Arzneimittel und Therapie

Neuere Antidiabetika retten Leben

Sterblichkeit unter SGLT-2-Hemmern und GLP-1-Rezeptoragonisten verringert

cst | Seit der Insulinsensitizer Rosiglitazon vor einigen Jahren durch ein erhöhtes Herzinfarktrisiko negative Schlagzeilen machte, wird bei neueren Antidiabetika das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen genau untersucht. Dabei fielen einige Vertreter der jüngeren Substanzklassen positiv auf. Wie SGLT-2-Hemmer, GLP-1-Rezeptoragonisten und DPP-4-Hemmer im Vergleich zu werten sind, untersuchte nun eine Netzwerk-Metaanalyse.

Diabetes mellitus Typ 2 ist mit zahlreichen mikro- und makrovaskulären Langzeitkomplikationen verbunden. Werden die erhöhten Blutzuckerspiegel nicht adäquat kontrolliert, besteht die Gefahr von Nierenschäden, Amputationen, Erblindungen und Herz-Kreislauf-­Erkrankungen. Zur Behandlung der Stoffwechselstörung stehen zahlreiche Therapieoptionen zur Verfügung. Die Glucose-Werte senken sie alle, doch können sie auch die Sterblichkeit und kardiovaskuläre Komplikationen verringern? Mehrere großangelegte kardiovaskuläre Endpunktstudien, deren Ergebnisse in den letzten Jahren publiziert wurden, haben das für einzelne – jedoch nicht für alle – der untersuchten Antidiabetika eindrucksvoll bewiesen. Nun hat eine umfassende Netzwerk-Metaanalyse die Effekte auf Ebene der neueren Substanzklassen beleuchtet und diese indirekt miteinander verglichen. Analysiert wurden Daten zu Inkretinmimetika – Glucagon-like-protein-1(GLP-1)-Rezeptoragonisten und Inhibitoren der Dipeptitylpeptidase-4 (DPP-4) – sowie zu Inhibitoren des renalen Natrium-Glucose-Cotransporters-2 (SGLT-2).

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SGLT-2-Inhibitoren als Gewinner

Berücksichtigt wurden 236 randomisierte klinische Studien, in denen insgesamt mehr als 176.000 Patienten mit Typ-2-Diabetes eingeschlossen worden waren. Die Studiendauer betrug mindestens 12 Wochen, was einer Behandlungsdauer von insgesamt 310.166 Patientenjahren entsprach. Sowohl SGLT-2-Inhibitoren als auch GLP-1-Rezeptoragonisten, nicht jedoch DPP-4-Inhibitoren, waren mit einem geringeren Gesamtmortalitätsrisiko verbunden als die Kontrollgruppe (Placebo oder keine Therapie). Im indirekten Vergleich waren die SGLT-2-Inhibitoren und GLP-1-Rezeptoragonisten den DPP-4-Inhibitoren in dieser Hinsicht signifikant überlegen. Die besten Ergebnisse erzielten die SGLT-2-Inhibitoren, die gegenüber der Kontrollgruppe mit einem um 20% geringeren Risiko zu versterben assoziiert waren (Hazard-Ratio [HR] 0,80; 95%-Konfidenz­intervall [KI] 0,71 – 0,89). Die absolute Risikoreduktion betrug 1,0%. Unter GLP-1-Rezeptoragonisten war das Sterberisiko um 12% niedriger (HR 0,88; 95%-KI 0,81 – 0,94) bei einer absoluten Risikodifferenz von 0,6%. Auch hinsichtlich der kardiovaskulären Sterblichkeit erwiesen sich SGLT-2-Inhibitoren (HR 0,79; 95%-KI 0,69 – 0,91) und GLP-1-Rezeptoragonisten (HR 0,85; 95%-KI 0,77 – 0,94) gegenüber der Kontrollgruppe als vorteilhaft. Der kardiovaskuläre Vorteil von SGLT-2-Inhibitoren machte sich insbesondere in niedrigeren Ereignisraten für Herzinsuffizienz und Myokardinfarkt bemerkbar.

Mehr als nur „Zuckersenker“

Doch wie sind diese Ergebnisse zu erklären? Ist allein die antihyperglykämische Wirkung der Antidiabetika für die positiven Effekte verantwortlich? Vermutlich nicht nur. Auch wenn in dieser Analyse der HbA1c-Wert als Surrogatparameter für den Blutzuckerspiegel nicht erfasst wurde, spricht doch einiges dafür, dass hier andere Effekte eine Rolle spielen könnten. Aus der kardiovaskulären Endpunktstudie EMPA-REG mit dem SGLT-2-­Inhibitor Empagliflozin (Jardiance®) ist bekannt, dass der Nutzen der Therapie bereits innerhalb weniger Monate deutlich wird. Das lässt vermuten, dass Patienten von einer Diuretika-ähnlichen Wirkung und hämodynamischen Veränderungen unter SGLT-2-Inhibitoren profitieren. Eine moderate Blutdrucksenkung ist ein bekannter Zusatzeffekt der Substanzklasse. |

Quelle

Zheng SL et al. Association Between Use of Sodium-Glucose Cotransporter 2 Inhibitors, Glucagon-like Peptide 1 Agonists, and Dipeptidyl Peptidase 4 Inhibitors With All-Cause Mortality in Patients With Type 2 Diabetes: A Systematic Review and Meta-analysis. JAMA 2018;319(15):1580-1591

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