Diabetes-Therapie

Senken Antidiabetika die Sterblichkeit? 

08.08.2016, 16:20 Uhr

Die Auswirkungen von Antdiabetika auf die Sterblichkeit sind ungewiss. (Foto: sirikorn_t/ Fotolia)

Die Auswirkungen von Antdiabetika auf die Sterblichkeit sind ungewiss. (Foto: sirikorn_t/ Fotolia)


Antidiabetika – unabhängig, aus welcher Wirkstoffklasse sie stammen –  haben laut einer großen Netzwerk-Metaanalyse nur geringe Auswirkungen auf die Mortalität von Typ-2-Diabetikern. Dies soll zumindest für Monotherapien und duale oder Triple-Therapien mit Metformin gelten. 

Ein großes Autorenteam aus Neuseeland, Kanada, Schweden Australien, Griechenland und Italien unter der Leitung des Nephrologen Giovanni Strippoli von der Universität Bari hat in einer Metaanalyse die Datenlage zu einem breiten Spektrum von Antidiabetika untersucht. Die Forscher wollten wissen, wie es um die Auswirkungen der einzelnen Wirkstoffklassen auf die kardiovaskuläre Mortalität steht (primärer Zielparameter). Als sekundäre Zielparameter wurden unter anderem die Gesamtmortalität, schwerwiegende Nebenwirkungen, Herzinfarkte und Schlaganfälle wie auch der Hämoglobin A1c (HbA1c)-Spiegel ins Visier genommen.

301 Studien gesichtet

Einbezogen wurden Daten aus 301 randomisierten klinischen Studien mit einer Dauer von mindestens 24 Wochen an Typ 2-Diabetikern. 177 Studien befassten sich mit der Diabetes-Monotherapie (knapp 56600 Patienten), 109 (etwa 53000 Patienten) mit einer dualen Therapie (Metformin plus ein anderes Arzneimittel) und 29 Studien (knapp 10600 Patienten) mit einer Triple-Therapie (Metformin plus Sulfonylharnstoff plus ein anderes Arzneimittel). In den Studien waren neun Klassen von Antidiabetika geprüft worden: Metformin, Sulfonylharnstoffe, Thiazolidindione, Dipeptidylpeptidase-4 (DPP-4-Hemmer), Hemmer des Natrium-Glucose-Cotransporters 2 (SGLT2-Hemmer, Glifozine), Glucagon-like Peptid-1 (GLP-1)-Rezeptor-Agonisten, Basalinsulin, Meglitinide (Glinide) und α-Glucosidase-Inhibitoren.

Keine signifikanten Unterschiede

Auch aus der beträchtlichen Masse an Daten von fast 120.000 Erwachsenen und 1,4 Millionen Patienten-Monaten lasse sich nur eine „begrenzte Evidenz” dafür ableiten, dass irgendeine der Blutzucker-senkenden Therapien das Leben verlängerte oder kardiovaskuläre Erkrankungen verhinderte, stellen die Autoren fest. Dabei fanden sie keine signifikanten Unterschiede zwischen den jeweiligen Wirkstoffklassen als Monotherapie oder duale bzw. Triple-Therapie mit Metformin im Hinblick auf das Sterblichkeitsrisiko. Ebenso wenig zeigten sich Unterschiede in Bezug auf die Auswirkungen auf schwerwiegende unerwünschte Ereignisse, Herzinfarkt oder Schlaganfall. Die Monotherapie mit Metformin war allerdings gegenüber Sulfonylharnstoffen, Thiazolidindionen, DPP-4-Inhibitoren und α-Glucosidaseinhibitoren mit geringfügig niedrigeren HbA1c-Werten assoziiert. Alle Wirkstoffe verstärkten diesen Effekt, wenn sie zusammen mit Metformin gegeben wurden. 

Metformin als Erstlinientherapie

Die Ergebnisse stützten die Leitlinienempfehlungen des britischen National Institute for Health and Care Excellence (NICE), bei Patienten mit Typ-2-Diabetes anfänglich Metformin einzusetzen und bei Bedarf auf individueller Basis zusätzlich andere Wirkstoffe zu geben, kommentiert das Fachorgan der britischen Royal Pharmaceutical Society, das „Pharmaceutical Journal“. Emily Burns, Managerin für Forschungs-Kommunikation bei Diabetes UK, sagt: „Das NICE empfiehlt derzeit, dass Metformin als Erstlinientherapie für Menschen mit Typ-2-Diabetes verwendet werden soll, und die Studie verleiht dieser Empfehlung mehr Gewicht.“

Kein erschöpfender Vergleich

Ungeachtet der Ergebnisse der Netzwerkanalyse gebe es jedoch einige neue Erkenntnisse, nach denen SGLT2-Inhibitoren und GLP-1-Agonisten das Risiko eines kardiovaskulären Todes durchaus senken könnten, berichtet das Pharmaceutical Journal weiter. So habe eine Studie mit dem SGLT-2-Hemmer Empagliflozin eine Reduktion der kardiovaskulären und der Gesamtmortalität gezeigt, wenn es zusätzlich zur Standardtherapie gegeben wurde. Die Studie sei von  Eli Lilly und Boehringer Ingelheim finanziert worden. Ende Juni hätten beide nach einem knappen Votum des zuständigen Ausschusses bei der US-amerikanischen FDA die Zustimmung zu einem entsprechend erweiterten Indikationsanspruch bekommen.  

Zudem habe die LEADER-Studie mit Liraglutid als Zusatz zur Standardtherapie bei Patienten mit hohem Risiko eine Wirkung auf die kardiovaskuläre Mortalität nachgewiesen.   

Beide Studienergebnisse seien bei der Netzwerkanalyse außen vor gewesen, weil sie keine Monotherapien oder Zusatztherapien zu Metformin untersucht haben.   


Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


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