Lunapharm-Affäre

Ist die Taskforce geeignet, den Brandenburger Skandal aufzuklären?

23.08.2018, 15:25 Uhr

Im Brandenburger Landtag wird es am kommenden Dienstag spannend: Die Taskforce soll erste Ergebnisse bei der Aufklärung des Lunapharm-Skandals abliefern. Die Opposition bezeweifelt, dass in diesem Gremium die richtigen Leute sitzen. (s/Foto: Imago)

Im Brandenburger Landtag wird es am kommenden Dienstag spannend: Die Taskforce soll erste Ergebnisse bei der Aufklärung des Lunapharm-Skandals abliefern. Die Opposition bezeweifelt, dass in diesem Gremium die richtigen Leute sitzen. (s/Foto: Imago)


Beurteilt sich das Ministerium selbst?

Die AfD-Abgeordnete Birgit Bessin hat kein Verständnis: „Es ist völlig untragbar, dass Staatssekretärin Hartwig-Tiedt ihr eigenes Fehlverhalten aufklären soll. Soll sie sich selbst befragen? Da frage ich mich schon, wo hier Noch-Ministerin Golze ihren stets wiederholten Willen zur Aufklärung tatsächlich in die Tat umsetzen will. Es sieht eher so aus, als ob durch die Besetzung der Taskforce das Versagen von Ministeriumsspitze und Landesgesundheitsamt vertuscht werden soll“, erklärt sie in einer Pressemeldung. Die Kritik von Vogel am vergangenen Donnerstag ging in eine ähnliche Richtung. So sei aus seiner Sicht das Gremium nicht unabhängig genug, da es sich nur bei drei von sieben Mitgliedern um externe Experten handelt.

Haben die Experten die richtige Expertise?

Doch auch an der Kompetenz der drei externen Experten bestehen Zweifel. So erklärte Hagemann laut AfD in der vergangenen Ausschusssitzung, dass im Fall Lunapharm keine betroffenen Patienten ermittelt werden könnten. Mit dieser Äußerung habe er sich „disqualifiziert“, findet Bessin. Zur Erklärung: Bei der Mehrzahl der betroffenen Medikamente handelt es sich um Onkologika. In der Tat wäre bei den patientenindividuell zubereiteten Zytostatika eine Rückverfolgung sehr wohl möglich, unter der Voraussetzung, dass vorschriftsmäßig dokumentiert wurde. Die entsprechenden Vorgaben existierten bereits zu Hagemanns Amtszeit. In Berlin ist diese Rückverfolgung mithilfe der betroffenen Apotheken auch gelungen. 

Hagemann und Schulz sind zwar Experten für Arzneimittelsicherheit auf übergeordneter Bundesebene. Für lokale Inspektionen von Pharmafirmen und -händlern sind die Landesbehörden zuständig. Um etwaige Versäumnisse bei der Aufsicht aufzudecken, wäre es möglicherweise hilfreich gewesen, Fachleute für Arzneimittelüberwachung wie etwa Apotheker anderer Landesbehörden einzubeziehen. Bei anderen Themen wiederum, wie etwa, wann ein Arzneimittelrückruf erforderlich ist oder ob es einen Bedarf gibt, Bundes- oder EU-Vorgaben zu Produktqualität und Vertriebswegen anzupassen, sollten sich die beiden Apotheker aufgrund ihrer Erfahrung gut auskennen.

Wie genau lässt sich das mögliche Risiko beurteilen?

Da Mediziner Ludwig auch Onkologe ist, soll er ein Gutachten darüber erstellen, welche Risiken für die Patienten bestanden haben, sollte die Wirksamkeit durch mutmaßlich unsachgemäße Transportbedingungen beeinträchtigt gewesen sein. Hierfür könnte es hilfreich sein, zu wissen, ob und um wie viel der Wirkstoffgehalt welcher Produkte außerhalb der Spezifikationen liegt. Doch dazu ist bislang nichts Näheres bekannt. Die Stichproben, die im vergangenen Jahr untersucht wurden, waren zwar einwandfrei, jedoch handelte es sich dabei um nicht-temperatursensible Arzneimittel. 

Zwar wurden bei Lunapharm durch die Staatsanwaltschaft vor einem Monat 31 Rückstellmuster – inklusive temperaturempfindlicher Präparate – sichergestellt, die wie Ministerium ankündigte, analysiert werden sollten. Unterstellt man Lunapharm und seinen Bezugsquellen jedoch kriminelle Energien, ist es fraglich, ob die Proben repräsentativ sind. Denn bei einem etwaigem Arzneimittelschmuggel wäre es nicht gewährleistet, dass die Chargen von homogener Qualität beziehungsweise die Angaben auf den Packmitteln korrekt sind. Bei dem Druck, der aktuell auf dem Gesundheitsministerium lastet, ist es dennoch auffällig, dass die Analysenergebnisse noch nicht vorliegen beziehungsweise kommuniziert wurden.

Anmerkung der Redaktion 23.8.2018, 15:46 - Nach Auskunft einer Ministeriumssprecherin werden die Analysenergebnisse zur kommenden Sondersitzung des Gesundheitsausschusses voraussichtlich noch nicht vorliegen.



Dr. Bettina Jung, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online
redaktion@daz.online


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