Das Urteil im Zyto-Prozess (Teil 3)

So begründen die Richter die zwölf Jahre Haftstrafe für Peter S.

Karlsruhe - 16.11.2018, 10:15 Uhr

Die Urteilsbegründung im Zyto-Prozess liegt nun vor. (c / Foto: hfd)

Die Urteilsbegründung im Zyto-Prozess liegt nun vor. (c / Foto: hfd)


Grober Eigennutz, Unterdosierungen noch vor dem Frühstück

„Bei einer Gesamtschau der für und gegen den Angeklagten sprechenden Gesichtspunkte überwiegen die strafschärfenden Momente erheblich“, urteilen die Richter. Der Apotheker habe für sich aus grobem Eigennutz gehandelt, er habe sein Verhalten von dem Streben nach Vorteil „in besonders anstößigem Maße“ leiten lassen. Bei jeder einzelnen Tat wirke sich strafverschärfend aus, dass er systematisch und über einen langen Zeitraum unterdosiert hat.

Dabei sei der aufgewendete Wille erheblich gewesen. „Nahezu jeder Tag innerhalb von fünf Jahren war von seinem kriminellen Tun geprägt“, schreiben die Richter über den nicht verjährten Zeitraum ab 2012. „Das Unterdosieren von Arzneimitteln war buchstäblich das erste, was der Angeklagte morgens noch vor dem Frühstück tat.“ Dabei habe er sich auch nicht von dem Strafverfahren beeindrucken lassen, das 2013 und 2014 gegen ihn geführt, aber später eingestellt wurde.

Auch die „außerordentlich hohe Zahl“ an Einzelfällen wirke sich strafschärfend aus, urteilen die Richter. „Zu Lasten des Angeklagten geht weiter die Art der Ausführung der Taten: Objekt der Taten waren nämlich onkologische Präparate, also Arzneimittel, die eine potenziell tödliche Krankheit heilen beziehungsweise lindern sollen und daher an besonders schutzwürdige Patienten verabreicht werden.“ Die Verwicklung gerade von Mitarbeitern als seinen Untergebenen in seine Machenschaften sei – soweit festgestellt – ebenfalls verschärfend.

„Empfindliche Freiheitsstrafen erforderlich“

„Die Kammer erachtet daher empfindliche Freiheitsstrafen als erforderlich“, heißt es in dem Urteil. Für den Verstoß gegen das Arzneimittelgesetz in 14.537 Fällen sahen die Richter eine Freiheitsstrafe von acht Jahren als angemessen an, für jeden einzelnen der 27 weiteren Verstöße gegen das Arzneimittelgesetz jeweils eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten.

Bei den 58 vollendeten Taten des Abrechnungsbetruges lägen besonders schwere Fälle vor, wofür Haftstrafen von sechs Monaten bis zu zehn Jahren in Frage kämen. Strafmildernd in Sachen des Betrugs machten die Richter geltend, dass auch die Krankenkassen es dem Angeklagten leicht gemacht hätten: „Mechanismen zur Überprüfung, ob die abgerechneten Leistungen tatsächlich erbracht sind, existieren im Bereich der Rezepturarzneimittel offenbar nicht“, stellen sie fest. „Strafschärfend wirkt sich auch hier insbesondere das systematische Vorgehen über einen langen Zeitraum aus.“

Bei einer Gesamtabwägung sah die Kammer auch für die Betrugstaten empfindliche Freiheitsstrafen als erforderlich an. Für jede der 58 Taten des vollendeten Betruges sei einzeln betrachtet eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten angemessen, für die Tat des wegen der Inhaftierung nur versuchten Abrechnungsbetruges eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten.



Hinnerk Feldwisch-Drentrup, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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