GLP-1-Agonisten, DPP-4-Inhibitoren, SGLT-2-Hemmer

Senken neue Antidiabetika die Sterblichkeit, und wenn ja, wie gut?

Remagen - 27.04.2018, 14:15 Uhr

Eine neue
Netzwerk-Metaanalyse hat die GLP-1-Agonisten, DPP-4-Inhibitoren und SGLT-2-Hemmer
miteinander verglichen. (Foto: Andrey Popov)

Eine neue Netzwerk-Metaanalyse hat die GLP-1-Agonisten, DPP-4-Inhibitoren und SGLT-2-Hemmer miteinander verglichen. (Foto: Andrey Popov)


Viele Typ 2-Diabetiker werden heute mit modernen Antidiabetika behandelt, wenn das „altgediente“ Metformin für die Blutspiegelkontrolle nicht mehr ausreicht. Durch besondere Endpunktstudien lassen sich heute auch die Auswirkungen dieser Therapien auf die Mortalität der Zuckerkranken besser abschätzen. Eine neue Netzwerk-Metaanalyse hat die GLP-1-Agonisten, DPP-4-Inhibitoren und SGLT-2-Hemmer diesbezüglich miteinander verglichen.

Wenn die Behandlung von Typ-2-Diabetikern mit dem Biguanid Metformin nicht mehr anschlägt, kommen als nächster Schritt Wirkstoffe in Frage, die erst in den letzten Jahren neu eingeführt wurden. Hierzu gehören die Inkretin-basierten Therapien mit GLP (Glucagon-like peptide)-1-Agonisten, die die Insulinsekretion fördern und die Glucagonausschüttung hemmen, und die DPP (Dipeptidyl-Peptidase)-4-Inhibitoren, die den Blutzuckerspiegel indirekt über den hormonellen Regelkreis der Insulinausschüttung beeinflussen. Die SGLT (Sodium dependent glucose co-transporter)-2-Hemmer blockieren die Reabsorption von Glukose in der Niere, was zu einer vermehrten Ausscheidung über den Harn führt.

Bislang keine verlässlichen Daten zur Senkung des Mortalitätsrisikos

Während alle drei nachgewiesenermaßen den Blutzucker senken, gibt es bislang keine verlässlichen Daten zum Vergleich ihrer Wirkung hinsichtlich Mortalität und kardiovaskulärer Ereignisse. Diese Lücke versucht eine neue umfangreiche Netzwerk-Metaanalyse zu schließen. Sean Zheng vom Imperial College London und sein Team haben dazu die vorfügbaren Ergebnisse von Endpunktstudien und weiteren Studien aufgearbeitet. „Patienten mit Typ 2 Diabetes haben ein höheres Sterblichkeitsrisiko durch Herzinfarkt oder Schlaganfall,“ erklärt Zheng, „deshalb wollten wir untersuchen, welche der drei Behandlungen am effizientesten ist, um dieses Risiko zu vermindern. Wir wollen damit Patienten und ihren Ärzten auf dem hart umkämpften Markt der Diabetes-Medikamente die notwendige Informationen an die Hand geben, damit sie fundierte Entscheidungen über langfristige Behandlungsstrategien treffen können.“

Studien mit fast 180.000 Diabetikern

Die Wissenschaftler bewerteten insgesamt 236 Studien mit 176.310 Diabetikern, in denen SGLT-2-Inhibitoren, GLP-1-Agonisten und DPP-4-Inhibitoren entweder untereinander, mit Placebo oder gegen keine Behandlung verglichen wurden, darunter:

  • GLP 1-Agonist gegen DPP-4-Inhibitor: 14 Studien,
  • SGLT-2-Inhibitor gegen DPP-4-Inhibitor: 8 Studien,
  • SGLT-2-Inhibitor gegen GLP-1-Agonist: 1 Studie.

Der primäre Zielparameter war die Gesamtmortalität (Basis: 97 Studien mit 134.160 Patienten). Weiters wurden die kardiovaskuläre Sterblichkeit, nicht-tödliche Myokardinfarkte und nicht-tödliche Schlaganfälle einem „composit“ Zielparameter zusammengenommen.  

LT-2-Inhibitoren und GLP-1-Agonisten senken die Gesamtsterblichkeit, DPP-4-Hemmer nicht

Die Ergebnisse der Netzwerk-Metaanalyse wurden jetzt in JAMA veröffentlicht. Sie zeigen, dass die Behandlung mit SGLT-2-Hemmern oder GLP 1-Agonisten im Vergleich mit Placebo oder keiner Behandlung (Kontrollgruppen) mit einer statistisch signifikanten Senkung der Gesamtsterblichkeit verbunden war. Diese lag für die SGLT-2-Hemmer relativ bei 20 Prozent und absolut bei 1,0 Prozent und für die GLP 1-Agonisten relativ bei 18 und absolut bei 0,6 Prozent. Im Gegensatz dazu konnte für die DPP-4-Hemmer kein Unterschied in der Gesamtmortalität im Vergleich zu den Kontrollgruppen abgeleitet werden. 

Auch im direkten Vergleich waren sowohl die SGLT-2-Hemmer als auch die GLP-1-Agonisten den DPP-4-Inhibitoren diesbezüglich überlegen. Dabei gab es zwischen beiden keinen signifikanten Unterschied.

SGLT-2-Inhibitoren kommen am besten weg

Weiterhin konnten Zheng und seine Kollegen basierend auf 56 Studien mit 115.349 Patienten nachweisen, dass die SGLT-2-Inhibitoren gegenüber den Kontrollgruppen mit einer relativ 21prozentigen Reduktion des Sterblichkeit-Risikos durch ein kardiovaskuläres (CV) Ereignis wie Herzinfarkt oder Schlaganfall verbunden waren (absolut: -0,8 Prozent). Für die GLP-1-Agonisten wurde eine relative Risikoreduktion um 15 Prozent (absolut: -0,5 Prozent) ermittelt. Außerdem lassen die Ergebnisse darauf schließen, dass die SGLT-2-Inhibitoren den beiden anderen Wirkstoffgruppen hinsichtlich der Senkung des Herzinfarktrisikos signifikant überlegen sind.

Insgesamt platzieren die Autoren die SGLT-2-Inhibitoren bezüglich der Verminderung der Gesamt-und der kardiovaskulären Mortalität auf Rang eins, gefolgt von den GLP-1-Agonisten und den DPP-4-Inhibitoren.

Ergebnisse nicht überbewerten

Für die geringere Wirksamkeit der DPP-4-Inhibitoren haben die Autoren derzeit keine schlüssige Erklärung. Sie vermuten, dass sie schlichtweg darin begründet sein könnte, dass diese nicht so stark wirksam sind wie die beiden anderen Wirkstoffgruppen. Die Wissenschaftler raten im Übrigen dazu, die Ergebnisse bis auf weiteres nicht überzubewerten, und empfehlen weitere Untersuchungen, um diese zu bestätigen. Jedenfalls gebe es keine Hinweise darauf, dass irgendeine der Medikationen für die Betroffenen schädigende Wirkungen mit sich bringen könnte, lautet eine weitere Schlussfolgerung. Gleichwohl seien die Substanzen noch relativ neu, und die Langzeitwirkungen und Risiken müssten erst noch erforscht werden.



Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


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