprach sie gegenüber zehn Apotheken im Bundesland Vertragsstrafen in Höhe von knapp 8.000 bis gut 24.000 Euro aus. Zudem stellte sie Strafanzeigen und sorgte so dafür, dass gegen Apotheker Ermittlungsverfahren wegen Abrechnungsbetrugs in die Wege geleitet wurden. Letztere wurden zwar relativ schnell eingestellt. Doch die Frage der Vertragsstrafe beschäftigte die Justiz nun einige Jahre. 

Gegen eine Apothekerin führte die AOK Baden-Württemberg einen Musterstreit. Die Pharmazeutin soll im Juni und Juli 2011 insgesamt 44 Mal Metoprolol-Rezepte falsch bedruckt haben. Sie erklärte dies mit ihrer alten Computer-Software. Diese habe die Rezepte mit der PZN bedruckt, ehe die Verfügbarkeit des Medikaments überprüft worden sei. Die Kasse forderte von ihr – nach einer Anhörung und weiterer Korrespondenz mit DAV und LAV – eine Vertragsstrafe von 6.560 Euro. Die Begründung: Sie habe mit Falschabrechnungen schwerwiegende Pflichtverletzungen begangen und dadurch das zwischen den beiden Seiten bestehende Vertrauensverhältnis schwer und nachhaltig beschädigt. Die AOK stützte sich dabei auf § 11 Abs. 1 Rahmenvertrag. Dieser sieht bei Verstößen gegen Abgabebestimmungen nach § 129 Abs. 1 SGB V neben der Verwarnung unter anderem eine Vertragsstrafe bis zu 25.000 Euro vor. Zuvor muss der Betroffene aber angehört werden und die Kasse muss sich bei Mitgliedsapotheken eines Apothekerverbands mit dem entsprechenden Verband ins „Benehmen“ setzen.



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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3 Kommentare

komisch

von Karl Friedrich Müller am 04.04.2019 um 8:28 Uhr

in der Apotheke vor Ort wird der Rahmenvertrag auf Punkt und Komma durchgesetzt, sogar mit Retax und Vertragsstrafen.
Bei Versendern wie DocMorris und Co wird er nicht berücksichtigt, Verstöße nicht geahndet, haben Narrenfreiheit.
Ist so ein Verhalten überhaupt legal? So eine Ungleichbehandlung?
Die jüngsten Äußerungen seitens der AOK passen da sehr gut. Die AOK ist kein seriöser Partner, gar keiner.

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: komisch

von D.Müller am 04.04.2019 um 10:57 Uhr

Das ist wahrscheinlich wieder einmal der faire Zugang zum Deutschenmarkt.

Relation

von Dr. Ralf Schabik am 04.04.2019 um 8:22 Uhr

Wir halten fest: Ein Schaden von maximal 18.92 Euro wird geahndet mit einer Vertragsstrafe von 1000 Euro.
Deutschland schafft sich ab.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

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