BMG legt Verordnungsentwurf vor

Arzneimittelinformationssystem nimmt nächste Hürde

Berlin - 24.10.2018, 09:00 Uhr

Das in die Praxissoftware integrierte Arztinformationssystem nimmt langsam Gestalt an. (m / Foto: contrastwerkstatt / stock.adobe.com)

Das in die Praxissoftware integrierte Arztinformationssystem nimmt langsam Gestalt an. (m / Foto: contrastwerkstatt / stock.adobe.com)


Schon lange plant die Politik ein „Arzneimittelinformationssystem“, das Ärzte unkompliziert über ihre Praxissoftware zu Beschlüssen zur frühen Nutzenbewertung informiert. Nun hat das Bundesgesundheitsministerium den Referentenentwurf für eine Verordnung vorgelegt, die die Mindestanforderungen an die Inhalte dieser Programme festlegt. Die Verbände der pharmazeutischen Industrie vermissen dabei eine aus ihrer Sicht erforderliche Mindestangabe.

Schon seit dem im Frühjahr 2017 verabschiedeten Arzneimittelversorgungsstärkungsgesetz (AMVSG) steht fest: Es soll ein in die Arzt-Software eingepflegtes Informationssystem geben, das Mediziner einfach und schnell über die Ergebnisse der frühen Nutzenbewertung informiert. Dies war im Rahmen des Pharmadialogs vereinbart worden. Denn auch wenn sich das 2011 eingeführte Verfahren der frühen Nutzenbewertung für neue Arzneimittel durchaus bewährt hat, kommen dessen Ergebnisse – festgehalten in nicht immer ganz leicht zu verstehenden Beschlüssen des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) – nicht in zufriedenstellendem Ausmaß in der Versorgungspraxis an. So sehen es jedenfalls die Politik und die Krankenkassen.

Was bislang noch für die Umsetzung des Vorhabens fehlt, ist eine Verordnung des Bundesgesundheitsministeriums (BMG), die Einzelheiten klärt. Nachdem es zuvor eine öffentliche Konsultation zu den Inhalten und technischen Voraussetzungen der elektronischen Arzt-Programme durchgeführt hat, hat das BMG nun den Entwurf einer Elektronischen Arzneimittelinformations-Verordnung (EAMIV) vorgelegt.

Im Verordnungsentwurf werden in § 2 die Angaben aufgezählt, die besagte Programme mindestens enthalten müssen. Es sind 15 an der Zahl – sie reichen von der Bezeichnung des Arzneimittels und dem Wirkstoff über die Patientengruppen, für die eine Bewertung des Zusatznutzens erfolgt, die Vergleichstherapie, eine zusammenfassende Darstellung der klinischen Ergebnisse der relevanten Eckpunkte sowie eine Zusammenfassung der tragenden Gründe des G-BA-Beschlusses bis hin zu den Jahrestherapiekosten des Arzneimittels sowie der zweckmäßigen Vergleichstherapie.

Ferner wird geregelt, dass der G-BA seine Beschlüsse maschinenlesbar aufzubereiten und zu veröffentlichen hat. So soll es den Herstellern der Praxissoftware möglich sein, die Informationen aus diesen Beschlüssen in einer für die Praxis angemessenen Abbildung in ihre elektronischen Programme zu integrieren. 

Herstellerverbände vermissen Leitlinien der Fachgesellschaften

Nicht in den Mindestangaben enthalten ist die von den Herstellerverbänden in ihrer Stellungnahme hervorgebrachte Forderung, dass Leitlinien der wissenschaftlichen Fachgesellschaften berücksichtigt werden müssen. Und so ließ deren Kritik auch nicht lange auf sich warten.

Birgit Fischer, Hauptgeschäftsführerin des Verbands forschender Arzneimittelhersteller (vfa), erklärte: „Die Entscheidung eines Arztes für oder gegen die Verordnung eines Arzneimittels ruht auf mehr als nur der Zusatznutzen-bewertung: Die Zusatznutenbewertung wurde als Preissteuerungsinstrument konzipiert, nicht als Instrument zur Versorgungssteuerung.“ Viel wichtiger seien für Ärzte in der therapeutischen Praxis die nun nicht einbezogenen Leitlinien der Fachgesellschaften. Fischer meint weiter: „Deshalb steht die Rechtsverordnung des BMG inhaltlich nur auf einem Bein, wo mindestens zwei nötig gewesen wären. Informationssplitter helfen Ärzten im ohnehin schon bürokratielastigen Praxisalltag nicht weiter und können sie schlimmstenfalls sogar – zum Schaden der Patienten – in die Irre führen.“

Auch Dr. Martin Zentgraf, Vorstandsvorsitzender des Bundesverbandes der Pharmazeutischen Industrie (BPI) ist nicht zufrieden: „Ich hätte mir eine zentrale Weichenstellung mit klaren Haltelinien für die Zukunft gewünscht: Ein Arztinformationssystem als Lotse, das den Arzt dabei unterstützt, die individuell richtige Therapieentscheidung für seinen Patienten zu treffen. Und zwar eines, das dem Arzt das vollständige ‚Kartenmaterial‘ – inklusive der wichtigen medizinischen Leitlinien – zur Verfügung stellt.“ Zentgraf räumt ein, dass es sinnvoll ist, Ärzten die Informationen über den Zusatznutzen neuer Arzneimittel strukturiert und übersichtlich zugänglich zu machen. „Aber ein Arztinformationssystem, das auf aussageschwache Zusatznutzenbewertungen und Preissetzung fokussiert, ist Einfallstor für eine kostenorientierte Verordnungssteuerung des Arztes.“ 



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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1 Kommentar

Sinn?

von Christoph Stackmann am 24.10.2018 um 9:34 Uhr

Wer erwartet denn etwas, was Arzt und Patient hilft? Warum?? Die bei uns geltenden Rabattverträge ger GKV sind ja auch nicht zum Nutzen des Patienten erdacht.

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